Berlin. Unsere Kolumnistin freut sich über Blumen und Geschenke. Und dass sie im Mittelpunkt steht. Aber was ist mit der Gleichberechtigung?

Dieses Jahr bekomme ich zum Muttertag ein richtiges Geschenk. Nicht nur Blumen und Kuchen. Ich bekomme einen Liegestuhl für die Terrasse. Aus nachhaltigem Holz; den Stoff durfte ich mir aussuchen.

Ich finde das gut, ganz ehrlich, denn ich bin den harten Klappstuhl leid, auf dem ich immer sitze, sobald die Sonne rauskommt und ich ein paar Minuten Zeit habe. Und mit diesem positiven Gefühl denke ich endlich einmal milde über den Muttertag, über den ich in vergangenen Jahren schon mal einen Kübel voller Beschimpfungen auskippte, weil ich ihn als Bremsklotz der Gleichberechtigung empfand.

Den Muttertag feiere ich vor, denn ich kann Sonntag nicht

Tatsächlich habe ich meine persönliche Gleichberechtigung mit meiner Familie und dem Job ganz gut gepackt, also warum soll ich dann nicht den Muttertag feiern? Na ja, ich habe Sonntagsdienst. Journalistenschicksal. Aber weil ich so gut gestimmt bin, verlege ich den Tag vor. Feiern wir den Muttertag am Samstag, sage ich. Wenn ich diese Kolumne fertig habe, backe ich einen Kuchen. Die Kinder kommen. Ich lade Freunde ein.

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Ok, ich will mir jetzt nicht den Muttertag mit meiner guten Laune einfach schön schreiben. Bleiben wir bei den Fakten. Und da gibt es tatsächlich gute Gründe, warum der Muttertag ein feministischer Tag ist.

  • Er rückt zunächst einmal ziemlich viele Frauen in den Mittelpunkt. Kinder basteln Gutscheine fürs Spülmaschine-Ausräumen, Teenies versprechen, zu Hause zu bleiben, erwachsene Söhne schicken riesige Blumensträuße.
  • Er ist außerdem ein Tag des Respekts. Nicht nur vor der jungen Frau, die es zwischen Kita, Job und Haushalt nicht schafft, zum Frisör zu gehen. Auch vor der betagten Dame und ihrer Lebensleistung.
  • Vor allem aber lenkt der Tag den Blick der Öffentlichkeit auf die Stellung von Müttern, er zwingt, hinzusehen. Wie steht es zum Beispiel um die Berufstätigkeit junger Mütter im internationalen Vergleich? Wie teilen sich Mütter und Väter die Hausarbeit auf? Wie steht es mit der Rente?

Bei der Rente sieht es für Mütter ganz schön mau

Fange ich mit einer Zahl an, die mich in dieser Woche elektrisiert hat: 450.000 Euro verdienen ostdeutsche Frauen im Laufe ihres Lebens weniger als Männer, recherchierte die „Zeit“. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung fand heraus: Unter 30-jährige Frauen verdienen neun Prozent weniger als Männer. Schon dieser Unterschied ist ganz schön krass. Bei den über 50-Jährigen sind es 29 Prozent!

Klar, Mütter steigen oft erst mal ganz aus, dann arbeiten sie lange Teilzeit, während Väter – mit der Ehefrau im Rücken – Zeit in ihre Karriere investieren. Was von diesem Berufsleben im Schnitt übrig bleibt? 774 Euro Rente. Der Blumenstrauß zum Muttertag hilft da auch nicht weiter.

Stellt sich die Frage: Wieso machen Frauen das? Ich fange bei mir selbst an: Ausgestiegen bin ich zwar nie aus dem Job, aber einige Teilzeitjahre habe ich auch auf dem Buckel. Um die Jahrtausendwende gab es kaum Kitaplätze für Kleinkinder, es gab auch keine Elternzeit. Wir stellten eine Kinderfrau ein, die so viel kostete, wie mein Gehalt mit Steuerklasse 5 netto ausspuckte.

Mit Teilzeitjob: So schön war meine Zeit

Rückblickend war das eine super Zeit. Ich habe wirklich gern an meinen freien Tagen Hausaufgaben beaufsichtigt, Mittagessen gekocht und auf Hockeyplätzen herumgestanden. Kann sein, dass jetzt vielen doppelt und dreifach belasteten Müttern die Hutschnur hochgeht und ich entschuldige mich auch schon mal dafür, dass ich damals mit drei kleinen Kindern und Teilzeitjob weniger gestresst war als heute mit großen Kindern und Vollzeitjob.

Aber ich wünsche viel mehr Vätern, dass auch sie mal in diesen Genuss kommen. Nicht nur für zwei Monate, sondern für ein paar Jahre. Steigt auch mal aus, teilt euch die Teilzeit. Mutet eurer Frau zu, sich ganz in den Job zu werfen. Nehmt nicht die volle finanzielle Last auf eure Schultern. Dann habt ihr euch auch den Vatertag verdient – was auch immer ihr damit anfangt.

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