Rom . Italiens Strände versinken in Plastik: Auf jeden Meter kommen zehn Abfälle. Umweltschützer rufen zum Kampf gegen den Schmutz auf.

Italien ist auch 2019 nach Spanien das beliebteste Auslandsreiseziel der Deutschen. Es ist eine lange währende Liebe – schon Goethe beschrieb „das Land, wo die Zitronen blühn“. Heute wuchern in dem Sehnsuchtsland jedoch auch erschreckende Müllberge. Buchstäblich auf Schritt und Tritt stößt der sonnenhungrige Urlauber auf Plastik – der italienische Umweltverband Legambiente zählt in seinem Bericht „Beach Litter 2019“ an 93 untersuchten Stränden zwischen Tyrrhenischem Meer und Adria zehn einzelne weggeworfene Objekte pro Meter. „An unseren Stränden gibt es mittlerweile geradezu eine Invasion von Dingen in allen möglichen Formen, Farben, Materialien und Größen“, klagt die Organisation.

Am häufigsten sind jedoch weggeworfene Plastikflaschen und die dazugehörigen Verschlussringe. Denn in Italien gibt es nur auf die immer weniger verbreiteten Glasflaschen Pfand. Selbst in Bars und Restaurants in Großstädten bis hin zur Businessclass der Fluggesellschaft Alitalia werden Getränke mittlerweile in Plastikgläsern serviert. Dabei führte Italien bereits vor anderen Ländern eine Regelung ein, nach der Tüten für Gemüse und Obst kostenpflichtig sind. Für Deutschland forderte Entwicklungsminister Müller kürzlich ein sofortiges Verbot von Plastiktüten. Doch der Vormarsch von Plastik und Styropor an den Stränden Italiens scheint unaufhaltsam. Das ist in Deutschland kaum anders. Hier denkt die Umweltministerin darüber nach, Kaffee-Einwegbecher teurer zu machen.

22 Kilo Müll im Magen eines Pottwals

Neben Flaschen sind Teller und Besteck aus Plastik, Wattestäbchen und Zigarettenstummel häufig. Vielerorts fanden die Aktivisten aber auch Bauschutt, der gern nachts in der Nähe von Ausfallstraßen abgeladen wird.

Und das ist nur die Spitze des Müllbergs: Laut der Organisation sind 85 Prozent des Abfalls an den Küsten nicht sichtbar – denn er liegt auf dem Meeresboden. Erst vor einem Monat wurde an der Cala Romantica, einem Strand auf Sardinien, ein acht Meter langer Pottwal angespült, in dessen Innerem sich 22 Kilo Plastik fanden.

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    Die Umweltaktivisten von Legambiente wollen die Sache nun selbst anpacken. Für das kommende Wochenende rufen sie dazu auf, die Strände von dem über den Winter hinterlassenen angewehten oder angespülten Müll zu befreien. Doch die Arbeit von Bürgern, die kurzerhand selbst die Ärmel hochkrempeln, um öffentliches Grün oder Strände zu reinigen, ist nur ein Tropfen im Ozean. Denn dem Heer der freiwilligen Helfer folgt erst noch der Ansturm der Touristen in der Sommersaison – und damit neue Müllberge.

    Mit bestem Beispiel voran geht die Insel Capri. Im Golf von Neapel zwischen der Luxusinsel und dem Festland treibt viermal so viel Müll wie sonst in italienischen Gewässern. Seit dem 15. Mai dieses Jahres sind Wegwerfprodukte aus Plastik verboten. „Gerade eine Insel mit so großer internationaler Präsenz wie Capri kann beim Thema Umweltschutz nicht passiv bleiben“, erklärte Bürgermeister Gianni De Martino.