Washington. Donald Trump hält die “Grand Old Party“ fest im Würgegriff. Wer bei den Republikanern aufsteigen will, kommt an ihm nicht vorbei.

Wenn Robert Kagan, der einst republikanische Präsidenten außenpolitisch beraten hat, seine frühere Partei charakterisieren soll, wechselt er ins Horror-Fach: „Sie ist ein Zombie. Ihre einzige Rolle besteht darin, williger Helfer bei der Manipulation des Wahlsystems zu sein, um Donald Trumps Rückkehr an die Macht zu sichern.“ Kagan, einer der profiliertesten Neokonservativen der USA, steht mit seinem Urteil nicht allein.

Charly Sykes vom konservativen Medien-Portal „Bulwark” empfindet sich als politisch heimatlos: Die Republikaner seinen „zu einem autoritären Kult verkommen, allein zugeschnitten auf Donald Trump.”

Republikaner: Wer vorankommen will, muss Trump ergeben sein

Nach Sykes` und Kagans Analyse hat Trump es vermocht, mit Millionen treuer Anhänger und entsprechenden Umfragen im Rücken, trotz massiver Niederlagen die einst stolze Partei, in der Namen wie Ronald Reagan oder George H.W. Bush Mainstream verhießen und Anschlussfähigkeit an den moderaten Teil der Demokraten, zu entkernen – was viele moderate Wählerschichten zur Flucht veranlasst habe.

Wer heutzutage in der Partei vorankommen wolle, müsse fast als Bedingung extrem, radikal, rücksichtslos und 100-prozentig Trump ergeben sein.

Viele Abgeordnete gehören zum extrem rechten Flügel

Leute wie Marjorie Taylor Greene aus Georgia, Lauren Boebert aus Colorado, Matt Gaetz aus Florida und Paul Gosar aus Arizona machen es vor. Auf das Konto der auf der extremen Rechten der Partei angesiedelten Abgeordneten gehen Dutzende aufhetzende, rassistische, antisemitische, islamfeindliche oder gegen Schwule und Transgender gerichtete Äußerungen.

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Noch vor zehn Jahren hätte dies bei den Republikanern zu internen Strafmaßnahmen und Degradierungen geführt. Oder das Partei-Establishment hätte durch Intervention frühzeitig dafür gesorgt, dass solche Persönlichkeiten gar nicht erst auf den Wahlzettel gelangen.

Heute ist es nahezu umgekehrt: Taylor-Greene, die manchen Demokraten bereits die Todesstrafe an den Hals gewünscht hat, hat sich die Gunst Trumps und damit ein stolzes Spendenaufkommen erworben. Sie wird im neuen Kongress ab Januar mit Positionen in wichtigen Ausschüssen bedacht.

Wenn nicht, würde ihr Hinterland Kevin McCarthy, dem eventuellen neuen republikanischen Sprecher des Repräsentantenhaus im Falle eines Wahlsieges, die Hölle heiß machen.

Die Abgeordnete sieht Trump als Opfer „des größten Wahlbetrugs“

Von Taylor-Greene kommen Vorwürfe wie diese: Juden hätten mit Weltraumlasern die schlimmen Waldbrände in Kalifornien ausgelöst. Erst kürzlich kündigte sie im Beisein Trumps in Iowa an, dass die Ukraine im Krieg gegen Russland künftig „keinen Penny” mehr aus den USA erhalte. Es versteht sich von selbst, dass die 48-Jährige aus Georgia Joe Biden für illegitim hält und Trump als das Opfer des „größten Wahlbetruges in der amerikanischen Geschichte” sieht.

Und so gut wie niemand im republikanischen Umfeld widerspricht. Begründung von Abgeordneten hinter vorgehaltener Hand: „In meinem Bundesstaat stehen 80 Prozent und mehr hinter Trump. Ihn zu kritisieren oder gar zu bekämpfen, wäre politischer Selbstmord.”

Liz Cheney ist Trumps prominentestes Opfer

Opfer gibt es zu genüge. Liz Cheney, Tochter des ehemaligen Vizepräsidenten Dick Cheney und konstant die hartnäckigste Anti-Trumperin, hat für ihre unerschrockene Arbeit im U-Ausschuss zum von Trump choreographierten versuchten Staatsstreich am 6. Januar 2021 den ultimativen Preis bezahlt: Sie verlor ihr Abgeordneten-Mandat, weil Trump im Bundesstaat Wyoming eine ihm loyale Parteigängerin protegiert hat.

Solange Trump die Partei im „Würgegriff” halte, könnten die Republikaner nicht genesen, sagen Kagan wie Sykes.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de