Berlin/Köln. Wer Wohngeld beantragt, muss mitunter lange auf die Auszahlung warten. Was viele nicht wissen: Es besteht Anspruch auf einen Vorschuss.

Es kommt beim Wohngeld wie befürchtet. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund warnt vor langen Wartezeiten bei der Bearbeitung der Wohngeld-Anträge. Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND): "Nach den ersten Tagen lässt sich – wie erwartet – ein enormer Aufwuchs an Wohngeld-Anträgen feststellen."

Das geht auch aus Daten hervor, die dieser Redaktion vorliegen. So dauert die Bearbeitung eines neu eingegangenen Antrags auf Wohngeld in Essen derzeit rund drei Monate. Das Bezirksamt in Berlin-Neukölln berichtet von einer Wartezeit von etwa 18 Wochen, also rund vier Monaten. Deutlich entspannter ist die Lage in Hamburg, wo Bürgerinnen und Bürgerinnen Anfang Januar im Schnitt "nur" zehn Wochen warten mussten.

Zudem berichten alle drei Städte von einer durch die Reform bedingt höheren Anzahl von Anträgen. So registrierte das Bezirksamt Neukölln bereits im Dezember eine Verdopplung – für Januar und Februar erwartet es eine Verdreifachung. Lesen Sie auch: Was ändert sich 2023? Steuern & Co. – alle Änderungen

Wohngeld-Reform sorgt für deutlich mehr Anträge

Schuld an dem großen Interesse am Wohngeld ist eine Reform der staatlichen Finanzspritze: Zum 1. Januar 2023 trat diese – genannt "Wohngeld Plus" – in Kraft. Die durchschnittliche Auszahlung stieg dadurch von 190 auf 370 Euro monatlich. Und: Deutlich mehr Menschen sind antragsberechtigt: Statt 600.000 Haushalten sind es jetzt zwei Millionen, die Anspruch auf den staatlichen Mietzuschuss haben. Zusätzlich gibt es einen pauschalen Heizkostenzuschuss in Höhe von durchschnittlich 1,20 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche. Lesen Sie dazu: Wohngeld – Diese Haushalte profitieren von der Reform

Um die Menschen nicht unnötig lange auf das Geld warten zu lassen, schlägt der Deutsche Mieterbund vor, vermehrt vorläufige Bescheide zu erteilen. Präsident Lukas Siebenkotten sagte dem RND: "Die ohnehin langen Wartezeiten werden bei mehr Berechtigen noch länger, als sie ohnehin schon sind. Wichtig wäre es, von der Möglichkeit vorläufiger Bescheide Gebrauch zu machen, die zu schneller Auszahlung nach überschlägiger Prüfung führt." Das große Problem der Mieterinnen und Mieter sei, dass sie unmittelbar Unterstützung bräuchten und nicht in der Zukunft.

Mieterbundspräsident Lukas Siebenkotten.
Mieterbundspräsident Lukas Siebenkotten. © FUNKE Foto Services | Sergej Glanze

Wohngeld: Antragsteller haben Anspruch auf Vorschuss

Was viele Menschen aber nicht wissen: Wenn sie lange auf die Auszahlung des Wohngelds warten müssen, steht ihnen ein Vorschuss zu. Das bestätigte auf Anfrage unserer Redaktion auch eine Sprecherin des zuständigen Bundesbauministeriums. Voraussetzung dafür ist demnach, dass grundsätzlich ein Anspruch bestehe und "zur Feststellung der Höhe des Wohngeldanspruchs voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist". Von einer solchen längeren Zeit dürfte bei Bearbeitungszeiten von mehreren Monaten auszugehen sein. Lesen Sie auch den Kommentar: Wohngeld-Plus – Die Reform ist übereilt, aber nötig

Das Problem: Laut Sozialgesetzbuch (SGB) muss der Vorschuss extra beantragt werden. Laut SGB sind die zuständigen Behörden zwar dazu verpflichtet, über entsprechende Rechte aufzuklären. In der Praxis dringen die entsprechenden Informationen aber häufig nicht bis zu den Leistungsberechtigten durch.

podcast-image

Für Menschen, die auf die Bearbeitung ihres Wohngeld-Antrags warten, bleibt daher nur eins: Sie müssen sich aktiv an die Wohngeldstelle wenden, um dort – falls gewünscht – einen Vorschuss einzufordern. Ist das passiert, muss dieser, sofern ein Anspruch darauf besteht, laut Gesetz "spätestens nach Ablauf eines Kalendermonats nach Eingang des Antrags" gewährt werden. (mit dpa)