Essen. Wenn Hass und Hetze salonfähig werden, dann ist die Gefahr groß, dass sich Menschen finden, die den Worten Taten folgen lassen wollen.

Sie wollten den Bundestag stürmen, Politiker verhaften, Blackouts verursachen, und danach die freiheitlich-demokratische Grundordnung durch ein reaktionäres System ersetzen. Was bislang über die Pläne der „Patriotischen Union“ bekannt ist, klingt absurd.

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Die Vorstellung, altgediente Militärs, Ärzte oder Richter könnten sich in solche wahnwitzigen Umsturzpläne hineinfantasiert haben, mutet grotesk an. Für die Sicherheitsbehörden scheint aber klar zu sein: Diese Leute haben es ernst gemeint.

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In den vergangenen Jahren ist eine Vielzahl rechter Terror-Truppen aufgeflogen. Oldschool Society (OSS), Revolution Chemnitz, Gruppe S., Gruppe Freital, allen vorweg der mörderische NSU. In Krisenzeiten formiert sich immer gesellschaftlicher Widerstand, der zu Wut gebiert, häufig auch zu Wahnsinn wächst. Wenn Hass und Hetze salonfähig und in Parlamenten in den politischen Diskurs gekübelt werden, dann ist die Gefahr groß, dass sich Menschen finden, die den Worten Taten folgen lassen wollen.

Jan Jessen, Korrespondent
Jan Jessen, Korrespondent © FUNKE Foto Services | Fotograf Kerstin Kokoska

Worin sich die „Patriotische Union“ von anderen rechten Terror-Gruppen unterscheidet

Die „Patriotische Union“ ist aber nach aktuellem Erkenntnisstand anders als die rechten Terror-Gruppen, die in den vergangenen Jahren zerschlagen werden konnten. Zum einen, weil die Gruppe enorm groß zu sein scheint. Über mehr als 50 Mitglieder hat noch keine andere Terror-Bande der vergangenen zwei Jahrzehnte verfügt. Zum anderen haben in der „Patriotischen Union“ keine gesellschaftlich Abgehängten den Umsturz geplant, sondern Menschen aus der Mitte der Gesellschaft; ähnlich wie die Mitglieder der „Vereinten Patrioten“, die im Frühjahr zerschlagen wurden, und deren Pläne nahezu deckungsgleich waren.

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Besorgniserregend ist, dass einmal mehr aktive Soldaten und Militärs im Ruhestand zu dem Kreis der Terror-Verdächtigen gehören. Menschen mit den Fähigkeiten von Eliteeinheiten und möglicherweise mit Zugängen zu Waffen sind brandgefährlich.

Razzien zeigen: Der Rechtsstaat ist wehrhaft

Sowohl die „Patriotische Union“ wie auch die „Vereinten Patrioten“ haben sich offensichtlich im Dunstkreis der Corona-Leugner bewegt. Das ist nicht überraschend. In der Szene wird Deutschland als Diktatur wahrgenommen, die es zu stürzen gilt, Experten warnen schon seit langem vor Radikalisierungstendenzen.

Die freiheitlich-demokratische Grundordnung aber ist auf einem stabileren Fundament gebaut, als es die Fanatiker glauben. Der Rechtsstaat ist wehrhaft und kann seine Feinde bekämpfen, das haben die Razzien am Mittwoch bewiesen. Die Opfer des NSU, die Toten von Hanau und Halle, der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke mahnen jedoch zu weiterer Wachsamkeit.

Vor hundert Jahren hat der damalige Reichskanzler Joseph Wirth nach dem Mord an Rathenau im Reichstag gesagt: „Der Feind steht rechts.“ Das galt damals. Das gilt heute.