Biarritz. G7-Gastgeber Emmanuel Macron ist ein diplomatischer Coup gelungen: Irans Außenminister Sarif ist in Biarritz. Ergebnis? Noch offen.

Begrüßungen am Leuchtturm, spontane Arbeitsessen, Spaziergänge am Strand, Männergespräche: Der G7-Gipfel hatte am zweiten Tag einiges zu bieten. Wie war die Gesprächsatmosphäre, wie die Ergebnisse? Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Eines der Themen beim G7-Gipfel: der Konflikt mit dem Iran. Konnten die Teilnehmer in Biarritz eine gemeinsame Linie finden?

Dem französischen Präsidenten gelang ein brisanter Coup: Überraschend traf am Sonntagnachmittag Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif beim G7-Gipfel ein. Kanzlerin Angela Merkel bezeichnete den Besuch als Beitrag zur Konfliktlösung mit dem Iran. Der Überraschungsbesuch Sarifs in Biarritz sei „ein Parallelereignis am gleichen Ort, aber kein G7-Ereignis.“ Man sei sich aber einig, dass jeder Versuch einer Deeskalation in dem Atomkonflikt mit dem Iran wertvoll sei.

Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian hatte Sarif eingeladen und wollte ihn am Sonntagabend treffen. Sarif wollte noch am Abend Biarritz wieder verlassen.

Merkel sagte, sie fühle sich gut eingebunden und „zeitnah“ informiert. Allerdings sei am Samstagabend nicht über den konkreten Besuch geredet worden. Ihre Delegation war am Nachmittag nicht informiert gewesen.

Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif (Archivbild).
Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif (Archivbild). © dpa | Ebrahim Noroozi

Unklar blieb, wann US-Präsident Donald Trump von den Plänen erfahren hat. Eine „risikoreiche Strategie“ nannte es ein Diplomat. Macron wollte offenbar Druck bei den Gesprächen machen. Zuvor war das Thema Iran nämlich im Ungefähren geblieben, von einer Botschaft an Teheran war die Rede, die Macron überbringen solle. Paris schwebe eine „Pause“ vor, in der es Teheran gestattet werden soll, eine bestimmte Menge von Öl zu exportieren, hieß es.

Gleichzeitig soll der Iran seine Verpflichtungen aus dem Atomabkommen wieder einhalten. Doch Trump dementierte am Nachmittag einen Auftrag an Macron. „Nein, ich habe das nicht diskutiert“, sagte er, fügte aber hinzu: „Wir können Menschen nicht davon abhalten zu reden. Wenn sie reden wollen, können sie reden.“

Die USA hatten das Atomabkommen im Mai 2018 einseitig aufgekündigt. Mit Sanktionen wollen sie die Führung in Teheran zwingen, ein neues Abkommen mit schärferen Auflagen zu akzeptieren. Die USA wollen ausschließen, dass der Iran jemals in der Lage sein kann, Atomwaffen zu bauen. Nach dem Ausstieg der USA hatten Frankreich, Deutschland und Großbritannien – noch mit Premierministerin Theresa May – am Abkommen festgehalten.

Von den US-Sanktionen sind Unternehmen weltweit betroffen, auch deutsche. Ihnen wird der Zugang zum US-Markt verwehrt, falls sie gegen die von der Regierung in Washington verhängten Strafmaßnahmen verstoßen. Weil die verbliebenen Vertragspartner die für den Iran wichtigsten Teile des Atomabkommens nicht umsetzten, verstieß auch der Iran zuletzt demonstrativ gegen zwei zentrale Auflagen.

Besonders in der Straße von Hormus, eine für den Rohöl-Handel wichtige Schifffahrtsroute, entstanden jüngst Spannungen. Tanker wurden festgesetzt. Eine Militärmission zum Schutz des Schiffsverkehrs in der Meeresenge wurde diskutiert.

Den letzten G7-Gipfel in Kanada ließ Donald Trump im letzten Moment platzen. Wie war die Laune des US-Präsidenten diesmal?

Donald Trump fühlte sich in Biarritz sichtlich wohl. Besonders mit dem neuen britischen Premierminister Boris Johnson verstand er sich bestens. Bei Rührei mit Kalbswürstchen, Backwaren, Obst und Toast gab es am Sonntag immer wieder Gelächter – auch auf Kosten von Johnsons Vorgängerin Theresa May.

„Er ist der richtige Mann für den Job“, sagte Trump über Johnson und den Brexit. „Ich habe das schon lange gesagt. Es hat Ihre Vorgängerin nicht sehr glücklich gemacht.“ Sprach‘s und frühstückte weiter.

Beim G7-Gipfel im Juni 2018 in Kanada hatte Trump noch für einen Eklat gesorgt. Er zog damals via Twitter kurz nach seiner Abreise die Zustimmung zur mühsam ausgehandelten Abschlusserklärung zurück. Ihm hatten Äußerungen des Gastgebers Justin Trudeau bei dessen Pressekonferenz nicht gepasst.

Konservative Populisten unter sich: US-Präsident Donald Trump (r.) und Boris Johnson, Premierminister des Vereinigten Königreichs.
Konservative Populisten unter sich: US-Präsident Donald Trump (r.) und Boris Johnson, Premierminister des Vereinigten Königreichs. © Getty Images | Pool

In Biarritz gab es bis Sonntagnachmittag versöhnliche Töne. Nachdem er am Samstag mit der Air Force One in Bordeaux gelandet war, traf er in der Hotellobby zufällig schon früher als geplant auf seinen Gastgeber Macron – und wurde von diesem sofort zu einem Arbeitsessen gebeten. Die beiden Präsidenten sprachen dann zwei Stunden über die Krisen dieser Welt. Bei 25 Grad und lauer Brise.

Trump, für maximale Härte bekannt, war versöhnlich gestimmt. „Wir sind seit langer Zeit Freunde“, sagte er anschließend in Richtung Macron. „Manchmal streiten wir ein bisschen, nicht sehr viel. Aber wir kommen sehr gut miteinander aus. Wir haben eine sehr gute Beziehung.“

Ganz ohne Medienschelte ging es aber auch diesmal nicht. Trump schrieb am Sonntag auf Twitter, die „Fake News“-Medien hätten vorausgesagt, dass der Gipfel katastrophal werde, weil seine Beziehungen zu den Staats- und Regierungschefs der anderen sechs G7-Staaten angespannt seien. „Nun ja, wir haben sehr gute Treffen, die Anführer kommen sehr gut miteinander aus und unserem Land geht es wirtschaftlich großartig“, schrieb Trump.

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Als „Fake News“-Medien verunglimpft Trump Medien, die kritisch über ihn berichten.

Kommentar:

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Allerdings rücken die Europäer zusammen – auch Großbritanniens Premier stellt sich hier gegen Trump. Der Konflikt schade nicht nur China, sondern auch den Europäern, so der Tenor. Die Briten seien für einen „Handelsfrieden“.

Trump sieht das anders. Er stehe nicht unter dem Druck von Verbündeten, den eskalierenden Handelskrieg mit China zu beenden. „Ich denke, dass sie den Handelskrieg respektieren“, sagte er auf eine entsprechende Frage von Reportern. „Die Antwort ist, niemand hat mir das gesagt.“

Die USA seien „in sehr ernsten Gesprächen“ mit China. Er gehe davon aus, dass China ein Handelsabkommen viel dringender wolle als die USA. Das Verhalten Chinas in Handelsfragen sei „unverschämt“.

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war allen anzumerken. Kolumbien bat am Sonntag die internationale Gemeinschaft bereits um Unterstützung. Es werde mit den Ländern der Region in Südamerika Kontakt aufgenommen, kündigte Macron an. Es gehe um „technische und finanzielle Mittel“, fügte er hinzu, ohne auf Details einzugehen.

Macron hatte das Thema Waldbrände kurzfristig auf die Tagesordnung des Treffens gesetzt und ihm damit größtmögliche Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. Frankreich ist besonders betroffen, denn es hat das Überseegebiet Französisch-Guyana mit einer Grenze zu Brasilien. In Brasilien wüten die schwersten Waldbrände seit Jahren.

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Seit Januar nahmen die Feuer und Brandrodungen im größten Land Südamerikas im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 83 Prozent zu. Insgesamt wurden über 70.000 Brände registriert. Experten zufolge legen meist Farmer die Feuer, um neue Weideflächen zu schaffen. Ob sich der Regenwald wieder erholt, ist fraglich.

Kommentar:

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Welche Rolle spielt die Bundeskanzlerin Angela Merkel?

Angela Merkel war die einzige Frau in der Runde der G7. Sie saß am Sonntag zur Linken von Gastgeber Emmanuel Macron, wirkte entspannt. Merkel traf am Rande des Gipfels die meisten Staats- und Regierungschefs auch zu Gesprächen unter vier Augen.

Am Sonntag sprach sie etwa mit Chiles Präsident Sebastian Pinera. Von diesem erhoffte sich die Kanzlerin Auskunft über den richtigen Umgang mit Brasiliens Präsident Jair Bolsonaro. Es brauche eine

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zu bewegen, hieß es.

Die einzige Frau in der G7-Runde ist nach dem Rücktritt der früheren britischen Premierministerin May Angela Merkel.
Die einzige Frau in der G7-Runde ist nach dem Rücktritt der früheren britischen Premierministerin May Angela Merkel. © Reuters | Philippe Wojazer

Am Sonnabend ließ es Merkel zunächst locker angehen, unternahm einen Strandspaziergang. Und zwar nicht in der „roten Zone“ von Biarritz, die komplett abgesperrt ist, sondern am öffentlichen Strand. Die Kanzlerin wurde bei der Stippvisite von Menschen freundlich gegrüßt, darunter auch von deutschen Urlaubern. Mit einem französischem Rettungsschwimmer kam sie ins Gespräch.

Wie liefen die Proteste gegen den G7-Gipfel ab?

Außerhalb von Biarritz kam es vereinzelt zu Ausschreitungen. Mindestens 68 Menschen seien festgenommen und 38 von ihnen in Polizeigewahrsam genommen worden, berichtete die französische Nachrichtenagentur AFP.

In Bayonne, der Nachbarstadt von Biarritz, waren am Abend bei einer ungenehmigten Demonstration Steine geflogen, die Sicherheitskräfte setzten Wasserwerfer und Tränengas ein. Die französische Regierung hatte über 13.000 Sicherheitskräfte mobilisiert, um den noch bis Montag dauernden Gipfel zu schützen.

In Biarritz selbst war die Stimmung gut. Die Einheimischen genossen ihre leere Stadt – zum ersten Mal im August gehörten die Stränden nur ihnen.

Wird es eine Rückkehr zum G8-Format mit Russland geben?

Bis zum Jahr 2014 und der Ukraine-Krise war auch Russland Gast in diesem Format. Die Diskussion über eine erneute Einladung Russlands dauere an, sagte Trump. Er halte eine Rückkehr Russlands weiterhin für vorteilhaft und positiv. Er sei auch überrascht, dass manche der Staats- und Regierungschefs der G7 seiner Meinung seien. Um wen es sich dabei handele, wollte Trump allerdings nicht sagen.

Von den Europäern hieß es, man sei strikt gegen eine Einladung, wenn sich die Situation in der Ost-Ukraine nicht entspannen sollte.

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    Gab es Pannen beim G7-Gipfel?

    Zum Auftakt des G7-Gipfels ließ US-Präsident Donald Trump die Welt über Twitter wissen, er habe soeben mit „@EmanuelMacrone“ in Biarritz zu Mittag gegessen. Emanuel Macrone? Trump hatte in seinem Tweet irrtümlich den Account eines Macron-Imitators getagged, der dort in einem Französisch eingefärbten Nonsens-Englisch Botschaften verbreitet. Nach kurzer Zeit wurde der Irrtum korrigiert: Trump schrieb nun korrekt von @EmmanuelMacron.

    Der britische Regierungschef Boris Johnson genoss den Gipfelort auf seine Art. Er ging schwimmen und versuchte dann, einen Gedankenfaden vom Schwimmparcours zur Problematik des Brexit zu spannen. „Von hier aus kann man nicht sagen, dass es ein gigantisches Loch in diesem Felsen gibt. Es gibt einen Weg hindurch. Mein Punkt an die EU ist, dass es einen Weg hindurch gibt. Den findet man aber nicht, wenn man nur am Strand sitzt.“ Ein Diplomat parierte schlagfertig: „Beim Atlantik kann man oft vom Strand aus die Strömungen nicht sehen. Die können einen Schwimmer gefährlich in die Tiefe ziehen.“