Washington. US-Präsident Donald Trump geht in sein letztes Amtsjahr. Die Ukraine-Affäre und eine ökonomische Abwärtsspirale erschweren eine Wiederwahl.

Die Börse brummt. Arbeitslosenquoten niedrig wie nie. Geringe Inflation. Süffige Benzinpreise. Steuer-Senkungen auch für „Joe Average”, den kleinen Mann. Weniger Bürokratie für die Wirtschaft. Das Militär aufgerüstet. Über 100 konservative Juristen für Jahrzehnte an wichtige Gerichte gebracht. IS-Terror-Chef Baghdadi neutralisiert.

Eine Kern-Wählerschaft, die alles vergibt. Ein Gegner, der sich zwischen Links und Mitte zerreibt und keinen Herausforderer parat hat, der dem US-Präsidenten das Fürchten lehrt. Nach Lehrbuch müsste, um in der Sprache des neuen Baseball-Champions „Washington Nationals” zu bleiben, der Wahltag in einem Jahr (3.11.2020) für Donald Trump ein „homerun” werden.

Donald Trump betreibt Erregungs-Demokratie

Vor allem dann, wenn man sich – als Gedanken-Experiment – den Mann im Weißen Haus einmal weniger aggressiv, weniger hetzend, weniger lügend vorstellt. Und ohne sein lautestes Instrument in einer Erregungs-Demokratie: die Twitter-Posaune. Aber das Gedanken-Experiment geht an der Realität meilenweit vorbei. „Trump kann nur Chaos. Und Ego. Und Konfrontation”, sagen Politik-Dozenten der Georgetown-Universität in Washington, „er hat das Land einem Stresstest sondersgleichen unterzogen.”

Trotz positiver Eckdaten konnte der 73-Jährige seinen Fan-Kreis über 40 Prozent plus x nicht ausdehnen. Auch unter seinen Anhängern, etwa moderat-republikanischen Frauen in den Vorstädten, mehren sich die Erschöpfungszustände. Viele suchen nach der Pause-Taste. Aber statt Entspannung droht mehr Eskalation.

Der Präsident spricht von einer „Hexenjagd“

Wie viele Indizien belegen, hat Trump eine fremde Macht (Ukraine) gedrängt, ihm bei seiner Wiederwahl zu sekundieren. Indem sie „Schmutz“ über einen möglichen Kontrahenten (Joe Biden) zutage fördert. Um dem Wunsch Nachdruck zu verleihen, wurde auf Trumps Geheiß Millionenschwere Militärhilfe zurückgehalten.

Was wie der Erzählstrang eines Hollywood-Thrillers klingt, wird aller Voraussicht nach bis weit ins Wahljahr hinein fast den gesamten politischen Sauerstoff Washingtons aufbrauchen. Überschrift: Amtsmissbrauch. Korruption. Trumps konträre Lesart: „Hexenjagd”, „Lynch-Justiz“, „Angriff auf die Demokratie an sich.” Revolte der „Landesverräter”, „Feinde des Volkes”, kurzum: der Demokraten.

Sie schicken sich an mit knapp über 50 Prozent Rückendeckung in der Bevölkerung an, Trump ins Feuer eines Amtsenthebungsverfahren zu schicken. Kreuzverhöre. Dementis. Ausflüchte. Alles bald öffentlich. Live im Fernsehen. Und das über Wochen. So einen Kampf der Institutionen hat es zuletzt unter Richard Nixon und Bill Clinton gegeben.

Trumps Schutzwall gegen eine Amtsenthebung: der Senat

Welche Dynamik sich daraus entwickelt, ob der republikanische Schutzwall in der entscheidenden Instanz hält, im Senat, ist verlässlich nicht zu sagen. Wechseln im „Oberhaus“ nicht 20 Republikaner die Seiten, kann Trump nichts passieren. Derzeit ist die Aufmerksamkeit ungleich verteilt.

Leitmedien, politische Klasse, demokratische und auch viele unabhängige Wähler verfolgen die Causa Ukraine in Echtzeit. Weite Teile des Landes haben entweder ab- oder noch nicht eingeschaltet. „Viel zu weit weg von den Themen des Alltags”, sagte ein Wähler aus Pittsburgh dieser Zeitung. Die Affäre kann Trump fällen. Oder beflügeln.

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Diese Schlüsselfaktoren bringen Trump in Gefahr

Bringen die Republikaner im Senat nicht den Mumm auf, ihn zu demontieren, ist ein Szenario denkbar, das die Demokraten gehörig nervös macht: Trump unterliegt nach Wählerstimmen wie schon 2016 gegen Hillary Clinton. Schafft aber durch Wimpernschlag-Siege in Schlüsselstaaten wie Pennsylvania, Wisconsin und Michigan erneut eine Mehrheit im Wahlmänner-Gremium (electoral college). Und damit die Grundlage für ein Weiterregieren bis Januar 2025.

Allan Lichtman, Politikprofessor an der American University in der Hauptstadt, hat seit 1984 alle Präsidentschaftsrennen anhand von 13 Schlüsselfaktoren vorhergesagt. Mindestens sechs müssten die Demokraten vorweisen, um Trump in Gefahr zu bringen, sagt er.

Derzeit sieht der Wissenschaftler laut Medienberichten erst vier:

  • Die Machteroberung der Demokraten bei den Zwischenwahlen 2018 im Kongress,
  • Trumps Skandale und Pannen,
  • Seine mangelnde Ausstrahlungskraft auf neue Wählerschichten,
  • Und eine außenpolitische Bilanz, die von Nordkorea über Iran bis zum Zollstreit mit China und der EU bestenfalls Schwebezustände geschaffen hat.

Der Kohle-Krise und der Handelskrieg könnten Stimmen kosten

Was noch fehlt als „Sturz-Faktor”, ist eine Eintrübung der Wirtschaft, wofür Ökonomen 2020 Anzeichen sehen. Jüngstes Beispiel ist die Schließung von acht großen Kohle-Unternehmen binnen eines Jahres. Und das Klagen der Bauern, die unter dem Handelskrieg mit China leiden.

Trump hatte der fossilen Industrie eine Wiederauferstehung versprochen und dazu Umweltgesetze aus der Obama-Zeit radikal gestrichen. Die globale Marktlage steht dagegen. Kohle ist ein Auslaufmodell. Würden die „coal miner” den Präsidenten für ihren x-ten Niedergang verantwortlich machen, könnte ihn das wichtige Stimmen kosten. Und den Sieg.

Warum Trump auf einen schnellen Deal mit China drängt

Ähnlich kann sich die Situation bei den Landwirten entwickeln, heißt es in Regierungskreisen. Du

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    ch den Zwist mit Peking ist der Rückgang beim Export-Schlager Sojabohnen – von zwölf Milliarden Dollar in 2017 auf 2,5 Milliarden in 2018 – gewaltig geworden. Die Zahl der Höfe, die Bankrott anmelden mussten, erreichte im September den höchsten Stand seit 2011.

    Obwohl Trump den Bauern rund 28 Milliarden Dollar Kompensation aus der Steuerkasse zugesagt hat; mehr als doppelt so viel wie Vorgänger Obama 2009 benötigte, um der siechen Automobil-Industrie auf die Beine zu helfen. Auch darum drängt Trump auf einen schnellen Deal mit Chinas Präsident Xi Jinping, der gesondert die Soja-Exporte aus den USA reaktivieren soll. Republikanische Kongress-Abgeordnete aus dem Mittleren Westen haben das Weiße Haus gewarnt: „Die Bauern verlieren langsam die Geduld.”