Berlin. Die Corona-Notbremse sieht nächtliche Ausgangsbeschränkungen in vielen Kreisen vor. Das könnte die Mobilität erheblich erschweren.

  • Durch die Corona-Notbremse kommt es in vielen Landkreisen zu Ausgangssperren
  • Dadurch wird auch das Reisen in Deutschland erschwert
  • Alles, was man jetzt zum Nachtreiseverbot und möglichen Ausnahmen wissen muss

Der Bund will die dritte Corona-Welle eindämmen – mit bundesweit einheitlichen Regeln. Durch eine Änderung des Infektionsschutzgesetzes, die in der Nacht zum Samstag in Kraft tritt, wird in Landkreisen und kreisfreien Städten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz über 100 die „Notbremse“ angezogen. Das haben Bundestag und Bundesrat beschlossen.

Die Notbremse-Regelung beinhaltet nicht nur strengere Bestimmungen für Geschäfte und öffentliche Einrichtungen wie Schulen oder Kitas, auch private Kontakte bleiben eingeschränkt. Zudem sieht das Gesetz für Regionen mit hoher Corona-Inzidenz nächtliche Ausgangsbeschränkungen vor.

Corona: Notbremse könnte die Mobilität einschränken

Einzelne Bundesländer hatten bereits vorher Ausgangssperren erlassen, um die Ausbreitung des Virus zu verhindern. So gilt in Bayern schon seit Monaten, dass in Landkreisen und kreisfreien Städten, in denen eine Sieben-Tage-Inzidenz von 100 überschritten wird, der Aufenthalt außerhalb der eigenen Wohnung zwischen 22 Uhr und 5 Uhr nur mit wenigen Ausnahmen untersagt ist. Ähnlich sieht es in Hamburg aus – hier beginnt die Sperre aber bereits ab 21 Uhr.

Die Änderung des Infektionsschutzgesetzes könnte nun auch die Mobilität in Regionen, die von der Notbremse betroffen sind, einschränken. Ein generelles Reiseverbot gibt es zwar nicht. Doch die neue Regelung zur Eindämmung der Corona-Pandemie dürfte das Unterwegssein trotzdem erheblich erschweren.

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Durchreise durch Gebiete mit Inzidenz über 100 nicht mehr möglich?

Zu diesem Schluss kommt ein Kurzgutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags, von dem die „Bild“-Zeitung und AFP am Freitag berichteten. Gemäß der Gesetzesbegründung sei im Fall der Ausgangsbeschränkung in Kreisen mit einer Inzidenz über 100 „zwischen 22 Uhr und 5 Uhr der Aufenthalt in Fortbewegungsmitteln untersagt“, zitierte die Zeitung aus dem Gutachten. Es seien ausdrücklich „auch öffentliche Verkehrsmittel von der Ausgangsbeschränkung erfasst“.

Weiter heißt es dem Bericht zufolge in dem Dokument: „Daraus folgt, dass eine Durchreise durch Gebiete, in denen die Ausgangssperre gilt, nur dann gestattet“ sei, wenn Ausnahmen vorlägen. Dem widerspricht das Bundesinnenministerium: Ein Transit sei nach der aktuellen Gesetzgebung weiter möglich.

Reisende müssen ihre Pläne wohl an Notbremse-Regelung anpassen

Allerdings bestätigte das Bundesinnenministerium am Freitag die Einschätzung der Bundestags-Gutachter, was Nachtreisen im Allgemeinen angeht.. Die Regelung betreffe nicht nur den Aufenthalt an einem Ort, sondern auch Reisen von A nach B, erklärte ein Sprecher des Ministeriums.

„Das heißt also, wer in der Zeit zwischen 22 und 5 Uhr aus Anlass einer touristischen Reise reisen möchte, sollte besser umbuchen oder umplanen.“ Eine dienstliche Flugreise sei wegen der vorgesehenen Ausnahmen hingegen möglich. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn sagte am Freitag: Eine Ausgangsbeschränkung bedeute „nicht rauszugehen, heißt also auch nicht zu reisen.“

Die Regelung dürfte auch Flughäfen vor Probleme stellen. Passagiere könnten für Nacht- und Frühflüge in den Stunden der Ausgangssperre nicht anreisen. Auch könnten im Fall hoher Inzidenzen in der fraglichen Region keine Nachtflüge abheben.

Reisende müssen also in den kommenden Wochen, vielleicht sogar Monaten, ihre Pläne engmaschig an die Infektionslage vor Ort anpassen. Auf unserem Lockdown-Monitor können Sie sehen, welche Landkreise aktuell die Notbremse ziehen müssen.

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Notbremse: Ausgangssperren werden durch Polizei kontrolliert

Denn Ausnahmen dürften bei der bundesweiten „Notbremse“, analog zu Regelungen in Bundesländern wie Bayern, nur gemacht werden, wenn man sich nicht selbstverschuldet während der Ausgangssperre im öffentlichen Raum aufhält. Wer beispielsweise Zug- oder Flugverspätungen nachweisen kann, wird derzeit in Bayern nicht wegen einer Ordnungswidrigkeit belangt. Triftige Gründe für einen Verstoß gegen die Ausgangssperre sind dagegen nur die Berufsausübung, die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts oder medizinische Notfälle bei Mensch und Tier.

Verstöße muss nicht nur die Polizei in dem betroffenen Landkreis, sondern auch die Bundespolizei, die beispielsweise für polizeiliche Aufgaben auf dem Gebiet der Bahnanlagen der Eisenbahnen des Bundes zuständig ist, kontrollieren. Letztere könnte also mit Streifen in Zügen und Bahnhöfen die Ausgangssperre durchsetzen.

Die Kontrolleure von Polizei oder Ordnungsämtern müsten im Einzelfall nach Ermessen und mit gesundem Menschenverstand entscheiden, ob jemand einen glaubhaften Grund nennen könne, weshalb er unterwegs sei, erklärte das Innenministerium. „Wenn ein Bäckermeister mitten in der Nacht seinen Berufsort aufsucht, dann wird man das sehr schnell nachvollziehen können.“

(bml/afp/dpa)