Berlin. Das 9-Euro-Ticket soll kommen – doch wie wird es finanziert? Der Bundesrat muss noch zustimmen – und einige Bundesländer sind kritisch.

  • Ab Juni soll es in Deutschland für drei Monate ein 9-Euro-Ticket für den ÖPNV geben
  • Nachdem der Bundestag bereits zugestimmt hat, muss nun noch der Bundesrat entscheiden
  • Einige Länder zweifeln an dem Vorhaben: Lässt es sich überhaupt finanzieren?

Bis zu 200 Euro kann eine Familie mit zwei Kindern sparen, wenn sie zwischen Juni und August das geplante 9-Euro-Ticket nutzt. Allein im Rhein-Ruhrgebiet könnte eine Million Menschen von der Rabattaktion profitieren, sagte der Chef des regionalen Verkehrsverbundes VRR, Josè Luis Castrillo, bei einer Anhörung im Bundestag. Bundesweit erwartet die Branche gar 30 Millionen verkaufte Billigtickets – im Monat.

Sicher ist die Einführung des Tickets, mit dem auch besonders schöne Strecken befahren werden könnten, indes nicht. Denn Bund und Länder streiten sich über die Finanzierung des 9-Euro-Tickets. Einige Länder drohen, das Vorhaben im Bundesrat zu blockieren.

9-Euro-Ticket: Ein Experiment mit ungewissem Ausgang?

Es geht – wie fast immer – ums Geld. Die vom Bund in Aussicht gestellten 2,5 Milliarden Euro zur Kompensation der Einnahmeausfälle der Verkehrsunternehmen seien viel zu gering, heißt es aus den Ländern. Die Anhörung von Experten brachte noch andere Erkenntnisse:

  • Das 9-Euro-Ticket halten sie für ein Experiment mit ungewissem Ausgang.
  • In einigen Regionen werde es überfüllte Züge und Busse geben. Jan Schilling vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen warnte gar davor, auf belasteten Strecken Fahrräder mitzunehmen.
  • Die Busunternehmen wurden nicht konsultiert. Die Chefin des Branchenverbands, Christiane Leonhard, befürchtet, dass viele Fernbusse leer bleiben. Allein der Marktführer Flixbus erwarte einen Einnahmeausfall in zweistelliger Millionenhöhe.
  • Die Aktion ist zwar beste Werbung für den Umstieg vom Auto auf die öffentlichen Nahverkehr. Aber: Ohne eine deutliche Erhöhung der Bundeszuschüsse werde der Effekt verpuffen. Mit Rückkehr zu den alten Preisen steigen die Fahrgäste womöglich wieder auf den PKW um.

Streit um 9-Euro-Ticket: "Wer bestellt, muss auch zahlen"

"Wenn der Bund glaubt, er könne sich auf dem Rücken der Länder für ein dreimonatiges Trostpflaster beklatschen lassen und andere sollen dafür die Rechnung zahlen, dann hat er sich gewaltig getäuscht", sagte Bayerns Verkehrsminister Christian Bernreiter (CSU) der "Bild"-Zeitung.

Auch Sachsens Verkehrsminister Martin Dulig (SPD) ist mit dem Angebot unzufrieden. Der Bund versuche, Kosten teilweise auf die Länder abzuwälzen und mit dem Corona-Rettungsschirm zu verrechnen. "Doch wer bestellt, muss auch zahlen", erklärte er in einem Interview.

Pünktlich zur Urlaubszeit – Für 9-Euro in den Sommerurlaub

Auch aus dem hohen Norden hagelt es Kritik am 9-Euro-Ticket. Während die Ferieninsel Sylt einen Besucheransturm befürchtet, hadert Mecklenburg-Vorpommerns Wirtschaftsminister Reinhard Meyer (SPD) mit der Finanzierung. "Keine Zustimmung, solange der Bund keine zusätzlichen Mittel bereitstellt", sagte er der "Bild".

Für die Bürger hat die Rabattaktion einen ganz großen Vorteil: Das Timing. Sie kommt pünktlich zum Urlaub im Sommer. Denn: Mit dem geplanten 9-Euro-Ticket der Ampel-Koalition soll der gesamte Nahverkehr in Deutschland nutzbar sein – egal, wie lang die gewählte Strecke ist.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.