Berlin. Emmanuel Macron und Jair Bolsonaro werden persönlich. Im Zentrum: ein abfälliger Kommentar über die Frau des französischen Präsidenten.

Im Amerikanischen nennt man Trash Talk den Versuch von Spitzenpolitikern ihren Gegner auf unterstem sprachlichem Niveau vor Verhandlungen zermürben zu wollen. Psychologische Kriegsführung, um den Gegner zu schwächen, wie es etwa bei Straßenschlägereien üblich ist.

Einen neuen Tiefpunkt der politischen Demütigung erreichte jetzt ein Twitter-Streit zwischen dem brasilianischen Präsidenten Jair Bolsonaro und dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron. Bolsonaro, der bereits bei der Geburt seiner Tochter in chauvinistischer Art von einem „kleinen Schwächeanfall“ gesprochen hatte, sorgte mit der Billigung eines sexistischen Facebook-Beitrags über Frankreichs Präsidentengattin Brigitte Macron für weltweite Empörung.

Bolsonaro hatte sich amüsiert über einen Post geäußert, in dem Macrons Ehefrau Brigitte beleidigt wurde. Er schrieb „Demütige den Typen nicht“ unter den Post, in dem ein Nutzer das Äußere von Brigitte Macron mit dem der Gattin von Bolsonaro verglich. Zuvor hatte Macron wegen der Umweltpolitik Bolsonaros, den verheerenden Waldbränden im Amazonas eine Blockade des Freihandelsabkommens mit dem südamerikanischen Wirtschaftsblock Mercosur angekündigt.

Kritikerin: Bolsonaro hat ein „idiotisches babyhaftes Männer-Weltbild“

Ein Nutzer hatte in einem Facebook-Beitrag eine unvorteilhafte Aufnahme der 66-jährigen Brigitte Macron neben ein Bild der 37-jährigen Gattin Bolsonaros gestellt. Dazu schrieb er: „Versteht ihr jetzt, warum Macron Bolsonaro bedrängt?“

Er wette, dass Macron neidisch auf Bolsonaro sei. Brasiliens Präsident setzte dann den Kommentar unter den Post. Und Macrons Reaktion folgte prompt. In Schulhof-Manie tat er es Bolsonaro gleich – und trat zurück.

„Was kann ich Ihnen sagen. Es ist traurig für ihn und die Brasilianer“, erklärte Frankreichs Präsident am Rande des G7-Gipfels in Biarritz. Er glaube, die Brasilianer schämten sich für ihren Präsidenten, und er hoffe für sie, dass sie bald ein Staatsoberhaupt hätten, das der Aufgabe gewachsen sei. „Würde ich etwas dergleichen sagen, würden sich die Franzosen zu Recht schämen“, sagte Macron weiter.

Unterstützung bekam Macron von Aktivisten weltweit. „Frauenkörper und die Umwelt herabzuwürdigen seien Einstellungen, die aus einem „idiotischen babyhaften Männer-Weltbild wie das von Bolsonaro und Trump“ zeugen, schrieb die Autorin Naomi Klein auf Twitter. Bolsonaros Reaktion flankiere die Bemerkung des US-Präsidenten Donald Trump im Jahr 2017, als er bei einem Besuch in Paris bemerkte, dass Brigitte Macron (für ihr Alter) sehr gut in Form sei.

Bolsonaro gilt als Sexist und und Frauenfeind

Tatsächlich ist es für Jair Bolsonaro (ebenso wenig für Trump) nicht der erste Ausfall dieser Art. „Der ultrakonservative brasilianische Präsident gilt als ein Frauenfeind, Sexist und Schwulenhasser“, erklärt der Wissenschaftler für Gender-Studien Christoph May dieser Redaktion.

Bolsonaro will Militär gegen Waldbrände einsetzen

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    Schon vor seiner Wahl im Oktober 2018 verherrlichte Bolsonaro Folterer, will den Schutz der Ureinwohner einschränken, Waffenbesitz erleichtern und das Militär gegen Drogenhändler einsetzen. Die brasilianische Abgeordnete Maria do Rosario (PT, Partei der Arbeiter) griff er mit den Worten an: „Ich würde Sie nicht vergewaltigen, Sie verdienen es nicht.“

    Abwertung von Frauen aus Angst vor Machtverlust

    Laut des Männerforschers Rolf Pohl gehört die Abwertung von Frauen fest zur männlichen Identität. Die Ursache jeder Abwehr sei Angst und Kontrollverlust. „Was die Frauenverachtung von Männern also sichtbar macht, ist deren enorme Angst vor Frauen. Vor allem vor mächtigen Frauen wie Brigitte Macron“, sagt auch Christoph May.

    Bolsonaros Demütigung richteten sich konkret gegen ihr Alter. Indem er sie durch Age-Shaming (Altersdiskriminierung) beleidige, versuche er die Männlichkeit ihres Mannes anzugreifen. Das sei – mit den Worten Macrons selbst – „einfach nur traurig und armselig“, sagt May. In Frankreich selbst fand man ebenso deutliche Worte für die verbale Attacke Bolsonaros.

    „Es ist bemitleidenswert, sagen wir es ruhig“, erklärte die französische EU-Abgeordnete Nathalie Loiseau. Es sei die einzige Sache, die Populisten machen könnten, sobald sie an der Macht seien: „Laut schreien, um die starken Männer zu spielen.“

    Derweil lobte Loiseau das G7-Abkommen rund 20 Millionen Euro an Soforthilfe für Brasilien zuzusagen, mit denen Löschflugzeuge in den brennenden Amazonas geschickt werden sollen. „Es ist ein Beschluss, der getroffen wurde, während Typen wie Trump mit am Tisch saßen.“