Hamburg. Der Täter in Hamburg war legal im Besitz der Schusswaffe. Nancy Faeser will das Waffenrecht verschärfen. Nicht alle sind überzeugt.

Noch am Freitagmorgen sichern Spezialkräfte der Polizei die Spuren am Tatort. In Räumen der Religionsgemeinschaft der Zeugen Jehovas im Hamburger Norden tötete ein Mann mehrere Menschen. Das Motiv der Tat ist noch unklar. Klar ist nur: Der Mann hatte eine Waffe, verschaffte sich Zugang zu dem Gebäude – und schoss am Donnerstagabend gegen 21 Uhr los.

Wie nach anderen Gewalttaten wirft das Verbrechen Fragen zur Tatwaffe auf. Inzwischen steht fest: Der Täter besaß diese legal – er war Sportschütze. Zwar habe es im Januar 2023 einen anonymen Hinweis gegeben, dass der Mann psychisch erkrankt sei und eine besondere Wut auf die Zeugen Jehovas, denen er früher angehört hatte, hege. Die daraufhin ergriffenen Maßnahmen, inklusive einer unangekündigten Kontrolle in der Wohnung des Täters, hätten jedoch keine Anhaltspunkte auf eine psychische Erkrankung ergeben.

Der Mann, so die Polizei, habe sich kooperativ gezeigt und alle Vorschriften zur Verwahrung der Waffe und der Munition eingehalten. Somit hätte es keine weiteren rechtlichen Möglichkeiten für polizeilichen Maßnahmen gegeben.

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Amoklauf in Hamburg: Frage nach Waffenbesitz ist politisch brisant

Dennoch ist die Frage nach dem Waffenbesitz ist politisch brisant. Denn immer wieder gibt es Kritik an den Vorschriften des Waffenrechts – und an deren Kontrolle. Lesen Sie dazu den Kommentar: Wer Waffen hat, muss kontrolliert werden

Laut Bundesinnenministerium sind in Deutschland knapp 5,5 Millionen Waffen behördlich erfasst. Viele legale Besitzer haben jedoch mehrere Waffen. Im Nationalen Waffenregister (NWR) sind rund eine Million Privatmenschen erfasst, die eine Waffenerlaubnis besitzen. Seit 2013 gibt es diese Zentraldatei in Deutschland. Zum Vergleich: In den USA gibt es in fast der Hälfte der Haushalte eine Schusswaffe.

Waffenrecht: Wer darf in Deutschland eine Waffe besitzen – und wer nicht?

Mehr als 25.000 Menschen sind von den Behörden im Waffenregister gesperrt – sie dürfen keine Waffen besitzen. Etwa weil sie in der Vergangenheit mit schweren Straftaten oder politisch extremistischer Gesinnung bei den Behörden aufgefallen waren. Das betrifft viele Mitglieder der extremen Rechten.

In den vergangenen Jahren entzogen die Behörden mehr als 1000 sogenannten Reichsbürgern die Waffenerlaubnis. Allerdings: Noch immer verfügen rund 500 Personen aus der Szene über eine Lizenz. 2016 hatte ein „Reichsbürger“ einen Polizisten bei einem Einsatz in der Wohnung des Täters erschossen und damit eine Debatte über Waffenbesitz in diesem Milieu losgetreten. Lesen Sie auch: Neue Gesetze – So rüstet der Staat gegen Reichsbürger auf

Waffenrecht in Deutschland gilt im internationalen Vergleich als streng

Deutschlands Waffengesetze sind im internationalen Vergleich restriktiv. Das Gesetz reglementiert, wer Pistolen, Gewehre oder bestimmte Messer besitzen darf: etwa Menschen über 18 Jahre, die eine Prüfung seiner Zuverlässigkeit abgelegt haben. Auch die Sachkunde über eine Waffe wird behördlich abgefragt. Zudem muss die Person begründen, warum sie in den Besitz einer Waffe kommen will, etwa als Jäger oder Sportschützen. Seit 2020 muss der Waffenbesitzer bei der Behörde alle fünf Jahre dieses „Bedürfnis“ nachweisen. Ausnahmen gelten für Sportschützen. Wie für die Waffe gelten auch klare Regelungen für die Munition.

Mehrfach wurde das Waffenrecht in Deutschland bereits verschärft, vor allem nach den schweren terroristischen Anschlägen in Paris 2015 gab es eine große Debatte. Bestimmte große Magazine sind seit 2020 verboten, der Austausch zwischen den örtlichen Waffenbehörden und dem Verfassungsschutz wurde verbessert.

Und doch kommt es immer wieder zu politisch motivierten Gewalttaten mit Schusswaffen, genauso wie zu persönlich motivierten Amoktaten – wenn auch selten, so doch immer wieder. Dann häufig mit einer hohen Zahl an Opfern, wie nun auch in Hamburg.

Innenministerin Faeser für Verschärfung des Waffenrechts

Aktuell plant Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) weitere rechtliche Regelungen, um den Waffenbesitz schärfer zu kontrollieren. Dabei sollen bestimmte kriegswaffenähnliche, halbautomatische Schusswaffen verboten werden. Zugleich sollen sich Waffenbehörden und Gesundheitsämter austauschen, um mögliche psychische Erkrankungen eines Besitzers zu erkennen. Dann kann die Erlaubnis unter Umständen verweigert werden. Immer wieder sehen Kriminologen einen Zusammenhang zwischen extremen Gewalttaten wie Amokläufen und psychischen Erkrankungen der Täter.

Bundesinnenminister Nancy Feaser (SPD)
Bundesinnenminister Nancy Feaser (SPD) © Reto Klar

Faesers Waffenrechtsverschärfung war bisher allerdings umstritten. Zum einen ist der Austausch von Gesundheitsdaten mit den Waffenbehörden heikel, geht es schließlich um sehr persönliche Angaben über mögliche Erkrankungen eines Menschen. Zum anderen verweist die FDP darauf, dass das bisher restriktive Waffenrecht weite Eingriffe bis hin zum Entzug der Waffenerlaubnis schon erlaube. Die Sicherheitslücken würden vielmehr dadurch entstehen, dass bestehende Regeln nicht konsequent umgesetzt würden.