Berlin . Versenkter Kreuzer, tote Generäle: US-Informationen erweisen sich in der Ukraine als tödlich. Die USA unternehmen eine Gratwanderung.

Keine No-Fly-Zone. Keine Kampfjäger. Keine Bodentruppen. Diese Linie will US-Präsident Joe Biden bei der militärischen Hilfe für die Ukraine im Kampf gegen Russland nach wie vor nicht überschreiten. Unterhalb geht, nicht nur, was Kampfgerät von Drohnen bis Artilleriegeschütze anbelangt, eine ganze Menge.

Vor allem geheimdienstliche Informationen in Echtzeit über russische Truppenbewegungen, Gefechtsposten, Kommando-Zentralen zu Land und zu Wasser haben sich in dem seit über 70 Tagen dauernden Krieg als zunehmend hilfreich erwiesen für die Regierung von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Ein Beispiel, das sich bereits Mitte April abgespielt hat, ist dabei für Russland besonders peinlich und fatal.

Wie US-Offizielle mehreren Medien in Washington bestätigt haben, geht das Versenken des russischen Raketenkreuzers "Moskwa" (Moskau) mit potenziell rund 500 Marine-Soldaten auch auf das Konto amerikanische Daten-Zulieferung.

"Moskwa" versenkt: USA lieferten Ortungsdaten

Zur Erinnerung: Das 1979 in Betrieb genommene Schiff, auf dem 1989 der damalige Sowjet-Führer Michael Gorbatschow den amerikanischen Präsidenten George H.W. Bush in Malta empfangen wollte, ging am 14. April im Schwarzen Meer unter.

Der Kreml sprach von einem Feuerausbruch als Ursache und nennt bis heute keine glaubwürdige Opferzahlen. Inzwischen wird klarer, dass zwei ukrainische Neptun-Raketen das Flaggschiff der russischen Schwarzmeerflotte versenkt haben. Ortungsdaten dazu trug die US-amerikanische Seite bei.

Dabei betonte Pentagon-Sprecher John Kirby, dass die USA von dem beabsichtigten Abschuss vorher nichts gewusst und auch keine "spezifischen Zielinformationen" zur Verfügung gestellt hätten. "Wir beteiligen uns nicht an den Zielentscheidungen des ukrainischen Militärs. Die Ukraine kombiniert Informationen, die wir und andere Partner zur Verfügung stellen, mit den Informationen, die sie selbst auf dem Schlachtfeld sammelt", sagte er. Kirby bekräftigte, die Ukraine treffe ihre militärischen Entscheidungen autonom.

Ukraine-Krieg: US-Hilfen werden zunehmen

Der Hinweis zielt auf vorherige Berichte der "New York Times". Dort wurde beschrieben, dass US-Geheimdienst- und Militärinformationen der Ukraine dabei explizit geholfen hätten, rund ein Dutzend russischer Generäle im Feld zu liquidieren. Adrienne Watson, die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrates des Weißen Hauses, sagte dazu offiziell: "Wir stellen keine Geheimdienst-Informationen mit der Intention bereit, russische Generäle zu töten."

Insider aus US-Militärkreisen halten dies für eine "legalistische, semantische Spitzfindigkeit", die dem Kreml das Argument aus der Hand nehmen soll, gegen die USA und ihre westlichen Verbündeten wegen zu starker Einmischung in den Krieg militärisch vorzugehen. Perspektivisch rechnen Militär-Fachleute in Washington für die Fortdauer des Krieges mit verstetigter hochtechnologischer "Amtshilfe" der USA für die Ukraine. Bereits heute seien

Satelliten-Aufklärung, das Abfangen von unverschlüsselten Handy-Gesprächen russischer Akteure im Feld respektive elektronischer Signaturen von Funkgeräten, täglicher Standard. In dem von Präsident Biden im Kongress beantragten zusätzlichen Hilfspaket für die Ukraine - Volumen: 33 Milliarden Dollar - werde dieser Art von Militärhilfe weiter massiv Rechnung getragen.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt

Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de.