Berlin. Reicht die Rente im Alter? Daran glauben immer weniger Deutsche. Die Sorgen, den eigenen Lebensabend in Armut zu verbringen, sind groß.

Den Lebensabend genießen, reisen, es sich gut gehen lassen – davon träumen viele, wenn sie an die eigene Rente denken. Doch vor der Realität fürchtet sich die Mehrheit der Deutschen. Wie die Deutsche Bank mit dem Meinungsforschungsinstitut Ipsos ermittelt hat, sorgt sich jeder zweite Deutsche vor Altersarmut.

„Das Thema Altersvorsorge löst sehr starke Ängste aus“, sagte Thomas Hoerter, Leiter der Marktforschung der Deutschen Bank, anlässlich der Vorstellung der Studie, des sogenannten Vorsorgereports 2019. Vor allem das Zutrauen der Deutschen in die gesetzliche Rente sei gering.

Nur 17 Prozent der Befragten gaben an, dass sie von ihrer Rente eine ausreichende Versorgung für das Alter erwarten. Über die Hälfte ist davon überzeugt, dass das Rentensystem zusammenbrechen wird.

Altersarmut: Hoffnungen in die Grundrente sind gering

Die Sorgen werden auch von der jüngst beschlossenen Grundrente kaum gemildert. Zwar halten zwei Drittel die Einführung für richtig, aber nur jeder Fünfte sieht in der Grundrente eine Lösung für die Altersvorsorge.

47 Prozent sind dagegen der Auffassung, dass die Grundrente für sie gar keine Bedeutung hat. „Einen Abbau der Ängste können wir durch die Einführung der Grundrente nicht feststellen“, fasst Hoerter zusammen.

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Für die private Vorsorge fehlt das Geld

Was also tun, wenn die gesetzliche Rente und auch die Grundrente nicht ausreichen, um über die Runden zu kommen? „Man muss so früh wie möglich beginnen, privat für sein Alter vorzusorgen“, sagt der Deutsche-Bank-Chef-Anlagestratege Ulrich Stephan. Es gebe „kein zu spät und kein zu wenig“, um mit der privaten Anlage zu beginnen, betont Stephan.

Allerdings ist es laut Vorsorgereport nicht so, dass die Deutschen nicht gewillt wären, zu sparen. Ihnen fehlt es einfach an den finanziellen Mitteln. 47 Prozent der Befragten gaben an, dass sie gerne sparen würden, aber es ihnen an Geld fehle.

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Deutsche legen nur 50 Euro zur Seite

So würden die Deutschen im Mittel nur 50 Euro monatlich zur Seite legen, geht aus der Studie hervor. Dabei bräuchten sie nach eigener Einschätzung Rücklagen von 200 Euro im Monat. Anlagestratege Stephan rät daher, verstärkt in Aktien zu investieren. Kurzfristige Schwankungen würden langfristig meist nivelliert werden. „Für die Altersvorsorge sind Aktien alternativlos“, sagt Stephan. Eine gute Möglichkeit sind ETF: Was Sparer über die Indexfonds wissen sollten.

Was die Deutschen für das Alter benötigen, unterscheide sich regional. So gaben die Befragten in Thüringen an, für das Rentenalter 1200 Euro monatlich zu benötigen. Die Berliner planen mit 1500 Euro monatlich und liegen damit exakt im Mittel. Einen deutlich höhren Bedarf melden die Frankfurter an: Die Südhessen planen mit 2000 Euro monatlich.

Mit ihren Vorstellungen liegen die Deutschen nicht weit von der derzeitigen Standardrente entfernt, berichtet Stefan Schneider, Chefvolkswirt der Deutschen Bank. So liege die durchschnittliche Standardrente bei 1487 Euro im Westen und 1435 Euro im Osten. Jüngst forderte die Linkspartei eine sofortige Rentenerhöhung für Ostdeutschland. Im kommenden Jahr werden die Renten erneut angehoben.

Viele fühlen sich schlecht informiert

Dass die Deutschen wenig Zeit und Nerven in ihre Altersvorsorge stecken, liegt dem Report zufolge daran, dass über die Hälfte der Befragten Informationen zu Altersvorsorgeprodukten oft zu unverständlich findet. Besonders die 20- bis 34-Jährigen würden das Thema für zu komplex halten.

Vor allem diese Altersgruppe wird aber schon bald mit den Folgen des demografischen Wandels konfrontiert werden. Wenn die geburtenstarken Jahrgänge der 1960er Jahre, die sogenannten Babyboomer, in Rente gehen, wird das Rentensystem auf eine harte Probe gestellt. Die Bundesbank forderte daher jüngst eine Anhebung des Rentenalters auf 70 Jahre.

Für den Vorsorgereport wurden im Oktober 3.200 Personen im Alter von 20 bis 65 Jahren befragt. In einer zweiten Befragung im November wurden 899 Befragungen durchgeführt.