Washington. Die Esoterik-Buch-Autorin Marianne Williamson will bei den Demokraten einen zweiten Anlauf ins Weiße Haus unternehmen. Hat sie Chancen?

Solange Joe Biden nicht klipp und klar erklärt, ob er eine zweite Runde im Weißen Haus anstrebt, halten sich von Bernie Sanders und Amy Klobuchar über Pete Buttigieg bis hin zu den aufstrebenden Gouverneuren Gavin Newsom, Phil Murphy und J. B. Pritzker bisher alle potenziellen demokratischen Alternativen für die Präsidentschaftswahl 2024 verschlossen. Dem Amtsinhaber will keiner in die Suppe spucken. Keiner außer Marianne Williamson.

Die 70-jährige Texanerin, die es nach geschmissenem College von der Bar-Sängerin zur Autorin spiritueller Ratgeber-Bücher und später zur Promi-Schamanin für Hollywoods Eliten von Barbra Streisand bis Elizabeth Taylor und Oprah Winfrey gebracht hat, hat am Samstag offiziell ihre Bewerbung für die Präsidentschaftskandidatur der Demokraten bekanntgegeben.

Williamson wollte mit der „Kraft der Liebe“ gegen Trump gewinnen

Das wollte sie 2020 auch schon. Um mit der „Kraft der Liebe” gegen Donald Trump anzukommen. Dem republikanischen Ex-Präsidenten warf die unverheiratete Mutter einer erwachsenen Tochter namens Emma vor, „die dunkle, psychische Macht des kollektiven Hasses” über Amerika zu bringen.

Mit ihrer radikalen, leicht sozialistisch klingenden Anti-Establishment-Erzählung machte Williamson in den ersten TV-Debatten 2019 in Miami und Detroit Furore. Die Außenseiterin war kurzzeitig in den USA die meistgesuchte Frau auf Google.

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Die Verfasserin von Werken wie „Rückkehr zur Liebe“, „Das Gesetz des göttlichen Ausgleichs“ oder „Ein Jahr in Wundern: Reflexionen, Gebete und Meditationen für jeden Tag” klang mit ihren Forderungen nach Einrichtung eines „Ministeriums für Frieden” und stattlichen Reparationszahlungen von 100 Milliarden Dollar an die Opfer von Sklaverei und Rassismus für manche Ohren frisch und andersartig. Mit ihrer Klage gegen die Benachteiligung schwarzer Gemeinden – damals tobte in Flint/Michigan der Skandal um flächendeckend verdrecktes Leitungswasser – traf sie einen Nerv. Ihre esoterisch-wolkige Sprache sorgte schnell für Schlagzeilen und Tausende Video-Schnipsel in sozialen Medien. Am Ende alles nur Strohfeuer.

Weil Williamson in Umfragen nie auf die geforderten zwei Prozentpunkte kam, wurde sie bereits im Herbst 2019 aus dem Kreis der Fernseh-Debatten-Teilnehmer gestrichen. Der Rest war zwangsläufig.

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Demokraten-Kandidatin nennt sich „Schlampe Gottes“

Noch bevor die demokratischen Vorwahlen im Januar 2020 in Iowa und New Hampshire begannen, machte sich die ätherisch wirkende Tochter eines jüdischen Anwalts aus Houston von dannen. Kaum Spendengeld, kaum Unterstützer, Zweifel an ihrer prinzipiellen Eignung – sie wolle, sagte Williamson, die schnell aufbrausend sein kann und sich zuweilen als „Schlampe Gottes” bezeichnet hat, keinem linken Kandidaten bei den Demokraten im Weg stehen. Später unterstützte sie Senator Bernie Sanders und setzte auch hier auf das falsche Pferd.

Warum Williamson jetzt einen erneuten Anlauf wagt, erschließt sich noch nicht. Ihr bekanntes Mantra, dass eine Diktatur von Politik, Medien und Industrie Amerika gefangen hält und der „Demokratie den Saft aussaugt”, hat sie neulich in einem Interview wiederholt. Was sie wie und mit wem dagegen machen will, bleibt offen.

Ihr Hauptvorwurf an Amtsinhaber Biden: Dass Amerika unter seinen Möglichkeiten bleibe. Dass immer noch zu viele Menschen im Land ökonomisch einem täglichen „Überlebenskampf” ausgesetzt seien.