Potsdam. Für den Menschen ist die Schweinepest ungefährlich. Für wirtschaftliche Betriebe aber könnten die Auswirkungen enorm werden.

Die Gefahr, sie rückte beständig näher. Seit sechs Jahren grassiert in Polen die Afrikanische Schweinepest (ASP). Für den Menschen ist sie – auch beim Verzehr von Fleisch- und Wurstwaren – ungefährlich, für Schweine jedoch hochinfektiös und fast immer tödlich. Immer weiter rückte das Seuchengebiet an Deutschland heran, im November wurde ein verendetes Tier 80 Kilometer vor der Grenze gefunden, im Ende Januar waren es nur noch zwölf Kilometer.

Mit Elektrozäunen versuchten Sachsen, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern ihre Grenzen gegen Wildschweine aus dem östlichen Nachbarstaat zu schützen. Es hat nichts genützt. Die Afrikanische Schweinepest hat Deutschland erreicht.

„Der Verdacht hat sich leider bestätigt, wir haben einen ersten Fall“, teilte Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) am Donnerstag in Berlin mit. Zuvor hatte am Mittwoch das Landeslabor Berlin-Brandenburg bei einem verendeten Wildschwein im brandenburgischen Landkreis Spree-Neiße gefunden worden, wenige Kilometer von der deutsch-polnischen Grenze entfernt.

Noch am Abend war das tote Tier auf die Versuchsinsel Riems gebracht worden, wo das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) seinen Sitz hat. Die in der Nacht durchgeführten Analysen hätten klare Ergebnisse gebracht, teilte Institutsleiter Thomas Mettenleiter mit: „Drei Proben sind am Mittwochabend bei uns angekommen, alle drei waren eindeutig positiv.“

Klöckner betonte mehrfach, dass die Afrikanische Schweinepest für den Menschen ungefährlich sei. „Auch vom Verzehr von kontaminierten Fleisch geht keine Gefahr aus“, so die Ministerin.

Schweinepest: Zäune sollen weitere infizierte Tiere abhalten

Fatale Folgen könnte der erste nachgewiesene Fall aber für die wirtschaftlichen Betriebe haben. 39,7 Milliarden Euro erwirtschafteten die Schlachtereien und Fleischverarbeiter mit mindestens 50 Mitarbeitern im vergangenen Jahr nach Angaben des Statistischen Bundesamtes. Mitten in der Hochphase der Corona-Krise im März verzeichnete die Fleischindustrie einen Rekord: 3,9 Milliarden wurden in einem Monat erwirtschaftet, so viel Umsatz erzielte die Branche noch nie.

Ein wesentlicher Grund sind die Exporte nach China. Zwischen Januar und April exportierte Deutschland rund 158.000 Tonnen Schweinefleisch im Wert von 424 Millionen Euro nach China. Dass China derart auf Schweineimporte angewiesen ist, hat einen Grund. Seit 2018 geht in dem asiatischen Staat die Afrikanische Schweinepest um. Schätzungen zufolge mussten über 200 Millionen Tiere in dem Land zwangsgeschlachtet werden. Um dem Virus Einhalt zu gebieten, fordert China strenge Handelskriterien ein.

Innerhalb der EU darf Deutschland weiterhin Fleisch exportieren

Ein Land, in dem die Afrikanische Schweinepest nachgewiesen wird, darf nicht mehr nach China exportieren. Dazu zählt nun also auch Deutschland. Immerhin: Innerhalb der EU darf Deutschland weiterhin Fleisch exportieren, es gilt das Prinzip der Regionalität. Wird das Virus in einer Region eines Landes nachgewiesen, werden die anderen Regionen nicht automatisch mit in Beugehaft genommen.

Nun geht es darum, zu verhindern, dass sich das Virus, weiter ausbreitet. Brandenburgs Landesverbraucherministerin Ursula Nonnemacher (Grüne) kündigte an, dass ein vorläufiges Gefahrengebiet mit einem Radius von 15 Kilometern um den Fundort eingerichtet worden sei. In diesem Gebiet gebe es Schweinehalter, darunter zwei größere Betriebe. Ein Betrieb mit über 5000 Tieren liegt nur sieben Kilometer vom Fundort des infizierten Tiers entfernt.

Afrikanische Schweinepest grassiert seit Herbst 2019 im Westen Polens

Um möglicherweise infizierte Tiere nicht aufzuschrecken, soll ein striktes Jagdverbot herrschen. Auch seien etwa Ernteverbote für Maisfelder denkbar, in denen sich Schwarzwild oft aufhält. Hoffeste oder Agrarschauen werden untersagt. Später solle eine Kernzone mit einem Radius von mindestens drei Kilometern um den Fundort eingezäunt werden, der nicht betreten werden darf. Problematisch könnte sein, dass das infizierte Wildschwein möglicherweise schon länger tot war, ehe es gefunden wurde.

„Er erprobte Kadaver war stark in die Verwesung übergegangen“, sagte FLI-Leiter Thomas Mettenleiter. Was das für eine weitere Ansteckungsrate bedeute, sei aber noch unklar. Fest steht, dass sich das Virus leicht verbreiten kann. Unter Schweinen, Wildschweinen und Hausschweinen ist die Infektiosität hoch, aber das Virus kann auch anders weitergegeben werden, etwa wenn ein Tierarzt nach dem Besuch eines Betriebes Blut an der Kleidung hat und damit einen weiteren Betrieb aufsucht.

Und auch auf verarbeitetem Fleisch hält sich der Virus hartnäckig. „Selbst eingefrorenes Fleisch kann infektiös bleiben“, sagte Landwirtschaftsministerin Klöckner. Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, appellierte daher auch an die Verbraucher: „Reisende dürfen Wurstbrote und andere Essensreste nicht unachtsam wegwerfen – denn auch darin kann das Virus überleben.“

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(jas/afp/dpa/ba)