Washington. Ron DeSantis teilt gegen Donald Trump aus – und dieser schlägt zurück. Der Wahlkampf der US-Republikaner wird schon früh schmutzig.

Bis zu den Vorwahlen zur republikanischen Präsidentschaftskandidatur für 2024 ist es noch ein gutes Jahr hin. Das hindert den in Umfragen seit Monaten unverändert favorisierten Ex-Präsidenten Donald Trump nicht daran, schon einen Vorgeschmack auf die Schlammschlacht zu geben, in die er gegen jede(n) aus den eigenen Reihen zu ziehen gewillt ist, der (die) ihm nicht kampflos den Vortritt lässt.

Nach wochenlangen still ertragenen Sticheleien gegen seinen einstigen politischen Ziehsohn Ron DeSantis hat Trump den im vergangenen November sensationell mit über 20 Prozentpunkten Vorsprung wiedergewählten Gouverneur von Florida aus der Reserve gelockt.

Vorwahlen zur republikanischen Präsidentschaftskandidatur: DeSantis grenzt sich von Trump ab

Der konventionelle Medien eher verachtende Quasi-Ministerpräsident versuchte zuletzt im Gespräch mit der britischen Interview-Nervensäge Piers Morgan – der ehedem bei Trump auf dem Schoß saß – so etwas wie eine vorsichtige „Charakter-Hinrichtung" des an mehreren Fronten juristisch unter Beschuss stehenden Übervaters der Republikaner.

NameRonald Dion DeSantis (44)
Geboren14. September 1978 in Florida
EhepartnerinCasey DeSantis (verh. 2009)
AmtGouverneur von Florida
ParteiRepublikanische Partei

Ohne vulgär zu werden – wie es Trumps Art ist – grenzte sich der 44-Jährige, der es binnen zehn Jahren zu einer Bilderbuch-Karriere gebracht hat und bisher als einziger Anti-Trumpianer Chancen besitzt, messerscharf von dem über 30 Jahre älteren Immobilien-Unternehmer ab. Unter seiner Führung in Tallahassee gebe es „kein Drama”, sagte DeSantis. Leute mit eigener Agenda – von denen es zu Trumps Zeiten im Weißen Haus wimmelte (Stichwort: Steve Bannon) – bekämen bei ihm die Tür gewiesen.

DeSantis zieht Samthandschuhe aus: Trumps Affäre mit Pornostar – ist „nicht mein Fachgebiet"

Dass Trump im Sumpf eines Schweigegeld-Skandals mit einer Porno-Aktrice steht, nutzte DeSantis zu Seitenhieben. Er wisse nicht, was da Sache sei – „nicht mein Fachgebiet”. Dass Trump seinen Namen verhohnepiepelt und von „Ron DeSanctimonious“ spricht („Sanctimonious“ = scheinheilig), bürstete der dreifache Familienvater mit einem säuerlichen Grinsen vom Tisch. „Klingt gut, viele Vokale, weiß aber nicht, was er meint.” Zusatz: Man könne ihn nennen, wie man wolle – „solange man mich auch Gewinner nennt”.

Im Zentrum der Anklage gegen Donald Trump: Pornostar Stormy Daniels.
Im Zentrum der Anklage gegen Donald Trump: Pornostar Stormy Daniels. © Markus Schreiber/AP

Eine Erinnerung an Trumps Niederlagen-Serie seit 2016. Bei alldem legt DeSantis Wert auf die Feststellung, dass er seine Kandidatur-Bewerbung für das Weiße Haus noch gar nicht abgegeben hat. Zu dem Thema nur so viel: „Ich kann Joe Biden schlagen.”

Streit in der Partei: Trump schießt gegen DeSantis zurück und spricht ihm die Großartigkeit ab

Bei Trump hat das Interview das getriggert, was ein rotes Stück Stoff bei Stieren tut. Er möchte sein Gegenüber am liebsten niedertrampeln. Florida – schreibt Trump in einem Wutausbruch – sei schon erfolgreich gewesen, „lange bevor ich Ron da installiert habe”. Hintergrund: Ohne Trumps massive Fürsprache wäre DeSantis 2018 wohl nicht Gouverneur geworden.

Beckmesserisch hält Trump seinem designierten Haupt-Widersacher Versagen bei der Bekämpfung von Corona mit 86.294 Toten und 7,51 Millionen Fällen insgesamt in Florida vor – nach Trumps Zählweise drittschlechteste Bilanz aller US-Bundesstaaten. Andere Gouverneure hätten die Corona-Pandemie entschieden besser gemanagt, konstatiert er, ohne Namen zum nennen. Dann legt der auf Rankings, Rangfolgen und andere politische Schönheitswettbewerbe erpichte Unternehmer richtig los.

Trump nennt DeSantis "Durchschnitts-Gouverneuer" – "wollen Ron nicht als unseren Präsidenten"

In der Bildung, bei der Mord- und Vergewaltigungsrate, bei schwerer Körperverletzung und den Gesundheitskosten: Überall liege Florida am Ende oder im unteren Drittel der Skala. „Kaum Großartigkeit hier” schreibt Trump und nennt Desantis einen Durchschnitts-Gouverneur, der nur in einer Disziplin Erster sei: Eigenwerbung. Die Erzählung DeSantis` von der Blaupause Florida für ganz Amerika sei nur ein „Trugbild”. Trump schließt mit dem etwas hilflos klingenden Satz: „Und wir wollen Ron nicht als unseren Präsidenten.”

An dieser Stelle redet Trump nicht ganz aus dem hohlen Bauch heraus. Die jüngsten Umfragen bilden für den am Dienstag vor einer historischen strafrechtlichen Anklage in New York stehenden Florida-Immigranten einen massiven Popularitätsschub ab. Zwischen 12 und 26 Prozentpunkte Vorsprung vor DeSantis – das weckt unter konservativen Parteistrategen die leise Ahnung, dass der junge Herausforderer-in-spe bereits unrettbar ins Hintertreffen gelangt sein könnte gegen den „falschen orangenen Messias”, wie der New York Times-Kolumnist Ross Douthat Trump nennt.

Desantis` Image als Machtpolitiker leidet: Wie er Teile der Wählerbasis in den USA verärgert hat

Wenn es so wäre, hätte der jeden öffentlichen Akt penibel planende Harvard-Absolvent daran seinen gerüttelten Anteil. Desantis ist – anders als viele Top-Konservative – in der Causa Schweigegeld-Strafverfahren Trump erst spät und rhetorisch dann auch noch verkrampft zur Seite gesprungen. Sein zuletzt gegebenes Versprechen, er werde (was die Verfassung ihm abverlangen würde) Trump im Falle eines Falles nicht aus Florida nach New York ausliefern, wirkte hohl.

Trumps Anwälte hatten da schon längst mehrfach erklärt, dass der Ex-Präsident keine Schikane plant, sondern sich artig in New York den Behörden stellen wird. Solche Taktiererei kommt bei der Trump-Basis, die mit ihrem Idol durch dick und dünn geht und von der DeSantis in den Vorwahlen einige hunderttausend Anhänger loseisen müsste, als „Verrat” rüber. Gelitten hat auch Desantis` Image als Machtpolitiker, der keine Anfängerfehler macht.

Disney spielt Gouverneur einen Streich: DeSantis laut „Miami Herald” damit „kräftig düpiert”

Sein kulturkriegerischer Feldzug gegen den Groß-Arbeitgeber Disney in Florida, dem er aus Rache für Kritik an seiner in Gender-Fragen ultra-konservativen Schulpolitik Jahrzehnte alte Selbstverwaltungsrechte nehmen ließ, erweist sich bislang als Rohrkrepierer. Disney hat sich mit einem tolldreisten juristischen Kniff die Befugnisse zurückgeholt und Gouverneur DeSantis laut „Miami Herald” damit „kräftig düpiert”.

Für die nahe Zukunft kämpft Ron DeSantis gegen zwei Faktoren, die er kaum für sich nutzbar machen kann. Die Anklage gegen Trump wird auf Monate alles Medien- und Partei-Interesse absorbieren. Selbst jene Republikaner, die des „Chaos-Agenten” längst überdrüssig waren, werden sich bis auf weiteres hinter Donald Trump versammeln.