Berlin. Nach Car2Go oder DriveNow mischt nun auch Volkswagen in der Carsharing-Branche mit. Doch Geld damit zu verdienen, ist nicht einfach.

Bislang hat Volkswagen der Konkurrenz den Markt in dem Bereich weitgehend überlassen. Nun steigt Europas größter Autobauer in das Geschäft mit flexiblem Carsharing ein. Im kommenden Frühjahr startet VW unter dem Namen „We share“ sein Angebot zunächst in Berlin mit 1500 Fahrzeugen – und zwar ausschließlich elektrisch angetriebene e-Golf.

Später sollen 500 Autos des Modells e-up hinzukommen. VW tritt damit in den Wettbewerb, der in Deutschland bislang von Car2Go (Daimler), DriveNow (BMW) und Flinkster (Die Bahn) dominiert wird.

„Berlin bietet für Carsharing aufgrund seiner hohen Einwohnerzahl den idealen Markt und hat das größte Potenzial“, sagte Jürgen Stackmann, Vertriebsvorstand der Marke Volkswagen. Nach Berlin solllen „We share“ in weiteren Großstädten mit mehr als einer Million Einwohnern in Deutschland, Europa , den USA und Kanada eingeführt werden.

Konkrete Städtenamen wurden noch nicht verraten. Ein Kandidat könnte Hamburg sein. „Hamburg ist nach Berlin der attraktivste Carsharing-Markt in Deutschland. Wir schauen uns diesen Standort an“, erfuhr diese Redaktion aus Unternehmenskreisen.

VW verrät noch keine Leihpreise

Die E-Autos von VW haben eine Reichweite von rund 300 Kilometern. Aufgeladen werden sie an den bestehenden 329 Ladestationen in Berlin, weitere sollen in Kooperation mit Partnern zum Beispiel auf Parkplätzen von Baumärkten, Discountern oder Waschstraßen entstehen. Verhandlungen dazu laufen, sagt Philipp Reth, Leiter der VW-Tochter UMI Urban Mobility.

Die Autos können wie bei den anderen Anbietern im sogenannten „Free Floating“ am Fahrziel auf den üblichen Parkflächen abgestellt werden. Noch steht nicht genau fest, in welchen Grenzen des Stadtgebietes die Autos genutzt werden können. „Unser Carsharing wird nicht im gesamten Stadtgebiet möglich sein, doch das Gebiet wird erheblichüber den S-Bahn-Ring hinausgehen“, so Reth. Auch die Leihpreise verrät VW noch nicht.

Der Auto-Branchenexperte Stefan Bratzel bezeichnet das VW-Vorhaben als eine „positive Nachricht“. Zwar komme VW „etwas hinterher, aber es ist nicht zu spät“. Gleichzeitig sei es schwierig mit Carsharing Geld zu verdienen, was der Zusammenschluss der Angebote von BMW und Daimler zeige.

Für Volkswagen ist die Carsharing-Initiative zugleich ein Teilbereich des digitalen Umbaus des gesamten Konzerns. Es gehe nicht um weniger, als Volkswagen neu zu erfinden, kündigte der Vertriebsvorstand Stackmann an. Das Kerngeschäft werde deutlich erweitert: „Wir wollen uns vom Autobauer zum Mobilitätsanbieter mit vernetzter Fahrzeugflotte entwickeln.“

3,5 Milliarden Euro in Digitalisierung investieren

Volkswagen will bis 2025 insgesamt 3,5 Milliarden Euro in die Digitalisierung investieren, kündigte Strackmann an. Der Konzern möchte wie Apple oder Google mit neuen digitalen Diensten Geld verdienen. Die Autos sollen sich dazu in digitale Endgeräte auf Rädern verwandeln.

Das technische Rückgat für die Digitalisierung bildet dabei das konzernweite Online-System „Volkswagen We“, auf der auch „We Share“ abrufbar ist. Mit nur einem Zugangscode soll sich für die Kunden dann die ganze digitale Welt rund ums Auto erschließen, meint der Vertriebsvorstand.

Diese Plattform soll künftig in jedem VW-Modell, das vom Band läuft, stecken. Darüber seien dann zugleich alle Modelle mit dem Hersteller vernetzt. Der Vorteil: Alle Autos könnten über Updates ständig aktualisiert werden und blieben so bis zum letzten Tag der Nutzung „frisch und aktuell“, sagt Stackmann.

Die Plattform bietet aber auch Platz für Angebote, die das Leben und Autofahren erleichtern sollen. So kann sie beispielsweise bei der Parkplatzsuche helfen, Sonderangebote von Geschäften während des Fahrens anzeigen oder ermöglicht die Lieferung von Paketen oder Lebensmitteln direkt in den Kofferraum, was von 2019 an möglich werden soll.

Der Raum für neue Ideen neuer Anbieter ist nahezu unbegrenzt. „Spätestens 2025“ will VW auf seinen digitalen Plattformen eine Milliarde Umsatz pro Jahr erzielen, sagte Stackmann. Allerdings könne jeder Kunde selbst entscheiden, wie viele der Angebote er nutzen will und welche nicht.

Volkswagen ist mit seiner Plattform-Idee allerdings keineswegs Vorreiter der Branche. BMW und Daimler haben solche digitalen Serviceplattformen bereits seit einigen Jahren im Angebot. Die Hersteller versuchen damit die Kunden zu binden, aber auch mit ihnen weitere - über den Autokauf hinausgehende Geschäfte zu machen. Aber auch Google und Apple bieten auf ihren Smartphones längst spezielle Auto-Apps an.