Berlin. Eine Studie hat in acht Ländern Unterschiede beim Umgang mit dem Coronavirus erforscht. Demnach nehmen Frauen die Pandemie ernster.

Frauen gehen anders als Männer mit der Coronavirus-Pandemie um. Das zeigen Befunde des Mailänder Sozialwissenschaftlers Vincenzo Galasso. Er und sein Team haben Ende März mehr als 21.000 Menschen aus acht Industrieländern – darunter auch Deutschland und Österreich – zu ihren Einstellungen befragt.

Studie: Frauen sehen Corona häufiger als Gesundheitsproblem

Es stellte sich heraus, dass Frauen in allen Ländern die Krankheit Covid-19 häufiger als Gefahr für die Gesundheit ansahen. Insgesamt hielten 59 Prozent der Frauen die Erkrankung für ernst, aber nur 49 Prozent der Männer, wie die Forscher im Fachmagazin PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) schreiben.

Frauen stimmten den Maßnahmen gegen die Pandemie außerdem häufiger zu und gaben öfter an, ihnen Folge zu leisten: 88 Prozent der Frauen folgten laut der Studie den aktuellen Empfehlungen – und nur 83 Prozent der Männer. Die Wissenschaftler haben sozioökonomische und weitere Faktoren wie politische Einstellungen und Vertrauen in Wissenschaft herausgerechnet, um auszuschließen, dass die Antworten der Frauen lediglich ihre größere Verletzlichkeit widerspiegeln.

Corona: Männer erleiden öfter schweren Covid-19-Verlauf als Frauen

Frauen werden älter, sind in ihren späten Jahren häufiger krank und damit anfälliger für Covid-19. Sie arbeiten womöglich häufiger in Jobs, die von der Pandemie bedroht sind, und haben eher Geldsorgen. Doch auch nachdem die Forscher diese Faktoren ausschlossen, blieben die Unterschiede zwischen Frauen und Männern bestehen.

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Selbst wenn die Befragten die Wirkung des Virus schon mit angesehen hatten, wenn sie selbst erkrankt oder in ihrer unmittelbaren Umgebung einen Fall erlebt hatten, blieb es bei den Unterschieden. Mit dem Alter wuchs die Lücke in den Einstellungen der Geschlechter noch.

Ob die Unterschiede mit erklären können, warum Männer weltweit tendenziell öfter einen schwereren Covid-19-Verlauf erleiden, ist nicht geklärt. Als Ursache für dieses Phänomen werden eine Reihe Faktoren diskutiert, darunter biologische Gegebenheiten wie eine unterschiedliche Funktionsweise des Immunsystems. Aber auch Verhaltensweisen könnten eine Rolle spielen. Männer rauchen beispielsweise häufiger und scheinen sich generell eher ungern mit der eigenen Gesundheit zu beschäftigen.

Covid-19: Frauen scheinen die besseren Corona-Krisenmanagerinnen zu sein

Die Beobachtung passt zu einem Phänomen, das bereits seit Wochen Thema in den sozialen Medien ist: Länder, die bisher vergleichsweise glimpflich durch die Corona-Pandemie gekommen sind, werden von Frauen regiert; beispielsweise Deutschland mit Bundeskanzlerin Angela Merkel oder Neuseeland mit Regierungschefin Jacinda Ardern.

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Dagegen stehen Staaten, die hohe Fall- und Todeszahlen verzeichnen, unter der Regentschaft von Männern, die eine stereotype Maskulinität an den Tag legen – wie etwa US-Präsident Donald Trump, den britischen Premierminister Boris Johnson oder den brasilianischen Regierungschef Jair Bolsonaro, die die Pandemie zeitweise oder stetig herunterspielten und selbst infiziert waren.

Die Forscher um Vincenzo Galasso fordern auf der Grundlage ihrer Befunde, Kommunikation geschlechtsspezifisch auszurichten, um mehr Männer zu erreichen und sie so vor einer Infektion mit dem Coronavirus zu bewahren.

(amw)