Berlin. Der Keim-Skandal bei Wilke-Wurst wirft Fragen zu Listerien auf. Wer ist anfällig? Wie gefährlich sind die Bakterien? Alle Antworten.

Es ist einer der größten Lebensmittelskandale des Jahres – der Hersteller Wilke verkaufte Wurst, die mit Listerien befallen war. Es gab Todesfälle. Nun geht es vor allem um die Frage, wer wo und wann versagt hat – denn offenbar verging viel Zeit zwischen der ersten Meldung und der Schließung des Betriebs.

Doch was sind Listerien überhaupt? Für wen sind sie gefährlich? Und wie kann man sich schützen? Wir beantworten alle wichtigen Fragen.

Was sind Listerien?

Bakterien in Stäbchenform. Man nennt sie „Nischenkeim“, weil sie sehr widerstandsfähig sind, zum Beispiel auch tiefgefroren und trocken recht hohe Überlebenschancen haben – also in Existenznischen, in denen sonst viel abstirbt, das dem Menschen schaden kann. Unter den sieben bekannten Spezies ist die Listeria monocytogenes, die für Mensch und Tier problematischste Form. Das wäre dann auch die Variante, die über Wilke-Produkte verbreitet wurde.

Wo kommen Listerien vor?

Listeria monocytogenes sowie die übrigen Listeria-Spezies sind laut Robert-Koch-Institut weltweit verbreitet, sie sind Teil der Umwelt. Das heißt, es gibt sie:

  • in der Erde und somit auch auf Pflanzen,
  • in Abwässern,
  • im landwirtschaftlichen Bereich, dabei häufig in Tierfutter, besonders in verdorbener Silage,
  • im Kot von Tieren,
  • sogar im Stuhl gesunder Menschen.

Wer ist besonders gefährdet?

Wie bei allem, was das Immunsystem angreift, sind vor allem Kinder und ältere sowie krankheitsbedingt geschwächte Menschen besonders gefährdet. Auch Schwangere zählen zu den Risikogruppen. Laut Robert-Koch-Institut haben zehn Prozent aller Listerien-Meldefälle einen Bezug zu Schwangerschaften, „wobei in dieser Berechnung sowohl die Mutter als auch das Neugeborene einfließen.“

Warum ist eine Infektion bei Schwangeren besonders gefährlich?

Die Mutter selbst kann völlig unbemerkt Listerien bekommen, aber auch krank werden. Die deutlich größere Gefahr besteht für das Kind – es kann kurz nach der Geburt einen Atemstillstand erleiden, ebenso eine Blutvergiftung sowie Hautprobleme. Bekommt ein Kind nicht schon im Mutterleib, sondern auf dem Weg hinaus die Bakterien ab, kann es zu einer Hirnhautentzündung führen.

Wie häufig sind Listerien?

Listerien können sich auch in Käse befinden.
Listerien können sich auch in Käse befinden. © imago stock&people | imago stock&people

Das Bundesinstitut für Risikobewertung hat eine Studie zum Thema gemacht:

  • Nach Eingang der Proben im Labor wurde insgesamt bei 29 (6,1 %) der 474 untersuchten Proben von Räucherfisch und Graved-Fisch Listeria monocytogenes nachgewiesen. Bei Ablauf des MHD erhöhte sich diese Rate auf 8,4%.
  • Bei insgesamt 6 (0,7 %) der 829 untersuchten Proben von Weichkäse und halbfestem Schnittkäse wurde bei Ablauf des MHD Listeria monocytogenes nachgewiesen.
  • Bei 18 (2,0 %) der 915 untersuchten Proben von wärmebehandelten Fleischerzeugnissen wurde Listeria monocytogenes bei Ablauf des MHD nachgewiesen.

• Riesiger Rückruf bei Wilke: 1100 Produkte sind betroffen

Was verursacht Listerien bei Menschen?

In aller Regel werden die Listerien über Lebensmittel aufgenommen. Betroffen sind nicht nur Wurstwaren, sondern alle Arten von Fleischerzeugnissen, auch Fisch (vor allem geräucherter) und Geflügel können Listerienherde sein. Milch und Milchprodukte können die Bakterien enthalten, aber auch vegane/vegetarische Produkte wie etwa vorgeschnittener Salat.

„Eine Kontamination dieser Lebensmittel mit Listerien kann dabei auf verschiedenen Stufen der Gewinnung und Bearbeitung erfolgen, z.B. beim Melken, beim Schlachten oder durch eine Kontamination über die Umwelt“, erklärt das Robert-Koch-Institut.

Was sind die Symptome, wenn man Listerien hat?

Je nachdem, wie stark sich die Listerien auswirken, können Betroffene Symptome einer Grippe beziehungsweise eines Magen-Darm-Effekts haben. Die „Apotheken-Umschau“ hat gängige Symptome zusammengetragen:

  • Zu Beginn oft grippeähnliche Beschwerden (Fieber und Muskelschmerzen),
  • unter Umständen kommen Erbrechen und Durchfälle hinzu.
  • Grundsätzlich kann es zu eitrigen Entzündungen verschiedenster Organe kommen.
  • Am häufigsten sind dann Hirnhautentzündung (Meningitis) und Blutvergiftung (Sepsis),
  • seltener Entzündungen des Gehirns (Enzephalitis), der Herzklappen (Endokarditis), der Gelenke (Arthritis) und der Bindehäute (Konjunktivitis).

Sind Listerien ansteckend?

Ja.

Wie wird Listeriose behandelt?

Die übliche Behandlung beinhaltet die Gabe eines Antibiotikums. Üblich ist die Gabe von Antibiotikum Ampicillin mobiniert mit einem Aminoglykosid.

Was geschieht bei einem Ausbruch?

Produkte von Wurst-Wilke sind mit Listerien verseucht. Derzeit wird untersucht, warum es so lange dauerte, bis Behörden auf Hinweise reagierten.
Produkte von Wurst-Wilke sind mit Listerien verseucht. Derzeit wird untersucht, warum es so lange dauerte, bis Behörden auf Hinweise reagierten. © dpa | Uwe Zucchi

Das Robert-Koch-Institut erklärt das Vorgehen für den Arzt/zuständige Behörden:

  • Das zuständige Gesundheitsamt muss im Rahmen der Meldepflicht über auftretende Listeriosen unterrichtet werden, um Ausbrüche frühzeitig erkennen und Maßnahmen zu deren Eindämmung einleiten zu können.
  • Bei Verdacht auf Lebensmittelinfektionen sollte unbedingt eine Zusammenarbeit mit den Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsbehörden erfolgen.
  • Nach Möglichkeit sollten Lebensmittel aus Kühlschränken der Patientenhaushalte asserviert und durch das zuständige Lebensmitteluntersuchungsamt untersucht werden.
  • Isolate aus Lebensmitteln sollten an das Nationale Referenzlabor für L. monocytogenes im BfR geschickt werden.

Wie lange bleiben Listerien im Körper?

Sie lassen sich noch über Monate im Stuhl infizierter Menschen nachweisen.

Wie gehe ich mit Menschen um, die Listerien haben?

„Eine Isolierung Betroffener ist nicht erforderlich“, schreibt das Robert-Koch-Institut in seinem Listeriose-Ratgeber. Auch „spezielle Maßnahmen für Kontaktpersonen sind nicht erforderlich“.

Wie schütze ich mich?

Eine gute Hygiene hilft. Das beginnt in der Küche, indem Lebensmittel gewaschen werden, auch die Geräte zur Verarbeitung stetig gereinigt werden. Rohes Fleisch sollte von anderen Zutaten entfernt aufbewahrt und zubereitet werden. Putzlappen und Handtücher gehören idealerweise in die Kochwäsche. Auch im Bad ist Hygiene wichtig – vor allem ordentliches Händewaschen. Waschmaschinen können resistente Keime verbreiten.

Wo außer bei Wilke gab es Probleme?

Aldi musste eine „Schinken-Rotwurst“ zurückrufen. Bei Netto war Corned Beef betroffen. Auch der Verzehr von Mett kann gefährlich sein. In Südspanien gab es wie in Deutschland Tote nach einem Listeriose-Ausbruch. (ses)