Berlin. Bei „Anne Will“ ging es um die neue Welt-Unordnung. Ausgesprochen düster – bis der Vorschlag einer Linken für etwas Hoffnung sorgte.

Bei „Anne Will“ ging es am Sonntagabend um nichts Geringeres als die Weltordnung. Die ist, so lautet das allgemeine Gefühl, in den vergangenen Jahren immer unübersichtlicher geworden. Das liegt zu großen Teilen an Donald Trump, unter dem die USA sich zu einem unverlässlichen Partner entwickelt haben.

Sollte Deutschland, sollte Europa da nicht mehr Verantwortung übernehmen? Diese Frage richtete Anne Will an

  • Außenminister Heiko Maas (SPD)
  • Sevim Dagdelen (Linke)
  • Jürgen Trittin (Grüne)
  • Juristin Constanze Stelzenmüller
  • sowie den Journalisten Georg Mascolo

Was wurde diskutiert?

Vor allem die mit Blick auf die USA überraschend konfrontative Rede von Angela Merkel auf der Münchner Sicherheitskonferenz. Gestritten wurde in der Runde darüber, ob darin eine neue deutsche Haltung zum Ausdruck kam. Ja, meinte Jürgen Trittin: „Das ist eine Antwort auf die Eskalation von jenseits des Atlantiks“, sagte der Grüne.

Hintergrund: USA und Europa - das sind die sechs größten Streitpunkte

„Das ist keine neue Außenpolitik“, befand dagegen Heiko Maas. Seitdem klar sei, wie Trump die US-Außen- und Sicherheitspolitik gestalte, habe Deutschland immer wieder betont, dass nur internationale Zusammenarbeit funktioniere.

Genau die wird dieser Tage aber in Teilen auf den Müllhof der Geschichte gekarrt. Bestes Beispiel ist das Ende des INF-Vertrags, das ein neues nukleares Wettrüsten in Gang setzen könnte. In Europa werde es das aber nicht geben, versicherte der Außenminister. „Der Blick Amerikas geht ganz nach China.“

Georg Mascolo war da nicht so sicher. „Wir sind schon mitten in einem atomaren Wettrüsten“, sagte der Journalist. Weltweit würden enorme Summen aufgewendet, um atomare Arsenale zu modernisieren. Entscheidend seien die USA und Russland, die nun glaubhafte Signale der Abrüstung setzen müssten. „Wenn nicht, ist Existenzielles bedroht“, warnte Mascolo.

Der alternative Vorschlag

Das klang plausibel, aber auch reichlich düster. Da wirkte der Vorschlag von Sevim Dagdelen zwar irgendwie naiv, aber doch irgendwie schlüssig: „Souveräne Außenpolitik wäre, klar auf Abrüstung zu setzen“, sagt die Abgeordnete von der Linkspartei. Dass Deutschland im Gegenteil mehr in Rüstung investieren wolle, sei „absoluter Wahnsinn“. Als Zeichen forderte Dagdelen, dass Deutschland auf den Abzug aller US-Atomwaffen drängen solle.

„Es ist Quatsch zu sagen: Wir müssen abrüsten, während alle anderen aufrüsten“, erwiderte darauf Constanze Stelzenmüller von der US-Denkfabrik Brookings Institution. Politische Prozesse seien wichtig, am Ende müsse dahinter aber auch eine glaubhafte militärische Abschreckung stehen.

Den Punkt des Abends...

...machte trotz Dagdelens bedenkenswerter Forderung Trittin, als er die „hässliche Seite der deutschen Außenpolitik“ benannte. Denn während sich die Bundesrepublik international gerne als vernünftiger Mittler gibt, liefern deutsche Konzerne weiterhin Rüstungsgüter an zweifelhafte Abnehmer – etwa Saudi-Arabien, das den brutalen Krieg im Jemen führt.

Das Fazit

Gibt es eine neue deutsche Außenpolitik? Wie groß ist die nukleare Bedrohung? Und was tun mit dem schwierigen Partner USA? In dieser Ausgabe von „Anne Will“ steckten zu viele zu große Fragen. Am Ende blieb man deshalb als Zuschauer von der Debatte unbefriedigt zurück.

Zugute halten muss man der Runde allerdings, dass deutlich wurde, dass alte Gewissheiten wirklich nicht mehr gelten. Eine nuklear aufgerüstete Welt, in der ein Funke reicht, um einen Flächenbrand zu erzeugen – das galt als Vergangenheit. Und könnte auch die Zukunft sein.

Update: So verhedderte sich AfD-Frau Beatrix von Storch bei Anne Will im Dexit

Zur Ausgabe von „Anne Will“ in der ARD-Mediathek

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