Hamburg. Der G20-Gipfel in Hamburg wurde von einer Randale überschattet. Jetzt bitten die Hamburger Ermittler die Bürger europaweit um Mithilfe.

Im Zusammenhang mit den schweren Ausschreitungen beim G20-Gipfel im Juli 2017 hat die Hamburger Polizei erstmals eine europaweite öffentliche Fahndung nach vier mutmaßlichen Gewalttätern gestartet. Die drei Männer und eine Frau sollen an der Serie von Brandstiftungen an der Elbchaussee beteiligt gewesen sein, bei der am Morgen des 7. Juli 2017 ein Schaden von rund 1,5 Millionen Euro entstand.

Der paramilitärisch anmutende Aufmarsch der rund 220 schwarz gekleideten Randalierer hatte viele Hamburger in Angst und Schrecken versetzt. Die Hamburger Polizei veröffentlichte am Dienstag die Fotos der vier Gesuchten auf ihrer Internetseite www.polizei.hamburg/g20-fahndungen. „Das sind unsere Top-Täter der G20-Ausschreitungen“, sagte der Chef der Sonderkommission „Schwarzer Block“, Jan Hieber.

Die Soko geht davon aus, dass ein Großteil der Beteiligten am Tatkomplex Elbchaussee aus anderen europäischen Ländern kam. Die Fahndung konzentriere sich auf Frankreich, Italien, Spanien und die Schweiz, aber auch Österreich, die Niederlande, Belgien, Dänemark, Schweden, Finnland und Griechenland stünden im Fokus, sagte Hieber. In den ersten vier Ländern hatte die Polizei bereits Ende Mai auf Betreiben der Hamburger Soko Wohnungen durchsucht. Europaweit fahndet die Soko polizei-intern derzeit nach 109 Personen.

Wie der Westdeutsche Rundfunk (WDR) berichtet, soll auch die Polizei in Nordrhein-Westfalen mindestens eine Razzia durchgeführt haben. So soll es in Dortmund zu einer Durchsuchung im Rahmen der Ermittlungen gekommen sein. Die Durchsuchungen dauerten am Morgen noch an.

Richter billigten Veröffentlichung der Fotos

Den vier nun Gesuchten könnten die Ermittler erhebliche Straftaten wie Brandstiftung und schwerer Landfriedensbruch nachweisen, sagte Hieber. Der Öffentlichkeitsfahndung sei wie rechtlich vorgeschrieben die polizei-interne Suche vorausgegangen. Richter hätten die Veröffentlichung der Fotos auf Antrag der Staatsanwaltschaft gebilligt, auch europaweit.

Jan Hieber, Leiter der Sonderkommission „Schwarzer Block“ bei der Hamburger Polizei.
Jan Hieber, Leiter der Sonderkommission „Schwarzer Block“ bei der Hamburger Polizei. © dpa | Christian Charisius

Hieber betonte, dass es sich bei den Geschehnissen auf der Elbchaussee um keine Demonstration nach dem Versammlungsrecht handelte. „Das ist eine Kommandoaktion gewesen, um Angst und Schrecken zu verbreiten“, betonte der Soko-Chef. Jeder einzelne Teilnehmer müsse sich die Taten zurechnen lassen.

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Bei den Durchsuchungen in Madrid sowie in Rom, Genua, Trient (Italien), Bremgarten nahe Zürich (Schweiz) und in Ost-Frankreich seien umfangreiche Beweismittel sichergestellt worden, hieß es.

Drei Wochen später hatte die Polizei im nordostfranzösischen Commercy einen 35 Jahre alten Mann und eine 25-jährige Frau festgenommen. Nach der vorübergehenden Festnahme eines 27 Jahre alten Tatverdächtigen im Schweizer Kanton Aargau konnte ein weiterer Gesuchter im Alter von 30 Jahren in der Schweiz identifiziert werden.

Bisher 41 Tatverdächtige ermittelt

Möglicherweise könnte die Spur auch bei einem der nun europaweit Gesuchten nach Frankreich führen. Der Verdächtige mit schütterem Haar und dunkler Jacke wurde von den Ermittlern immer wieder gemeinsam mit dem identifizierten Franzosen gesehen. Auch die beiden anderen Männer mit Vollbart weisen Besonderheiten auf: Einer trägt einen Rucksack mit auffälligen roten Tragebändchen. Der andere wird polizei-intern „verschwitztes T-Shirt“ genannt.

Er wurde nach den Brandstiftungen an der Elbchaussee in einem blauen und ganz verschwitzten T-Shirt erfasst. Die vierte gesuchte Person ist eine Frau mit halblangen blonden Haaren von vielleicht 25 Jahren, die eine gepunktete Bluse und eine helle Jacke trägt.

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41 von ihnen konnten auf diese Weise ermittelt werden, sagte Hieber. 278 Personen wurden in drei Schritten seit Dezember vergangenen Jahres in die deutschlandweite öffentliche Fahndung genommen. Bei 71 von ihnen konnte dadurch die Identität geklärt werden.

Am Dienstagmorgen nahm die Hamburger Polizei laut „Bild“ indes einen 35-Jährigen in der Hansestadt fest, der bei den schweren Ausschreitungen im Schanzenviertel beteiligt gewesen sein soll. Die Ermittler werfen ihm vor, Steine geworfen und ein Ladengeschäft geplündert zu haben. Die Polizei durchsuchte außerdem 15 Objekte in Hamburg. (dpa)

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