Berlin. Der Bundestag hat für die Einführung des Bürgergeldes gestimmt. Ob es dazu kommt, ist jedoch weiter offen. So geht es jetzt weiter.

  • Hartz IV, auch bekannt als Arbeitslosengeld II, soll durch das neue Bürgergeld ersetzt werden
  • Der Bundestag hat heute über die Pläne der Bundesregierung abgestimmt
  • Doch es gibt Kritik: Warum das Bürgergeld doch noch scheitern könnte

Der Bundestag hat heute für die geplante Abschaffung von Hartz IV und die Einführung des Bürgergeldes zum 1. Januar 2023 gestimmt. 385 Abgeordnete votierten für die Pläne der Regierung, 261 dagegen. Die Entscheidung kommt nicht überraschend – hat die Ampel-Koalition doch eine deutliche Mehrheit im Parlament. Der Streit mit der Union ist allerdings nach wie vor nicht geklärt.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte die Reform am Morgen noch vor der Abstimmung gegen Kritik verteidigt. Er nennt diese die "größte Sozialstaatsreform seit 20 Jahren".

Union droht Bürgergeld im Bundesrat zu blockieren

Obwohl das Bürgergeld durch den Bundestag gekommen ist, könnte die kritische Haltung der Union dennoch zum Problem werden. Denn CDU und CSU drohen, das Bürgergeld im Bundesrat zu blockieren.

So bemängelte der stellvertretende Unionsfraktionschef Hermann Gröhe die Pläne der Ampel-Koalition. "Bis heute verweigern Sie jede Debatte über die grundsätzlichen Webfehler Ihres Gesetzes. Mit dieser Arroganz bringen Sie den Sozialstaat nicht nach vorne, mit dieser Arroganz werden Sie scheitern!", so Gröhe im Bundestag.

Nachdem der Bundestag nun entschieden hat, wird die Abstimmung zum Bürgergeld schon am kommenden Montag im Bundesrat erwartet.

Was passiert bei einer Blockade? Wir beantworten die wichtigsten Fragen. Lesen Sie auch den Kommentar: Bürgergeld – Warum der Streit nervig, aber wichtig ist

Hartz IV wird zum Bürgergeld: Was soll sich ändern?

Zum 1. Januar soll das Bürgergeld nach den Plänen der Ampel eingeführt werden und damit das Arbeitslosengeld II – im Volksmund Hartz IV genannt – als Grundsicherung ersetzen. Geplant sind unter anderem:

  • Eine Anhebung der Regelsätze
  • Die Einführung einer Vertrauenszeit von sechs Monaten, in denen keine Sanktionen verhängt werden
  • Eine zweijährige Karenzzeit, in der Bürgergeld-Empfänger unter anderem ein höheres Vermögen besitzen dürfen

Was genau im Gesetzentwurf für das Bürgergeld steht, über den der Bundestag heute abstimmt, haben wir hier für Sie zusammengefasst.

Was stört die Union an den Bürgergeld-Plänen?

Die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) haben in der Union für breite Kritik gesorgt. So führte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder an, das Bürgergeld würde zu sozialen Verwerfungen führen. Menschen im Niedriglohnbereich hätten in Zukunft weniger Geld zur Verfügung, als Bürgergeld-Empfänger, so der CSU-Politiker. Lesen Sie dazu unsere Berechnung: Arbeiten lohnt sich durch das Bürgergeld nicht mehr – stimmt das?

Auch CDU-Chef Friedrich Merz äußerte sich wiederholt kritisch über das Bürgergeld. Es senke die Anreize, schnell in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Damit spielt Merz zum einen auf die zeitweise Aussetzung der Sanktionen und andererseits auf die höheren Vermögensgrenzen in der Karenzzeit an. "Der Grundsatz des Forderns und Förderns wird durch das Bürgergeld weiter eingeschränkt", sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt der "Augsburger Allgemeinen".

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Kann die Union die Einführung des Bürgergeldes verhindern?

Auch wenn der Bundestag der Einführung des Bürgergeldes bereits zugestimmt hat, kann die Union die Umsetzung unter Umständen noch verhindern. Denn dafür ist eine Zustimmung im Bundesrat nötig. Zwar haben CDU und CSU dort keine Mehrheit, da die Mitglieder aus den jeweiligen Bundesländern aber geschlossen abstimmen müssen, können die Unionsparteien die Abstimmung in allen Ländern, in denen sie an der Regierung beteiligt sind, beeinflussen.

Ob die Bundesratsmitglieder eines Landes mit "Ja" oder "Nein" stimmen, legt in der Regel die jeweilige Landesregierung vorab fest. Da es sich dabei meist um Koalitionen handelt, kann eine Einigung schwierig sein. Die Lösung ist dann oft nur eine Enthaltung, die sich bei der Abstimmung aber wie ein "Nein" auswirkt, weil im Bundesrat ein neutrales Verhalten nicht vorgesehen ist. Lesen Sie auch das Interview: Armutsforscherin warnt – Kein Plus für Empfänger beim Bürgergeld?

Durch diese Besonderheit könnte die Union die Entscheidung von acht Bundesländern, in denen sie derzeit an der Landesregierung beteiligt ist, blockieren. Würden sie alle für "Nein" stimmen oder sich enthalten (und damit indirekt auch für "Nein "stimmen"), wäre das über die Hälfte der Stimmen und das Bürgergeld wäre zunächst gescheitert.

Was passiert, wenn das Bürgergeld im Bundesrat scheitert?

Ein Nein zum Bürgergeld im Bundesrat bedeutet aber noch nicht, dass das Vorhaben der Regierung endgültig abgelehnt ist. Denn wenn Bundestag und Bundesrat sich in Bezug auf ein Gesetz uneinig sind, kann der gemeinsame Vermittlungsausschuss beider Parlamentskammern eingeschaltet werden. Dieser besteht aus Mitgliedern beider Organe und ist dazu gedacht, eine Einigung zu finden.

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Was bedeutet der Streit für Hartz-IV-Empfänger?

Viele Menschen sind von dem Hin und Her beim Bürgergeld genervt. Durch die Ungewissheit, ob die Reform umgesetzt wird, können sich etwa die Jobcenter nicht auf die Umstellung vorbereiten. Ähnlich ist es bei Hartz-IV-Empfängerinnen und -Empfängern. Sie wissen nicht, ob sie bald tatsächlich mehr Geld erhalten, oder ob es zunächst bei den Hartz-IV-Sätzen bleibt.

Sollte es tatsächlich zu einer Blockade des Bürgergelds im Bundesrat kommen, würde sich für Menschen, die Grundsicherung erhalten, zunächst nämlich nichts ändern. Bis zu einer Einigung bliebe es bei Hartz IV und den etablierten Regeln. Die monatlichen Zahlungen könnten aber dennoch steigen: Die Union ist zwar gegen das Bürgergeld, hat sich aber für eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze ausgesprochen. (mit dpa)

Dieser Artikel erschien zuerst bei morgenpost.de.