Lügde/Detmold. Mehrere Männer sollen jahrelang Kinder auf dem Campingplatz in Lügde missbraucht haben. Zwei Angeklagte legten nun ein Geständnis ab.

Im Prozess um den hundertfachen Missbrauch von Kindern und Jugendlichen auf einem Campinggplatz in nordrhein-westfälischen Lügde haben die beiden Hauptangeklagten am ersten Verhandlungstag Geständnisse abgelegt. Andreas V. (56) und Mario S. (34) räumten die angeklagten Taten am Donnerstag vor dem Detmolder Landgericht weitestgehend ein.

Am Landgericht hatte am Donnerstag der Prozess um den Missbrauch von Kindern auf dem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde begonnen. Angeklagt sind drei Männer.

Ein 56-jähriger Dauercamper aus Lügde und ein 34-Jähriger aus Steinheim nahe der niedersächsischen Landesgrenze sollen über viele Jahre hinweg Jungen und Mädchen teilweise schwer sexuell missbraucht haben. Einige der Gewalttaten filmten sie laut Staatsanwaltschaft.

Die jüngsten Opfer sollen im Kindergartenalter gewesen sein. Ein dritter Mann aus Stade in Niedersachsen ist angeklagt, weil er an einigen Webcam-Übertragungen teilgenommen haben soll. Bei allen drei Männern waren Bild- und Videodateien in gewaltigen Mengen sichergestellt worden, die sexuelle Übergriffe und Misshandlungen von Minderjährigen zeigen.

Landtag untersucht Missbrauchsskandal von Lügde

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    Fall Lügde ist einer der größten Missbrauchsfälle der Geschichte

    Neben einigen Medienvertretern ist im Gerichtssaal nur Platz für rund 30 Zuhörer. Zum Auftakt wird die Staatsanwaltschaft die Anklagen verlesen. Offen war zunächst, ob der Prozess bereits nach wenigen Minuten unterbrochen wird, um die Öffentlichkeit zum Schutz der Opfer auszuschließen.

    Der Fall Lügde ist einer der größten Missbrauchsfälle der deutschen Geschichte: Mehr als 1000 Einzeltaten sollen die Verdächtigen begangen haben. Nicht alle konnten bisher nachgewiesen werden. Die Ermittler erhoffen sich von dem Verfahren auch, Informationen über weitere Mittäter und Mitwisser zu gewinnen.

    Drei Hauptverdächtige vor Gericht

    Ein 34-Jähriger soll der Staatsanwaltschaft zufolge in 162 Fällen acht Mädchen und neun Jungen missbraucht haben, manche schwer. Der Mann soll die Gewalttaten über einen Zeitraum von 20 Jahren ab 1999 auf dem Campingplatz an der Grenze zu Niedersachsen sowie in seiner Wohnung verübt haben. Dem Vorwurf zufolge filmten beide Männer manche Gewalttaten. Die jüngsten Opfer sollen erst vier Jahre alt gewesen sein.

    Ein dritter Angeklagter (49) soll an mindestens vier Webcam-Übertragungen teilgenommen und teils zu den Taten angestiftet haben. Alle drei Männer sind Deutsche und sitzen in Untersuchungshaft.

    Spurensicherung auf dem Campingplatz
    Spurensicherung auf dem Campingplatz © dpa | Guido Kirchner

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    Schwere Versäumnisse bei der Polizei

    Der Fall hatte auch interne Ermittlungen bei der Polizei ausgelöst. Ein zeitweiliger Leiter der Ermittlungskommission wurde vorläufig vom Dienst suspendiert. Der Beamte hatte die Kommission von Mitte Dezember bis Anfang Januar bei der Polizei Lippe geführt, teilte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul im März mit. Gegen den Beamten des Kriminalkommissariats Bad Salzuflen bestehe in einem anderen Sexualstraffall der Verdacht der Strafvereitelung im Amt.

    Wie auch im Fall des massenhaften Missbrauchs in Lügde seien Beweismittel in jenem Fall nicht mehr auffindbar gewesen. Der betreffende Beamte habe im Fall Lügde den Polizeischüler betreut, der die aus einem speziellen Asservatenraum verschwundenen 155 CDs und DVDs gesichtet hatte. Anfang März sei gegen ihn ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. (dpa/aba/les)