Berlin. Für viele Verbraucher wird es richtig teuer: Der Netzagenturchef warnt vor Verdreifachung des Gaspreises. Braucht es einen Deckel?

Fast acht Jahre lang setzte sich Klaus Müller als Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) für die Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher ein. Nun aber muss der 51-Jährige genau jenen Verbrauchern eine schlechte Nachricht nach der nächsten überbringen.

Und er versucht erst gar nicht, sie angenehm zu verpacken. „Riesige Preissprünge“ seien bei den Gaspreisen in Deutschland zu erwarten, sagte Müller, der seit März Präsident der Bundesnetzagentur ist, am Freitag in der ARD. Was „riesig“ bedeutet, konkretisierte er: „Verdoppeln bis verdreifachen kann je nach Gebäude drin sein“, so Müller.

Gas: Preis binnen zwei Wochen um fast 70 Prozent gestiegen

Seit Russland die Daumenschrauben bei den Gasexporten anzieht, kennt der Großhandelspreis nur eine Richtung: nach oben. Am Wiener Handelsplatz CEGH kostete am Freitag die Megawattstunde mehr als 134 Euro. Noch vor zwei Wochen war der Preis für unter 80 Euro pro Megawattstunde gehandelt worden.

Spanien und Portugal behelfen sich angesichts der Entwicklung bereits mit einer Deckelung der Gaspreise. Für zwölf Monate ist dort eine Obergrenze eingezogen – zunächst liegt sie bei 40 Euro pro Megawattstunde, im Schnitt soll sie über das eine Jahr hinweg bei 50 Euro pro Megawattstunde liegen. Im Gegenzug erhalten die Stromerzeuger der beiden Länder Zuschüsse von rund 8,5 Milliarden Euro. Die EU-Kommission segnete die Pläne ab – und denkt bereits selbst über einen Deckel an den europäischen Gasbörsen nach.

Linkspartei fordert Gaspreisdeckel in Deutschland

Linke-Fraktionschef Dietmar Bartsch würde sich einen solchen Deckel für Deutschland wünschen. Ein Gaspreisdeckel solle „die Bürger vor unbezahlbaren Preiserhöhungen schützen“, sagte Bartsch unserer Redaktion.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hingegen bezeichnete in den ARD-„Tagesthemen“ einen Deckel für „eine der schlechteren Ideen“ – und verwies auf die Erfahrung mit dem Tankstellenrabatt. „Wir brauchen das Preissignal im Markt“, so Habeck.

Mittelstandsverband lehnt Deckel ab

Kritik kommt aus der Wirtschaft. „Ein Preisdeckel ist in der Lage, in der wir uns jetzt befinden, der vollkommen falsche Ansatz, weil er weder für wirksame Entlastungen noch für eine effiziente Verteilung der knappen Ressourcen sorgt“, sagte Markus Jerger, Bundesgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW), unserer Redaktion.

Er forderte, dass die Regierung gezielt Haushalte mit geringen finanziellen Mitteln entlaste. Für die Unternehmen forderte der Mittelstandsverbandschef Mengenkontingente, sodass die Firmen weiter mit Gas versorgt werden könnten, die es am dringendsten benötigten.

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de