Berlin. Unser Recht auf Information ist bedroht – nicht nur durch den russischen Überfall auf die Ukraine. Warum Pressefreiheit so wichtig ist.

Wie sicher ist die Freiheit? Wie sicher sind Grenzen? Wie sicher sind wir vor Atomwaffen? Der russische Überfall auf die Ukraine hat buchstäblich über Nacht alte Gewissheiten, die über Jahrzehnte galten, zerstört und der ganzen Welt die Verletzlichkeit freier, offener Gesellschaften dramatisch vor Augen geführt.

Tausende Zivilisten und eine unbekannte Anzahl von Soldaten sind schon Opfer dieser militärischen Aggression geworden. Diese Menschenleben sind sicher der schlimmste Verlust, der zu beklagen ist.

Wladimir Putin vergeht sich mit seinem Angriffskrieg aber auch an einer Freiheit, die für den Fortbestand von Demokratien unerlässlich ist. Es ist die Pressefreiheit, die dort ihr Ende findet, wo Journalistinnen und Journalisten der Zugang verweigert wird. Wo sie von Informationen abgeschnitten werden. Wo sie mit Gefängnis bedroht oder sogar ermordet werden.

In der Ukraine ist freier Journalismus aktuell kaum möglich

Jörg Quoos sieht viele Gefahren für die Pressefreiheit – Krieg ist nur eine davon.
Jörg Quoos sieht viele Gefahren für die Pressefreiheit – Krieg ist nur eine davon. © Dirk Bruniecki

Im besetzten Teil der Ukraine ist freies Arbeiten für die Presse unmöglich, dort herrscht das Faustrecht einer russischen Propagandamaschine, die jetzt sogar Adolf Hitler jüdisches Blut andichtet, um ihren Kampf gegen Präsident Wolodymyr Selen­skyj zu legitimieren.

Auch die Ukraine lässt im Kampfgebiet keine Reporter zu. Ob es aus Sorge um deren Leben ist oder um die Hoheit über die Bilder zu bewahren, ist schwer zu ergründen.

Auch in Russland selbst leiden Journalisten – nationale wie internationale Korrespondenten – unter einem Angstregime, das sie mit immer schärferen Bestimmungen in den Würgegriff nimmt.

Wer als Journalist in Russland das Wort „Krieg“ benutzt, dem drohen bis zu 15 Jahre Lagerhaft. Damit schränkt Wladimir Putin die Pressefreiheit auch in Deutschland ein. Denn auch hier braucht man unabhängige Berichte, um sich ein Bild von der Lage in der Ukraine und in Russland zu verschaffen.

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Auch in Deutschland leidet die Pressefreiheit

Diese notwendige Berichterstattung ist jetzt schon eingeschränkt, darunter leiden große Medienhäuser – auch unseres – und Millionen Leserinnen und Leser, die auf eine breite, ungefilterte Berichterstattung setzen. Daher ist der Kampf des ukrainischen Volkes für seine eigene Freiheit auch ein Kampf für die Pressefreiheit und verdient unsere Unterstützung.

Doch nicht nur der Krieg lässt die Pressefreiheit unter die Räder geraten. Auch Hass und Intoleranz, die in der Corona-Pandemie erschreckend zunahmen, gefährden die Arbeit von Journalisten. Es ist bitter, dass Deutschland im Ranking von Reporter ohne Grenzen auf Platz 16 abstieg, weil Reporterinnen und Reporter auf vielen Querdenker-Demos nicht mehr sicher waren.

Google und Co. spielen eine unheilvolle Rolle

Sie werden – teilweise durch professionelle Sicherheitsteams geschützt – weiter berichten. Aber sie brauchen auch die Solidarität von Demonstrantinnen und Demonstranten, sonst können sie ihren Job nicht auf Dauer machen.

Nicht gewalttätig, aber äußerst wirksam wird die Pressefreiheit durch einen Markt gefährdet, der US-Tech-Giganten eine beherrschende Machtstellung erlaubt. Sie investieren winzige Summen in den Journalismus, aber saugen riesige Summen an Werbegeldern auf. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, bleiben privatwirtschaftlich geführten Medienhäusern nur die Brosamen.

Und: Guter Journalismus kostet Geld

Dabei kostet hochwertiger Journalismus Geld, das darf in der Debatte um Pressefreiheit nie vergessen werden. Geld, das für gute Reporter und unabhängige Redaktionen genauso gebraucht wird wie für eine Zustellung von freien Medien auch in den hintersten Winkel der Republik.

Denn nur wenn unabhängige Medien für alle Menschen verfügbar sind, wird unsere Demokratie diese und kommende Krisen unbeschadet überstehen.

LandUkraine
KontinentEuropa
HauptstadtKiew
Fläche603.700 Quadratkilometer (inklusive Ostukraine und Krim)
Einwohnerca. 41 Millionen
StaatsoberhauptPräsident Wolodymyr Selenskyj
RegierungschefMinisterpräsident Denys Schmyhal
Unabhängigkeit24. August 1991 (von der Sowjetunion)
SpracheUkrainisch
WährungHrywnja

Dieser Artikel erschien zuerst auf waz.de.