Kreuztal/Fuda. Johannes Winkel will Chef der Jungen Union werden. Er hat viel gemein mit einem seiner Vorgänger an der Spitze des Unionsnachwuchses.

Schweigend stellte er sich vor die russische Botschaft in Berlin. In den Händen das selbst bemalte Plakat mit der Aufschrift „Putin go home“. Nicht viele Passanten bemerkten den Mann mit dem Dreitagebart, damals im Februar dieses Jahres. „Ich will ein Zeichen setzen“, sagte Johannes Winkel. Zwei Tage später startete Russland den Angriffskrieg gegen die Ukraine. An diesem Wochenende betritt Winkel eine ungleich größere Bühne, will wieder Zeichen setzen – und Aufmerksamkeit ist ihm sicher.

Beim Deutschlandtag der Jungen Union (JU) in Fulda soll der 31-Jährige am Freitagabend zum neuen Bundesvorsitzenden gewählt werden. Winkel ist voraussichtlich der einzige Kandidat. Der Landesverband NRW, dessen Chef er seit 2020 ist, hat ihn nominiert. Vorgänger Tilman Kuban, mittlerweile CDU-Bundestagsabgeordneter, hat mit 35 Jahren die Altersgrenze erreicht.

Tilman Kuban, der bisherige Bundesvorsitzende der Jungen Union, hat die Altersgrenze erreicht und tritt in Fulda nicht mehr an.
Tilman Kuban, der bisherige Bundesvorsitzende der Jungen Union, hat die Altersgrenze erreicht und tritt in Fulda nicht mehr an. © dpa | Lino Mirgeler

Winkel macht keine Politik mit dem Vorschlaghammer

Johannes Winkel stammt aus der 30.000-Einwohner-Stadt Kreuztal im Siegerland. Ländlich strukturiert, politisch fest in sozialdemokratischer Hand. In seiner Jugend spielte er Basketball, startete seine Karriere in der JU als Vorsitzender des Bezirks Südwestfalen (wie einst Paul Ziemiak), wurde dann an die Spitze des Landesverbands NRW gewählt (wie einst Paul Ziemiak). Und wird nun wohl Bundesvorsitzender der rund 100.000 Mitglieder starken Organisation (wie einst Paul Ziemiak). Weitere Gemeinsamkeiten mit dem ehemaligen CDU-Generalsekretär halten sich in Grenzen.

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Winkel macht keine Politik mit dem Vorschlaghammer, setzt auf die inhaltliche Kraft seiner Argumente, nicht auf Lautstärke oder Pointenpower. Der Volljurist spricht langsam, wohl überlegt. Kritik an der eigenen Partei posaunt der BVB-Fan nicht mit dem Megafon in die Öffentlichkeit, sondern äußert sie eher intern. Beharrlich arbeitet sich Winkel dagegen an den Grünen ab, obwohl die CDU mit ihnen in NRW regiert. Er hält sie für populistisch, etwa wenn sie das Wahlrecht für 16-Jährige fordern, man den jungen Menschen „aber nicht zutraut, einen Mietvertrag zu unterschreiben“.

Winkel fordert eine „komplette Neuauflage des Generationenvertrags“

Bei seiner Bewerbungsrede in Fulda will er vor allem über Klimawandel und Demografie sprechen, weil das aus seiner Sicht die Themen sind, die den Nachwuchs in der Union – und nicht nur dort – bewegen. Dass es beim Deutschlandtag nicht zu einem Kandidatenduell komme, helfe ihm dabei, inhaltlich mehr in die Tiefe zu gehen: „Es gibt kein Applausbarometer.“ Die vergangenen Bundesregierungen hätten den demografischen Wandel „entweder verschlafen oder schlicht ignoriert“, sagte er dieser Zeitung, wohlwissend, dass seine Partei dabei eine Rolle spielte.

CDU-Chef Friedrich Merz und Johannes Winkel kennen sich gut.
CDU-Chef Friedrich Merz und Johannes Winkel kennen sich gut. © dpa | Michael Kappeler

Winkel fordert eine „komplette Neuauflage des Generationenvertrags“. Das volle Programm müsse diskutiert werden: späterer Renteneintritt, längere Wochenarbeitszeit, mehr gesteuerte Zuwanderung. 90 Termine in allen Teilen des Landes hat Winkel seit dem Sommer wahrgenommen, um sich den Jungen von CDU und CSU zu präsentieren.

Winkel und CDU-Chef Merz kennen sich gut

CDU-Parteichef Friedrich Merz unterstützt den 31-Jährigen, die beiden Südwestfalen kennen sich gut. „Merz steht für den Markenkern der CDU“, sagt Winkel. Er arbeitet parallel an seiner Promotion. Thema: Entscheidungskompetenzen in der Außenpolitik zwischen Regierung und Parlament. Und zwischendurch hat er auch noch Zeit gefunden, sich zu verloben.

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.