Bad König. Ein Hund hat in Hessen ein Baby mit einem Biss in den Kopf getötet. Tierschützer warnen davor, Rassen pauschal zum Problem zu erklären.

Wenige Tage, nachdem ein sogenannter Kampfhund in Hannover seine beiden Besitzer getötet hat, ist erneut ein Mensch durch einen Hund zu Tode gekommen. In der Kleinstadt Bad König im Odenwald starb ein Säugling, nachdem das Familientier ihm in den Kopf gebissen hat.

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Der Vater, ein 23-Jähriger, hatte noch versucht, den sieben Monate alten Jannis zu retten. Sofort rief er die Rettungskräfte, die das Kind ins Krankenhaus brachten. Zunächst galt der Zustand des Babys als stabil, doch am späten Montagabend erlag es seinen Verletzungen. Der Vater und die 27-jährige Mutter stehen unter Schock, wie die Polizei am Dienstag erklärte.

Kurz nach der Attacke von Hannover wirft der neue Fall Fragen auf: Die Polizei teilt mit, dem äußeren Anschein nach handle es sich bei dem Hund von Bad König womöglich um einen Staffordshire-Mix. Er wird als hochaggressiv beschrieben. Auch Chico, das Tier, das in Hannover einen 27-jährigen Mann und dessen Mutter (52) totgebissen hat, ist ein Staffordshire-Terrier-Mischling. Viele Behörden listen diese Exemplare als Kampfhunde. Ist es überhaupt vertretbar, sie in der Wohnung zu halten?

Diese Hunderassen gelten als "Kampfhunde"

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    Die Menschen in Bad König sind schockiert

    Sarah Ross meint: ja. Die 33-Jährige ist Heimtierexpertin bei der Tierschutz-Stiftung „Vier Pfoten“ in Hamburg, sie sagt: „Staffordshire haben einen robusten Körperbau und eine große Beißkraft, weil sie so gezüchtet wurden. Und natürlich sind sie sportlich, brauchen viel Bewegung. Man kann sie aber durchaus in der Wohnung halten. Auch Staffordshire wollen mit ihrem Rudel, also mit ihren Besitzern, leben.“

    In Bad König, wo der Todesfall viele schockiert hat, ist die Stimmung am Tag danach eine andere. Vor dem Wohngebäude der dreiköpfigen Familie, einem braunen Mehrfamilienhaus am Ortsausgang, hält eine 67 Jahre alte Radfahrerin an. „Ich fahre da jeden Tag vorbei, habe aber noch nie einen Hund gesehen“, sagt die Frau. Sie selbst hat auch Kinder und züchtet Boxer. „Aber Boxer sind Familienhunde. Man weiß doch, dass man auf die Rasse achten muss. Die beste Erziehung nutzt nichts.“

    Rentner Frank Schoenmarker, der eine ältere Dame in einem Nachbarhaus betreut, gibt hingegen zu bedenken: „Manche Leute sollten einfach keinen Hund haben.“ Hessens Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin stellt klar: „Fakt ist, dass bei einem Hund in einer gewissen Größenordnung Maßnahmen zur Erziehung ergriffen werden müssen.“

    Steht der Staffordshire zu Unrecht im Blickpunkt?

    Es habe nichts mit der Rasse zu tun, dass Staffordshire nun so im Fokus stehen, sagt derweil Tierschützerin Ross. „Wenn Hunde aggressiv werden und Menschen beißen, liegt das immer in erster Linie an einer falschen Erziehung oder schlechten Erfahrungen. Wenn man einen Golden Retriever schlägt oder tritt, wird auch er aggressiv“, so Ross.

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      Tatsächlich waren es in den letzten Jahren andere Rassen, die Menschen töteten: Im Mai 2017 biss ein Kangal bei Sigmaringen in Baden-Württemberg eine Passantin (72) zu Tode. Im September 2014 ging ein Australian-Shepherd-Mischling im Schwarzwald auf seine Besitzerin (57) los. Und im Dezember 2011 biss ein Husky-Mischling in Schmallenberg (NRW) ein Baby in der elterlichen Wohnung tot. Jährlich sterben in Deutschland im Schnitt drei bis vier Menschen durch Hunde. Laut Statistischem Bundesamt gab es zwischen 1998 und 2015 64 Todesopfer.

      Der Hund aus Bad König wird die Attacke vermutlich ebenfalls nicht überleben. In der Regel schläfere man solche Tiere ein, sagt Martin, die Tierschutzbeauftragte. Derweil streiten Tierschützer in Hannover weiter dafür, dass Chico verschont und in eine Spezialeinrichtung gebracht wird.