Leipzig. Der MDR hat sich wegen kontroverser Aussagen von Komiker Uwe Steimle getrennt. Einer, der darüber Witze machen kann: Jan Böhmermann.

Seit Monaten schien das Verhältnis zerrüttet. Nun setzt der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) eines seiner bekanntesten Sendergesichter vor die Tür: Der MDR beendet seine Zusammenarbeit mit dem Schauspieler und Kabarettisten Uwe Steimle (56).

Die Sendereihe „Steimles Welt“ werde 2020 nicht fortgesetzt, teilte der Sender mit Sitz in Leipzig am Mittwoch mit. Der MDR sehe keine Basis mehr für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Steimle. Einer, der sich darüber lustig macht: Satiriker-Kollege Jan Böhmermann. Der ZDF-Moderator witzelte darüber und prahlte damit, dass er angeblich ein Angebot des MDR erhalten habe, wie er auf Twitter schreibt.

Jan Böhmermann witzelt auf Twitter

„Soeben ein Angebot vom @mdrde für eine NEUE KABARETTSENDUNG für den Mitteldeutschen Rundfunk bekommen!“, schrieb Böhmermann in einem tausendfach gelikten Tweet. Und weiter: „Ich soll mit einem lustigen Hut auf dem Kopf einen ,typischen Sachsen’ spielen und Witze über Ausländer und Demokratie machen!“ Deutlicher könnte die Anspielung auf die Causa Steimle/MDR nicht sein.

Tatsächlich wechselt Böhmermann im kommenden Jahr nicht zum MDR, sondern mit einer neuen Sendung ins ZDF-Hauptprogramm. Wie die neue Show heißen und aussehen wird, ist nach Angaben des Senders noch offen. Fest steht allerdings, dass am Donnerstag (12. Dezember, 22.15 Uhr, ZDFneo) die letzte Folge von „Neo Magazin Royale“ ausgestrahlt wird.

Uwe Steimle provoziert mit Reichsbürger-Sprüchen

Während es also für Jan Böhmermann beruflich bergauf geht, muss Uwe Steimle einen Rückschlag hinnehmen. Der gebürtige Dresdner, ist in Ostdeutschland so beliebt wie wenige andere Kabarettisten und bescherte dem Sender ordentliche Quoten, brüskierte allerdings wiederholt mit Reichsbürger-Sprüchen und verbreitete Ressentiments über Ausländer. Irgendwann ging es dem Sender zu weit.

Der MDR habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, zitiert der Sender seinen Programmdirektor Wolf-Dieter Jacobi. Jedoch habe Steimle in öffentlichen Äußerungen wiederholt die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage gestellt.

Steimle äußert sich zum Sendungs-Aus beim MDR

Gegenüber der „Bild“ drückte Steimle seine Enttäuschung über das Ende seiner Sendereihe aus. „Meine Sendung war ein Farbtupfer, bildete unsere Lebenswirklichkeit ab.“ Ein Fehlverhalten seinerseits sieht der Schauspieler nicht. Er habe seine Arbeit immer ordentlich gemacht. Man habe seit Wochen einen Grund gesucht, um ihn loszuwerden.

Laut „Bild“-Informationen sei der Auslöser für den Rauswurf ein Interview mit der „Thüringer Allgemeinen“, in der sich Steimle beklagt hatte, dass der Sender sich nicht schützend vor ihn stelle. Darin stellte er klar: „Aber ich bin lieber schwierig als schmierig.“

Solidarität mit Steimle – MDR äußert sich zu Zensur-Vorwürfen

Nachdem der Rausschmiss von Steimle bekannt wurde, hagelte es in den sozialen Medien Kritik. Einige Nutzer warfen dem MDR Zensur vor, bezeichneten den Sender als „Staatsfernsehen“ – ähnliche Vorwürfe wie der Kabarettist geäußert hatte. Zahlreiche Bilder von Steimle mit dem Spruch „Solidarität mit Uwe Steimle“ wurden unter die Beiträge des MDR auf der Facebook-Seite gepostet.

Der öffentlich-rechtliche Sender reagierte auf die Vorwürfe der Facebook-Nutzer. Unter einem Kommentar, der „Meinungsfreiheit für Uwe Steimle“ forderte, schrieb der Sender: „Die Meinungsfreiheit zählt zu Grundpfeilern unserer Demokratie. Herr Steimle, Sie und alle anderen Menschen in Deutschland dürfen weiterhin alles sagen, was Sie möchten. Wir haben lediglich die Zusammenarbeit mit Herrn Steimle beendet.“

Angela Merkel ist für Uwe Steimle eine Marionette

Die Liste seiner Fehltritte und Provokationen ist lang. Im Oktober 2017 etwa verbreitete er in „Steimles Welt“ Gerüchte über Flüchtlinge: Er berichtete den Zuschauern, wie er eine Kirche besichtigen wollte und abgewiesen worden sei. „Ich sage: ,Moment mal, wir haben Lutherjahr. Ich möchte zu meinem Herrn. Ich möchte beten.“ Daraufhin habe er von einer Frau die Antwort erhalten: „,Dann sage ich Ihnen, was hier los ist: Die kacken hinter den Altar.’ - ,Na, wer denn?’ - ,Na, wer wohl?!’“

In der selben Sendung plauderte Steimles Reisepartner diese Legende aus: „„Ich habe ja gehört, in Mülsen haben die Syrer alle Forellen aus dem Fluss geklaut. Was das für Blüten treibt manchmal.“ „Wahnsinn“, erwiderte Steimle.

Im Juli 2018 gab der ehemalige Theaterschauspieler der rechten Zeitung „Junge Freiheit“ ein Interview und erweckte den Eindruck, die Geisteshaltung sogenannter Reichsbürger zu teilen. Er behauptete: „Die Wahrheit ist eben, dass wir keine eigene Politik haben, weil wir ein besetztes Land sind.“ Angela Merkel ist für ihn „eine Marionette“. Dem MDR warf er zudem mangelnde Staatsferne vor. Programmdirektor Jacobi sagt, dass der Sender schon damals öffentlich klargestellt habe, diese Aussage sei für den MDR nicht akzeptabel.

Steimle trug T-Shirt mit Spruch „Kraft durch Freunde“

Steimle hat sich in der Vergangenheit von rechtem Gedankengut distanziert. Über seine Arbeitsweise sagte der Kabarettist vor Jahren: „Ich nehme das auf, was die Leute sprechen. Und das verdichte ich dann und bringe es auf die Bühne. Und dann kommt noch meine Haltung dazu.“

Er hat sich allerdings erkennbar nicht daran gestört, dass er zu einer Identifikationsfigur für Anhänger der Dresdner Pegida-Bewegung geworden ist. So ist Steimle Mitunterzeichner der „Erklärung 2018“ gegen „Masseneinwanderung“. In seinem Bühnenprogramm verglich er die rechtsextreme Terrorzelle „Revolution Chemnitz“ mit den Gentleman-Gaunern der Olsenbande. Und noch in diesem Jahr zeigte er sich mit einem T-Shirt, darauf in Frakturschrift der Spruch „Kraft durch Freunde“ – eine Abwandlung des NS-Slogans „Kraft durch Freude“.

Steimle hatte 16 Jahre lang im Schweriner „Polizeiruf“ den Hauptkommissar Jens Hinrichs gespielt, seit 2013 führte er mehrmals im Jahr durch die Sendung „Steimles Welt“. Darin reiste der selbsternannte Volkskundler mit einem alten Wartburg durch die mitteldeutsche Provinz und sammelte Geschichten aus der „Heimat“. Jetzt hat Steimle Sendepause – vorerst. (mit Material von dpa)