Berlin. Der Ukraine-Krieg weckt Erinnerungen an den Abschuss von Flug MH17. So reagieren die Fluggesellschaften auf den russischen Einmarsch.

Für die Passagiere eines Air-India-Fluges von Delhi nach Kiew endete der Flug Donnerstagfrüh nach rund fünf Stunden dort, wo er begonnen hatte. Die Boeing 787 war gerade irgendwo über dem Iran, als russische Truppen ihren Angriff auf die Ukraine starteten. Der Flieger drehte auf halber Strecke um.

Inzwischen ist der Luftraum über dem Land für alle zivilen Flüge gesperrt. Erinnerungen werden wach an eines der schwersten Unglücke der zivilen Luftfahrt, als 2014 Flug MH17 mit 298 Menschen an Bord über der Ostukraine abgeschossen wurde.

Auf Flugradarseiten wie Flightradar24 ist seit Donnerstagmorgen rund um die Ukraine, Belarus, die Republik Moldau sowie das russische Rostow am Don nur noch ein großes Loch zu sehen. Kein einziges ziviles Flugzeug ist nach einer Warnung der europäischen Flugsicherheitsbehörde Easa und der Sperrung der Lufträume in dieser Region unterwegs. Die Easa warnte vor erhöhter militärischer Aktivität, bei der auch Mittelstreckenraketen aufsteigen könnten.

Umweg über die Türkei

Airlines sollen nun mindestens 100 nautische Meilen, rund 185 Kilometer, Abstand zur Konfliktregion halten. Jets in Richtung Asien reihen sich jetzt wie an einer Perlenschnur auf einer Route über den Balkan und die Türkei aneinander.

Am Nachmittag haben das Bundesverkehrsministerium und das Luftfahrt-Bundesamt ein Flugverbot für in Deutschland registriertes Fluggerät für die Ukraine erlassen. Mit einer schnellen Entspannung wird offenbar nicht gerechnet. Die Anweisung gilt zunächst für vier Wochen, die Warnung der Easa sogar bis Ende Mai. Möglich sind nur noch Flüge für humanitäre Zwecke.

Die Lufthansa hatte bereits am Montag ihre Flüge nach Kiew und Odessa eingestellt. Seit Donnerstag ist nun auch die letzte Verbindung nach Lwiw gestrichen, teilte Europas größter Airline-Konzern mit.

Pilotengewerkschaft: Lage kontinuierlich neu bewerten

Überflüge über den ukrainischen Luftraum finden nicht statt, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion. „Lufthansa verfolgt die Lage weiterhin intensiv und steht mit nationalen und internationalen Behörden im engen Austausch.“ Der deutsche Ferienflieger Tuifly erklärte auf Nachfrage, dass es derzeit keine Flüge über die Krisenregion gebe.

Der Ukraine-Konflikt ist untrennbar verbunden mit einer der größten Kata­strophen der Luftfahrt. Am 17. Juli 2014 explodierte eine russische Rakete direkt neben einer Boeing 777 über der Ostukraine. Alle 298 Menschen an Bord kamen ums Leben. Auch damals gab es Krieg in der Region. Das erschwerte die Bergungs- und Ermittlungsarbeiten.

Obwohl erst wenige Tage zuvor ein Frachtflugzeug über der Ukraine abgeschossen worden war, flogen die meisten Fluggesellschaften aus Kostengründen weiterhin über das Kriegsgebiet. Erst der Absturz von Flug MH17 änderte die Einstellung zur Routenführung über Krisengebiete. Kurz zuvor war bereits eine andere Boeing 777 von Malaysia Airlines abgestürzt. Flug MH370 gibt bis heute Rätsel auf.

Die Sicherheitsexperten der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit haben wegen der Eskalation in der Ukraine am Donnerstag dazu aufgerufen, dass sich die Sicherheitsbehörden, Airlines und Pilotenverbände über ihre aktuellen Risikobewertungen austauschen. Dies ermögliche eine transparente Entscheidungsfindung bei der Wahl der Flugrouten.

Dabei geht es nicht nur um die Ukraine, sondern auch um Russland. „Da es sich aus unserer Sicht um eine hochdynamische Situation handelt, halten wir es für wichtig, die Lage in Bezug auf den russischen Luftraum kontinuierlich neu zu bewerten, idealerweise in enger Zusammenarbeit mit den entsprechenden Behörden“, sagte eine Sprecherin unserer Redaktion.

Ukraine-Krieg – Hintergründe und Erklärungen zum Konflikt