Berlin. Der „Spiegel“ hat im Fall Claas Relotius die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Es geht dabei um die privat gesammelte Spendengelder.

Es ist ein Skandal für den „Spiegel“: Geschichten des Autors Claas Relotius entsprachen teilweise oder komplett nicht der Wahrheit. Immer wieder dichtete er Ereignisse oder Personen in seine Reportagen.

Rund zwei Wochen nach Bekanntwerden des Fälschungsskandals hat der „Spiegel“ Erkenntnisse zu einer Spendenaktion seines ehemaligen Mitarbeiters an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Alle bisherigen Hinweise zur möglichen Veruntreuung von Spenden durch Relotius seien am Freitag an die Hamburger Strafverfolgungsbehörde geschickt worden, wie die Redaktion am Freitag auf „Spiegel Online“ bekanntgab.

Staatsanwaltschaft prüft, ob ein Ermittlungsverfahren notwendig ist

Galt als ganz großer Schreiber: Claas Relotius erfand teilweise Reportagen in Teilen, teilweise ganz.
Galt als ganz großer Schreiber: Claas Relotius erfand teilweise Reportagen in Teilen, teilweise ganz. © dpa | Ursula Düren

Die Staatsanwaltschaft werde nun prüfen, ob sie ein Ermittlungsverfahren einleite. Relotius hatte privat eingesammelte Spenden von „Spiegel“-Lesern nach Angaben seines Anwalts an die Diakonie Katastrophenhilfe weitergeleitet.

Relotius’ Anwalt Michael Philippi hatte in der vergangenen Woche erklärt, nach dem Erscheinen der Geschichte über ein angeblich aus Syrien geflüchtetes Geschwisterpaar – „Königskinder“ – hätten sich viele spendenbereite Leser gemeldet. Diesen habe Relotius angeboten, Geld über sein privates Konto zu sammeln und an das vermeintliche Geschwisterpaar weiterzuleiten.

Auf diese Weise habe er mehr als 7000 Euro erhalten, die er aus eigenen Mitteln auf 9000 Euro aufgestockt und im Oktober 2016 an die Diakonie Katastrophenhilfe überwiesen habe.

Relotius galt als einer der besten Autoren des Genres „Reportage“, er hatte zahlreiche renommierte Journalisten-Preise bekommen – die er nun zurückgeben musste.

Spende ist bei Hilfsorganisation eingegangen

Die Hilfsorganisation bestätigte den Eingang einer entsprechenden Überweisung von Relotius. Die Spende war demnach für ein Projekt für Flüchtlingskinder im nordirakischen Suleymaniah bestimmt.

Laut „Spiegel“ war die Spendenaktion der Redaktion nicht bekannt. Betroffene Leser hätten sich erst nach Auffliegen der Fälschungen bei dem Nachrichtenmagazin gemeldet.

Fall hat erhebliche Auswirkungen

Der Fall hatte international für Aufsehen gesorgt, der „Spiegel“ war offensiv mit dem Vorfall umgegangen, hatte online und in einer Titelgeschichte die Ereignisse umfassend dargelegt. Zwei Chefs ließen als Folge ihre Verträge ruhen.

Der amerikanische Botschafter in Berlin hatte in einem Statement seine Besorgnis ausgedrückt. Relotius habe auch über amerikanische Politik geschrieben. (ses/epd)