Berlin. Zwei Führungskräfte des „Spiegel“ haben Konsequenzen aus dem Fall Claas Relotius gezogen. Fichtner und Geyer setzen ihre Verträge aus.

Der Fall des „Spiegel“-Reporters, der mehrere seiner preisgekrönten Artikel ganz oder zum Teil gefälscht hat, wirkt sich nun auch auf den Führungskräften des Magazins aus. Wie eine Sprecherin der Deutschen Presse-Agentur am Freitagabend bestätigte, werden die Verträge von Chefredakteur Ullrich Fichtner und Blattmacher Matthias Geyer zunächst auf Eis gelegt. Zuerst hatte die „Bild“ berichtet.

Chefredakteur Steffen Klusmann schreibt in einem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Brief, der Fall des Reporters Claas Relotius habe bei einigen die Frage aufgeworfen, ob Fichtner und Geyer nach einem solchen „Desaster“ eigentlich noch tragbar seien.

Kommission soll Relotius-Affäre untersuchen

Er wolle den Fall Relotius nicht leichtfertig abtun, schreibt Klusmann. „Dafür ist er zu groß und zu gefährlich. Und er ist noch lange nicht ausgestanden. Ich habe daher mit Matthias und Ullrich verabredet, dass wir ihre neuen Verträge erstmal aussetzen und ruhen lassen, bis die Kommission den Fall abschließend untersucht hat.“

Solange werde er zwei erfahrene Kollegen bitten, als Blattmacher beim Heft auszuhelfen, schreibt Klusmann weiter. Er betont, es habe lange gedauert, eine neue Chefredaktion zusammenzusetzen, die sich gut ergänzt. „Klar, jeder ist austauschbar, nur mancher eben schwerer.“

„Verantwortung übernehmen, wenn man sich etwas vorzuwerfen hat“

Ullrich Fichtner und Matthias Geyer hätten ihm beide angeboten, ihre Posten zur Verfügung zu stellen, falls er das für nötig erachte, schreibt Klusmann weiter.

„Wir können jetzt jeden, der enger mit Relotius zu tun hatte, zur Verantwortung ziehen, das lässt sich nach oben beliebig fortsetzen. Ich finde allerdings, Verantwortung sollte man dann übernehmen, wenn man sich etwas vorzuwerfen hat.“

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass sich Relotius für seine vielfach ausgezeichneten Reportagen immer wieder Personen ausgedacht, Interviews gefälscht und ganze Absätze komplett erfunden habe. Der 33-Jährige galt als eine Art Aushängeschild – bis seine Fälschungen vom „Spiegel“-Kollegen Juan Moreno entlarvt wurden. (cho)