Berlin. Ex-Diplomat Issacharoff hat die „Holocaust“-Äußerungen von Palästinenser-Chef Abbas scharf kritisiert. Dahinter stecke „Feindschaft“.

Jeremy Issararoff war von 2017 bis 2022 Israels Botschafter in Deutschland. Er sieht in den „Holocaust“-Äußerungen von Palästinenserchef Mahmud Abbas ein „Erbe von fortgesetztem Konflikt und Feindschaft“. Kurz vor dem 50. Jahrestag der Olympia-Attentate von München richtet er einen Appell an die politische Führung in Deutschland.

Wie reagiert Israel auf die Äußerung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas, dass Ihr Land den Palästinensern „50 Holocausts“ zugefügt habe?

Jeremy Issacharoff: Die Aussagen von Mahmud Abbas sind verwerflich, eine Entstellung der Geschichte und moralisch schändlich. Ganz Israel war quer durch das gesamte politische Spektrum empört – nicht nur über diese Behauptungen, sondern auch, dass diese in Deutschland gemacht wurden.

Diese Erklärungen durch den Führer der Palästinenser belegen klar ein Erbe von fortgesetztem Konflikt und Feindschaft, als dass ein Pfad zur Versöhnung zwischen Israel und den Palästinensern gewählt würde. Diese Worte sind erschreckend und sollten unmittelbar zurückgewiesen werden.

Wie konnte das passieren?

Issacharoff: Dies ist eine Zeit, in der wir uns Gedanken machen sollten, wie wir bei der israelisch-palästinensischen Frage vorankommen können. Es ist völlig unangebracht, dass Abbas die Begriffe „Apartheid“ und „Holocaust“ benutzt hat.

Er hat damit einen elementaren Mangel an Verständnis offengelegt, was dem jüdischen Volk im Holocaust widerfahren ist und was das Wort „Apartheid“ bedeutet. Die Situation zwischen Israel und den Palästinensern ist kompliziert genug, ohne dass Abbas diese grundlose und spaltende Rhetorik benutzt.

Israels Ex-Botschafter Jeremy Issacharoff be einer bei der Feierstunde in der Berliner Gedenkstätte ·Stille Helden.
Israels Ex-Botschafter Jeremy Issacharoff be einer bei der Feierstunde in der Berliner Gedenkstätte ·Stille Helden. © dpa | Arne Immanuel Bänsch

Hätte Bundeskanzler Olaf Scholz gleich nach Abbas’ Äußerungen intervenieren sollen?

Issacharoff: Ich habe an der Pressekonferenz im Kanzleramt nicht teilgenommen. Es gab danach Reaktionen von Bundeskanzler Scholz und von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Das Wichtigste ist: Diese Dinge hätten von vornherein niemals gesagt werden dürfen - egal wo, und bestimmt nicht in Deutschland.

Das ist ein unglaublicher Mangel an Sensibilität und ein Unverständnis für die tragische Geschichte des jüdischen Volkes während des Zweiten Weltkriegs. Und es ist auch ein Unverständnis für den deutschen Respekt für das Gedenken an den Holocaust sowie die Zurückweisung der Leugnung des Holocausts. Ich glaube, dass die politische Führung in Deutschland zu diesen Grundsätzen stehen wird.

Was erwarten Sie jetzt von der deutschen Regierung?

Issacharoff: Zuallererst sollte Mahmud Abbas seine abscheulichen Aussagen klar widerrufen. Die internationale Gemeinschaft sollte ihn dementsprechend unter Druck setzen – zumal wir uns dem 50. Jahrestag der Olympischen Spiele von München nähern, bei denen israelische Athleten durch palästinensische Terroristen ermordet wurden.

Man würde erwarten, dass die deutsche Regierung palästinensischen Terror gegen israelische Zivilisten weiterhin klar zurückweist. Und dass sie weiterhin unmissverständlich gegen jene Position bezieht, die den Holocaust leugnen oder für ihre eigenen politischen Zwecke verfälschen.