Washington. Die Anti-Freihandelspolitik von US-Präsident Donald Trump trifft die eigene Wirschaft – und damit wohl vor allem seine eigenen Wähler.

Bis vor Kurzem war der von Donald Trump angezettelte Handelskrieg mit Europa und China für die meisten Amerikaner noch eine eher abstrakte Angelegenheit. Die von hoher Symbolik geprägte Breitseite von Harley-Davidson gegen das Weiße Haus hat das schlagartig geändert. Hier ist eine Ikone der Unternehmenslandschaft aufgestanden gegen einen Präsidenten, der unbeirrbar Jahrzehnte alte Handelsbeziehungen auf dem Altar seiner populistischen Wahlversprechen opfert.

Die Botschaft des weltbekannten Motorradherstellers, der ein Lebensgefühl auf Rädern verkauft, ist eindeutig: Der Mann, der vor allem den vernachlässigten ländlichen Regionen Amerikas ökonomische Siege bis zur Langeweile versprochen hat, treibt uns mit seinem von der EU erwartbar gekonterten Strafzollregime aus dem Land und vernichtet Arbeitsplätze, anstatt sie zu erhalten. An der Berechtigung dieser Aussage ändert auch die Tatsache nichts, dass die Biker-Schmiede schon vorher strukturelle Absatzschwierigkeiten hatte.

Trump gießt in bewährter Manier Benzin ins Feuer

Anstatt sich nun mit den nachvollziehbaren Argumenten für die angekündigte Teilabwanderung ins Ausland zu beschäftigen und den Konflikt zu moderieren, gießt Trump in bekannter Manier Benzin ins Feuer. Nur um seinen eingefleischten Wählern zu ­gefallen, für die „Kompromiss“ ein Schimpfwort ist. Er stempelt das Unternehmen de facto zum Landesverräter. Seine Drohung, Harley-Davidson zur Strafe bis in die Wettbewerbsunfähigkeit zu besteuern, ist ein Eklat erster Güte.

Ein verantwortungsvoller Kongress würde spätestens jetzt massiv einschreiten und den zunehmend selbstherrlich agierenden Präsidenten gesetzlich einhegen. Bevor er die Wirtschaft an die Wand fährt. Aber die Republikaner haben sich Trump gegenüber in eine Feigheit verzwergt, die dessen Allmachtsallüren täglich noch drastischer werden lässt.

Zahl der Opfer des Trump’schen Protektionismus steigt

Dabei ist Harley-Davidson kein Einzelfall. Seit die Trump’schen Strafzölle für Stahl und Aluminium gelten, spüren viele Firmen, die mit dem Basismaterial arbeiten, wachsende Bauchschmerzen. Und die Zahl der Opfer, auf deren Rücken Trump seinen hässlichen Protektionismus exerziert, steigt. Gerade hat der landesweit größte Nagel-Hersteller die ersten Entlassungen vorgenommen. Weitere werden folgen.

Bald werden auch die Bourbon-Brenner in Kentucky aufheulen, deren hochprozentige Getränke in der EU deutlich teurer werden. Und wenn Anfang nächsten Monats das mit gegenseitigen Zollaufschlägen ausgetragene Kräftemessen mit China in die nächste Runde geht, werden Orangenzüchter in Florida und Sojabohnenbauer in Iowa notgedrungen auf die Barrikaden gehen, weil ihnen milliardenschwere Absatzmärkte wegdrehen.

Spätestens dann hätte sich Trumps anmaßende Behauptung, dass „Handelskriege gut und leicht zu gewinnen sind“, als Mär eines politischen Hochrisikohütchenspielers entlarvt.

Trump könnte Konjunkturförderung durch Steuerreform verspielen

Was dabei am meisten verstört: Der Präsident, der sich gern als „größten Job-Beschaffer aller Zeiten“ beschreibt, kann sich wenige Monate vor den über die zweite Hälfte seiner Amtszeit entscheidenden Kongresswahlen einen solchen Imageverlust nicht leisten. Er läuft Gefahr, den konjunkturfördernden Vorteil durch die Steuer­reform durch Eigentore wieder zu verspielen.

Allmählich setzt sich der Eindruck fest, dass Trumps Anti-Freihandelspolitik gerade jene empfindlich treffen wird, die ihn vor zwei Jahren gewählt haben. So wird Amerika vieles – aber nicht wieder groß.