Berlin. Die Auszahlung der Grundrente in Deutschland ist gestartet. Doch nicht alle Rentner mit wenig Einkommen profitieren auch sofort davon.

  • Die Grundrente sollte Millionen Rentner eine höhere Rente bescheren
  • Doch es gibt seit längerem Kritik an dem hohen Bürokratieaufwand bei der Prüfung
  • Und einigen bringt die Grundrente nicht viel - so müssen weiter mit Hartz 4 aufstocken

Die ersten Ruheständler und Ruheständlerinnen haben Aufschläge auf ihre Altersbezüge aus der Grundrente erhalten. Im Juli hatte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) bereits die ersten Bescheide an Berechtigte verschickt.

Doch manche Rentner und Rentnerinnen werden sich mit der Auszahlung ihrer Aufschläge noch bis 2023 gedulden müssen. Es ist nicht der einzige Kritikpunkt an der jetzigen Grundrentenregelung.

Grundrente: Entpuppt sie sich wie befürchtet als Bürokratiemonster?

Dass manche Rentner und Rentnerinnen noch über ein Jahr auf die Auszahlung ihrer Grundrentenansprüche warten müssen, liegt an dem hohen Verwaltungsaufwand bei der Prüfung durch die DRV. Worauf diese auch schon selbst vor Inkrafttreten des entsprechenden Gesetzes zum 1. Januar 2021 hinwies.

Es gibt in Deutschland rund 26 Millionen Rentner, deren mögliche Ansprüche auf Grundrente überprüft werden müssen. Wegen der Einbeziehung von Daten über das Einkommen, geschieht das zudem in komplizierter Zusammenarbeit zwischen DRV und Finanzamt. Arbeitgeberverbände und Oppositionspolitiker hatten vor der Einführung bereits vor einem Bürokratiemonster gewarnt.

Grundrente: Kein Anspruch auf Überprüfung bis 2023

Zunächst überprüft die DRV die Ansprüche von Neurentnern. Danach folgen nach einer bestimmten Reihenfolge alle, die 2020 bereits im Ruhestand waren. Bevorzugt werden dann zunächst alle Rentnerinnen und Rentner, die bereits Sozialleistungen oder die Grundsicherung beziehen. Dazu kommen Rentner und Rentnerinnen, die bereits vor 1992 in den Ruhestand getreten sind und ein weiteres Fünftel aller Bestandsrenten soll bearbeitet werden können. Pro Quartal soll dann je ein weiteres Fünftel abgearbeitet werden. Geht der Plan auf, ist die Prüfung bis Ende 2022 beendet.

Nicht alle Rentner profitieren von der Grundrente.
Nicht alle Rentner profitieren von der Grundrente. © iStock/shapecharge

Gerade weil der Verwaltungsaufwand bei der DRV so hoch ist, hilft es möglicherweise betroffenen Personen nichts, einen Antrag auf Prüfung des Grundrentenzuschlags zu stellen. Denn der Anspruch darauf ist bis zum 1. Januar 2023 ausgesetzt. Heißt: Die DRV kann derartige Anträge ohne Angabe von Gründen zurückweisen. So soll sicher gestellt werden, dass die festgelegte Reihenfolge nicht durcheinander kommt und dadurch Mehrarbeit entsteht.

Die Ansprüche auf Grundrente verfallen aber nicht, wenn die Überprüfung länger dauert. Sie gelten dann rückwirkend. Das Geld ist also nicht weg, kommt aber mit teils jahrelanger Verzögerung.

Hartz 4 weiter möglich - trotz Grundrente: Hilft sie wirklich gegen Altersarmut?

Kritik gibt es auch an den Berechnungskriterien der Ansprüche. Denn Grundrente bekommt nur, wer mindestens 33 Jahre in die Rentenversicherung einbezahlt hat und währenddessen minimal 30 Prozent und maximal 80 Prozent des Durchschnittseinkommens verdient hat.

Doch Geringverdiener, die aus welchen Gründen auch immer, zum Beispiel "nur" 32 Jahre und 364 Tage gearbeitet haben, gehen leer aus. Sie sind im Ernstfall weiter auf die Grundsicherung angewiesen. Die Grundrente sorge daher keinsfalls durchwegs für mehr soziale Gerechtigkeit und verfehle ihr Ziel, die Altersarmut zu bekämpfen, bemängeln Arbeitgeberverbände wie Gesamtmetall. Auch der Sachverständigenrat der Wirtschaftsweisen kommt in seinem Jahresgutachten 2020/2021 zu einem eindeutigen Schluss: "Die Grundrente ist insgesamt ein wenig zielgerichtetes Instrument um Altersarmut zu adressieren."

Grundrente: Verwaltungsaufwand frisst jede Menge Geld

Genau wie bei der gesetzlichen Rente auch, finanziert sich die Grundrente nicht allein durch die eingezahlten Beiträge. Deshalb muss der Bund mit Steuermitteln aushelfen. Allein für das Jahr 2021 schätzt das Arbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) die Kosten für die Grundrente auf 1,3 Milliarden Euro. Bis 2025 könnten sie auf 1,6 Milliarden Euro steigen. Kritik entbrennt bei diesen Summen vor allem wieder in Zusammenhang mit dem Verwaltungsaufwand.

Die Kosten für diesen alleine betragen für 2021 schätzungsweise rund 400 Millionen Euro. Auf das schlechte Verhältnis im Vergleich zu den Gesamtausgaben wies im vergangenen Jahr bereits DRV-Direktor Stephan Fasshauer hin. Gewöhnlich verzeichne die DRV Verwaltungskosten von 1,3 Prozent der Gesamtausgaben, so Fasshauer. Die Verwaltungskosten bei der Grundrente jedoch "werden in der Aufbauphase etwa 24 Prozent der gesamten Ausgaben ausmachen". Selbst wenn die Verwaltungskosten in den folgenden Jahren auf die geschätzten 200 Millionen Euro jährlich sinken, würde das immer noch einem Anteil von 13 Prozent entsprechen.

Grundrente: Finanzierung durch Transaktionssteuer gescheitert

Kritik gibt es nicht nur an den Kosten, sondern auch bei der Frage der Finanzierung an sich. Denn auch die aufgewendeten Steuermittel, sollten, sofern man keine Schulden machen will, irgendwie gegenfinanziert werden. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hatte dafür ursprünglich Einnahmen aus einer neu eingeführten Finanztransaktionssteuer vorgesehen. Doch damit scheiterte der SPD-Kanzlerkandidat dieses Jahr am Widerstand mehrerer EU-Länder.

Es bleibt abzuwarten, ob die neue Bundesregierung beispielsweise durch eine Reform der Riesterrente oder die Einführung einer Aktienrente nach schwedischem Vorbild das Rentensystem anderweitig entlasten kann, um so die Grundrente solide gegenzufinanzieren. Lesen Sie dazu: So könnte die Rente in einer Ampel-Koalition reformiert werden