Berlin. Im Iran häufen sich Fälle von Mädchen mit Vergiftungserscheinungen. Behörden sehen Vorsatz dahinter, die genauen Umstände sind unklar.

Sie klagen über Schwindel, Übelkeit und Atemnot: Hunderte Mädchen im Iran leiden unter Vergiftungserscheinungen. Wie die iranische Zeitung "Shargh" am Donnerstag berichtete, zeigten allein in der nordiranischen Stadt Ardabil mehr als 400 Schülerinnen an elf Schulen entsprechende Symptome. Knapp 100 Mädchen werden demnach im Krankenhaus behandelt, in einigen Fällen soll ihr Gesundheitszustand kritisch sein.

Auch an Dutzenden Schulen in anderen Teilen des Landes sowie in der Hauptstadt Teheran wurden in den vergangenen Tagen ähnliche Fälle gemeldet. Die jüngste Vergiftungswelle an Mädchenschulen versetzt das Land in Aufregung, viele Eltern sind besorgt und wütend. Erst am Dienstag wurden laut der Nachrichtenagentur Tasnim zahlreiche Schülerinnen in der Chajjam-Mädchenschule in der Stadt Pardis vergiftet, auch hier mussten 35 von ihnen im Krankenhaus behandelt werden.

Iran: Erste Meldungen von Vergiftungen bereits im November

Die Hintergründe der Angriffe sind bisher unklar. Die Behörden, die die Fälle zunächst runtergespielt hatten, gehen mittlerweile von gezielten Giftanschlägen aus, um Mädchen von der Schulbildung fernzuhalten. Einige Kritikerinnen und Kritiker werfen dem Regime eine aktive Beteiligung vor, andere verglichen die dafür Verantwortlichen im Iran mit den radikalislamischen Taliban in Afghanistan und der Dschihadistenmiliz Boko Haram in Nigeria, die Bildung für Mädchen grundsätzlich ablehnen.

Es ist nicht das erste Mal, dass von Vergiftungen bei Schülerinnen im Iran berichtet wurde. Erste Fälle wurden bereits Ende November gemeldet, als die Proteste gegen das Regime im vollen Gange waren. Zunächst wurden vor allem Vergiftungen in der südlich von Teheran gelegenen Stadt Ghom bekannt, schließlich auch in anderen Landesteilen. Nach Angaben eines iranischen Abgeordneten vom Mittwoch mussten bis dahin beinahe 1200 Schülerinnen mit Atemnot ärztlich behandelt werden, davon 800 alleine in Ghom. Die Substanzen, die dort gegen die Mädchen eingesetzt wurden, enthielten offenbar Spuren von Stickstoff.

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Behörden im Iran sehen Vorsatz hinter Vergiftungen

Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im iranischen Parlament sagte laut der Nachrichtenagentur Isna in der vergangenen Woche, die Vergiftungen an Schulen in der religiösen Hochburg Ghom seien vorsätzlich gewesen. "Wir sollten uns anstrengen, die Ursachen zu klären", sagte Aliresa Manadi. Mittlerweile schaltete sich auch der erzkonservative Präsident Ebrahim Raisi ein. Über seine Webseite gab er bekannt, dass Innenminister Ahmad Vahidi von nun an fortlaufend über den Ermittlungsstand zu den mysteriösen Vorfällen informieren werde. Er habe Vahidi damit betraut, "um die Ängste der Angehörigen zu besänftigen", hieß es. (csr/dpa/afp)