Berlin. Friedrich Merz will nach zehn Jahren den Vorsitz der Atlantik-Brücke abgeben. Wird Sigmar Gabriel sein Nachfolger in dem Verein?

Sigmar Gabriel stapelt erst einmal tief. Er fühle sich „sehr geehrt“, vom renommierten Verein Atlantik-Brücke eine Anfrage als Chef bekommen zu haben, sagt er auf seiner Website. Doch zuerst müssten der Vorstand und die Mitglieder entscheiden.

Eine reine Höflichkeitsgeste. Denn das Spitzengremium der Atlantik-Brücke hat sich bereits informell auf den Niedersachsen verständigt. Zudem will der ehemalige Unions-Fraktionsvorsitzende Friedrich Merz das Führungsamt nach zehn Jahren abgeben.

Organisation aus Top-Vertretern

Der überparteilichen Organisation gehören rund 500 Top-Vertreter aus Bank- und Finanzwesen, Wirtschaft, Politik, Medien und Wissenschaft an. Sie hat seit 1952 die Mission, durch ein einflussreiches Netzwerk von Entscheidungsträgern eine Brücke zwischen den USA und Deutschland zu schlagen.

Gabriel, der in seiner Zeit als Außenminister zunehmend Spaß an der internationalen Politik gefunden hatte, bekommt mit der Atlantik-Brücke eine prominente Bühne. Und er wird sie – wie es seine Art ist – lautstark, zugespitzt und nicht immer in diplomatisch wattierter Wortwahl nutzen.

Gabriel als Außenminister?

Bereits vor seiner spektakulären Kaltstellung durch die Spitzengenossen Andrea Nahles und Olaf Scholz im März 2018 meldete er sich immer wieder als Neben-Außenminister zu Wort. So wetterte er gegen die Kritik der EU-Kommission am von Russland angestoßenen Erdgas-Pipeline-Projekt Nord Stream 2. Oder er nahm die einseitige Kündigung des INF-Mittelstreckenvertrags durch die Amerikaner aufs Korn. Einige in der Partei fragen sich, ob Gabriel nicht der profiliertere Außenminister wäre als der blass gewordene Amtsinhaber Heiko Maas.

Er tourt durch die Republik

Gabriel ist vermutlich der aktivste Hinterbänkler im Bundestag. Er tourt kreuz und quer durch die Republik, diskutiert mit Schülern in Essen, redet bei der Industrie- und Handelskammer in Siegen oder tritt in Winterfeld in Sachsen-Anhalt auf.

Im Dezember traf er sich in der Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin mit Martin Schulz und dem früheren französischen Präsidenten François Hollande. Der ehemalige Vorsitzende der Sozialisten erzählte, wie er nach einem Karriere-Knick Ende 2011 die Urwahl gewann: Er sei jahrelang still durch die Provinz gezogen und plötzlich als Mann der Basis zurückgekehrt. Gabriel hörte aufmerksam zu. Vielleicht kommt ja noch etwas.