Dass das Bundesverfassungsgericht die Masern-Impfpflicht bestätigt hat, ist richtig. Ein Vorbild für Corona ist die Entscheidung aber nicht.

Es gibt nichts Schützenswerteres als den eigenen Körper. Das erkannten schon die Verfasser und Verfasserinnen unseres Grundgesetzes und schrieben gleich in den Artikel 2: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Daher sind staatliche Eingriffe wie eine Impfpflicht eine heikle Einschränkung dieses Artikels, die einer gerichtlichen Prüfung an höchster Stelle unbedingt standhalten muss.

Es war in diesem Sinne gut, dass mehrere Familien mit ihrer Klage zur Masern-Impfpflicht das Gesetz auf den Karlsruher Prüfstand legten. Es wäre schließlich nicht das erste Mal gewesen, dass die höchsten Richter der Politik selbstbewusst ein Stoppschild zeigen.

Masern-Impfpflicht bleibt bestehen: Im Sinne aller Kinder und Eltern

Bei der Masern-Impfpflicht kam es jetzt anders. Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts bestätigte die Mehrheitsentscheidung des Bundestages von 2019 und lässt die Impfpflicht, die im Masernschutzgesetz geregelt ist, weiter gelten. Das ist eine gute Entscheidung für alle Kinder und Eltern, die vor dieser tödlichen Krankheit geschützt werden müssen und auch effektiv geschützt werden können.

Zu einem Freifahrtschein für eine allgemeine Corona-Impfpflicht darf man das Karlsruher Urteil in keinem Fall umdeuten. Das Coronavirus verhält sich völlig anders als das Masernvirus.

Jetzt sollten die Kläger Vernunft walten lassen. Nicht nur aus juristischer, sondern auch aus einer gesellschaftlichen Perspektive, aus der man das Recht des anderen sieht und achtet. Denn jedes Kita-Kind genießt – wie die Kinder der Kläger – ebenfalls die Garantie des Grundgesetzes auf körperliche Unversehrtheit. Und die ist, nach heutigem Stand der Wissenschaft, nur mit einer hohen Quote bei der Masern-Impfung sichergestellt.