Berlin. Novavax, Kinderimpfstoffe und Omikron-Vakzine – die Zahl der Mittel gegen Covid-19 wird größer. Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Die Forschung, Entwicklung und Verbreitung von neuen Impfstoffen gegen Covid-19 läuft zwei Jahre nach Beginn der Pandemie noch immer auf Hochtouren. Ab dieser Woche werden in Deutschland die ersten Dosen von Nuvaxovid ausgeliefert, dem Impfstoff des US-amerikanischen Pharmaunternehmens Novavax.

Währenddessen arbeiten Pharmaunternehmen wie Biontech und Moderna daran, ihre mRNA-Impfstoffe auch für Kinder zugänglich zu machen und weiterzuentwickeln gegen Virusvarianten. Was Sie jetzt wissen müssen:

Was unterscheidet Novavax von den anderen verfügbaren Impfstoffen?

Nuvaxovid, besser bekannt unter dem Namen der Herstellerfirma Novavax, ist ein sogenannter Proteinimpfstoff: Während die mRNA-Vakzine von Biontech und Moderna und auch der Vektor-Impfstoff von Astranzeneca den Körper anregen, das Spike-Proteins des Coronavirus selbst nachzubauen, damit das Immunsystem darauf trainiert werden kann, werden bei Novavax Kopien des Spike-Proteins des Virus geimpft, die in einer Zellkultur gezüchtet wurden. Der Impfstoff enthält außerdem einen Wirkverstärker, ein sogenanntes Adjuvans.

Lesen Sie auch: Novovax: Gerüchte um Wirkverstärker des Corona-Impfstoffs

Am Harborview Medical Center in Seattle, USA, wurde Novavax in den vergangenen Wochen ihm Rahmen einer klinischer Studie getestet.
Am Harborview Medical Center in Seattle, USA, wurde Novavax in den vergangenen Wochen ihm Rahmen einer klinischer Studie getestet. © Getty Images via AFP | Karen Ducey

Laut der Ständigen Impfkommission (Stiko) hat Novavax in den Zulassungsstudien eine vergleichbare Wirksamkeit gezeigt wie die mRNA-Impfstoffe. Aussagen zur klinischen Wirksamkeit gegen die Omikron-Variante können aktuell aber noch nicht getroffen werden.

Wie bei allen anderen zugelassenen Impfstoffen außer Johnson & Johnson sind für die Grundimmunisierung mit Novavax zwei Dosen notwendig, im Abstand von mindestens drei Wochen. Die Stiko empfiehlt den Impfstoff für Erwachsene ab 18, allerdings nicht für Schwangere und in der Stillzeit.

Ab wann ist Novavax verfügbar?

Laut Bundesgesundheitsministerium bekommt Deutschland die ersten Dosen 1,4 Millionen Dosen Novavax in der achten Kalenderwoche, also ab diesem Montag. In den darauffolgenden Wochen sollen weitere Tranchen folgen. Insgesamt soll Deutschland nach Angaben des Ministeriums rund vier Millionen Dosen im ersten Quartal erhalten, für das zweite Quartal seien weitere Lieferungen von bis zu 30 Millionen Dosen vereinbart. Auch interessant: Novovax – Wird das Vakzin für Booster-Impfungen eingesetzt?

Der Bund verteilt diese dann weiter an die Länder. Novavax soll zunächst vor allem in landeseigenen Impfzentren verimpft werden. Der neue Impfstoff soll nach Angaben des Hausärzteverbands prioritär für Menschen zur Verfügung stehen, die die anderen verfügbaren Impfstoffe nicht vertragen und für Beschäftigte im Gesundheitssystem.

Bringt der neue Impfstoff einen Boost für die Impfkampagne?

Während mRNA-Impfstoffe wie die von Biontech und Moderna auf einem neuartigen Verfahren beruhen, gibt es sogenannte rekombinante Proteinimpfstoffe wie Novavax schon seit langem. In der Vergangenheit wurde daher darüber spekuliert, ob Menschen, die keine mRNA-Impfstoff wollen, trotzdem bereits wären, sich mit Novavax impfen zu lassen.

Doch es gibt Zweifel, ob der fünfte in Deutschland verfügbare Impfstoff der Impfkampagne zu neuem Schwung verhilft. „In den Praxen gibt es bislang nur vereinzelte Nachfragen von Patientinnen und Patienten zu Novavax“, sagte Ulrich Weigeldt, Vorsitzender des Deutschen Hausärzteverbandes, dieser Redaktion.

„Nach aktuellem Stand ist es zumindest fraglich, ob der neue Impfstoff zu einer signifikanten Steigerung der Impfquoten führt.“ Weigeldt betonte auch, dass die mittlerweile milliardenfach weltweit verimpften mRNA-Impfstoffe verlässlich gegen schwere Verläufe schützen und auch sehr sicher sind. „Es gibt keinen Grund mit der Impfung zu warten“, sagte er. Weitere Informationen: Novovax-Impfstoff – Infos zu Wirksamkeit und Nebenwirkungen

Auch das COSMO-Forschungsprojekt vom Robert Koch-Institut, der Universität Erfurt und anderen, das regelmäßig Einstellungen zu Themen rund um die Pandemie abfragt, legt nahe, dass der neue Impfstoff keinen Ansturm auf die Impfzentren auslösen wird.

Zwar gaben Ungeimpfte in der Befragung an, Impfstoffen wie Novavax mehr zu vertrauen als bereits verfügbaren mRNA-Vakzinen, und auch eher bereit zu sein, sich damit impfen zu lassen. Doch diese Bereitschaft sank, wenn der hypothetische Impftermin in die nahe Zukunft rückte.

„Es sollte also nicht damit gerechnet werden, dass sich ein Großteil der bislang ungeimpften Personen mit einem möglicherweise zukünftig verfügbaren Totimpfstoff impfen lassen wird“, folgern die Autoren und Autorinnen.

Wie steht es um die Impfung für unter Fünfjährige?

Während Erwachsene die Wahl zwischen mehreren Impfstoffen haben, ist für Kinder unter fünf Jahren keiner zugelassen. Wann sich das ändern könnte, ist unklar.

Biontech und Pfizer hatten in den USA bereits Anfang Februar einen Antrag auf Notfallzulassung für Kinder im Alter von sechs Monaten bis vier Jahren eingereicht, kurz darauf allerdings verkündet, den Antrag noch einmal aktualisieren zu wollen. Grund dafür waren erste Daten, die zeigten, dass jüngere Kinder keine ausreichende Immunantwort auf die verringerte Dosis zeigten.

Die Impfstoffhersteller kündigten daraufhin an, den Einsatz einer dritten Dosis testen zu wollen. Ergebnisse hierfür werden laut Biontech und Pfizer in der ersten Jahreshälfte 2022 erwartet. Auch der Hersteller Moderna prüft derzeit die Wirksamkeit bei Kleinkindern und rechnet mit ersten Ergebnissen im März. Lesen Sie hier: Booster: Das sind die Regeln für Kinder und Jugendliche

Bis die Impfstoffhersteller einen Antrag bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA einreichen können, wird es daher wohl noch dauern. Die Prüfung der Anträge nähme dann noch zusätzliche Zeit in Anspruch. Impfungen für Kinder unter fünf Jahren sind aus diesem Grund derzeit nur als off-label-Nutzung möglich, der Einsatz ist umstritten.

Der Bundesverband der Kinder- und Jugendärzte empfiehlt die Impfung für Kinder unter fünf Jahren bisher nicht. „Die Krankheitslast ist in dieser Gruppe noch geringer, sodass der Nutzen einer Impfung noch kleiner zu sein scheint. Es gibt also nach heutigen Erkenntnissen keine medizinische Indikation zur Impfung“, erklärte der Verband auf Anfrage.

Schwere Verläufe seien in dieser Altersgruppe extrem selten, in der Regel verlaufe die Infektion harmlos. Die Stiko empfiehlt die Corona-Schutzimpfung bisher nur für Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren sowie für Kinder ab fünf Jahren mit Vorerkrankungen.

Wann ist mit einem Omikron-Impfstoff zu rechnen?

Sowohl Biontech und Pfizer als auch Moderna arbeiten derzeit an einem an die Omikron-Variante angepassten Impfstoff – allerdings lässt der Omikron-Booster noch auf sich warten.

Entgegen früherer Ankündigungen, dass der Impfstoff von Biontech und Pfizer bereits Ende März zur Verfügung stehen könnte, sagte Biontech-Chef Ugur Sahin jüngst, dass mit ersten Auslieferungen erst im April oder Mai gerechnet werde. Hintergrund ist das andauernde Zulassungsverfahren der EMA.

Biontech könne allerdings, falls nötig, auch Impfstoffe gegen neue Varianten herstellen, versicherte Sahin. Im Januar hatte das Unternehmen verkündet, dass eine erste klinische Studie zur Erprobung des Impfstoffes gestartet sei, in der Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit geprüft werden sollen.

Auch Impfstoffhersteller Moderna hat bereits mit einer klinischen Erprobung des Omikron-Impfstoffes begonnen. Das US-Unternehmen geht derzeit davon aus, dass der angepasste Impfstoff im August zur Verfügung stehen könnte. Auch interessant: Omikron-Subtyp – BA.2 könnte zu schweren Verläufen führen

Dass eine weitere Booster-Impfung notwendig sein wird, davon ist Moderna-Chef Stephane Bancel überzeugt. Er erklärte allerdings gleichzeitig: „Ich weiß noch nicht, ob es sich dabei um den bestehenden Impfstoff oder nur Omikron oder um einen bivalenten handeln wird: Omikron plus bestehender Impfstoff, zwei mRNA in einer Dosis.“

Omikron-Impfstoff: Zweifel an Notwendigkeit

Ob ein eigens auf Omikron zugeschnittener Impfstoff tatsächlich notwendig ist, wird unterdessen immer häufiger in Frage gestellt. Einerseits könnten viele Länder bis zur Zulassung des Impfstoffes den Höhepunkt der Omikron-Welle bereits überschritten haben.

Andererseits deuten erste Ergebnisse von Tierstudien daraufhin, dass ein spezifischer Omikron-Booster im Gegensatz zu einer normalen Booster-Impfung keinen besseren Schutz bieten könnte. Diese Studien wurden allerdings bisher nur mit wenigen Tieren durchgeführt und noch nicht von Fachleuten überprüft.

Biontech-Chef Sahin sagte am vergangenen Donnerstag, es müsse geprüft werden, ob sich der Impfstoff bis zur Zulassung noch lohne. „Wir müssen uns die Impf-Epidemiologie angucken. Wenn die Welle stoppt, bedeutet das nicht, dass sie nicht wieder beginnen kann“, so Sahin.