Berlin. Am 5. Juni startet die Vox-Serie „Das Wichtigste im Leben“ mit Jürgen Vogel. Ein Interview darüber, was wirklich wichtig ist im Leben.

Mit der Serie „Das Wichtigste im Leben“ (ab 5. Juni auf Vox) taucht Jürgen Vogel in das turbulente Auf und Ab eines Familienlebens ein. Im Gespräch bekommt man den Eindruck, dass der 51-Jährige in seinem privaten Alltag als Vater noch viel mehr außer Atem gerät. Zum Glück kann er sich aber noch eine Auszeit nehmen, selbst wenn die mit stundenlangen Schmerzen verbunden ist.

Ihre neue Familienserie trägt einen bedeutungsvollen Titel. Kann man beim Schauen erfahren, was „Das Wichtigste im Leben“ ist?

Jürgen Vogel: Ich will keine Weisheiten verteilen, das ist nicht mein Ehrgeiz. Aber in der Serie stecken viele Details, die man aus dem realen Leben kennt. Zum Beispiel, dass du etwas von deinen Kindern erwartest und die dir dann einen Strich durch die Rechnung machen. Du kannst große Pläne aushecken, aber die lassen sich nicht umsetzen, weil Kinder ihren eigenen Kopf haben.

Jürgen Vogel bei der Republica in Berlin.
Jürgen Vogel bei der Republica in Berlin. © dpa | Britta Pedersen

Wie kann man dann Kinder erziehen?

Vogel: Es geht darum, dass du etwas vorlebst. Kinder gucken dir vieles ab. Du musst dir immer bewusst sein, dass dein Verhalten Auswirkungen hat.

Wenn Sie als Vater stets auf Ihr Verhalten achten müssen, wie hat Sie das verändert?

Vogel: Das kann ich schwer sagen, weil ich mich analytisch nie so betrachte. Ich bin nicht so sehr an mir interessiert. Außerdem habe ich gar nicht so viel Zeit, ständig über mich nachzudenken.

„Das Wichtigste im Leben“: Kurt Fankhauser (Jürgen Vogel), Philipp Fankhauser (Sidney Holtfreter), Theo (David Gru·ttner), Sandra (Bettina Lamprecht) und Luna (Bianca Nawrath) mit Hund Fredo.
„Das Wichtigste im Leben“: Kurt Fankhauser (Jürgen Vogel), Philipp Fankhauser (Sidney Holtfreter), Theo (David Gru·ttner), Sandra (Bettina Lamprecht) und Luna (Bianca Nawrath) mit Hund Fredo. © dpa | Martin Rottenkolber

Warum?

Vogel: Weil ich wahnsinnig viel arbeite und viele Kinder habe. Ich bin die ganze Zeit dabei, andere glücklich zu machen. Ich bin damit beschäftigt, zu kochen, sauber zu machen, Pausenbrote zu schmieren, die Kinder zur Schule zu bringen. Das fordert mich voll, und daher sitze ich nicht die ganze Zeit und grüble: Wie fühle ich mich jetzt? Was will ich heute machen?

Haben Sie kein Bedürfnis nach einer Auszeit?

Vogel: Habe ich. Aber das habe ich mittlerweile seit 35 Jahren. Das heißt also nicht, dass ich das erfüllen muss.

Heißt das, dass Sie sich irgendwann vollends aufopfern?

Vogel: Es gibt schon ab und zu mal einen schönen entspannten Tag. Aber das sind Zufallstreffer. Jetzt zum Beispiel fahre ich für eine Nacht und zwei Tage zu meinem Tätowierer nach Neustrelitz und freue mir einen Ast ab. Da verbringe ich wahrscheinlich acht Stunden, die sind wahnsinnig schmerzhaft, aber es ist Zeit für mich. Und ich kann das machen, was ich seit langem tun wollte – nämlich eine Tätowierung auszuschattieren. Das ist ein richtiger Luxus für mich.

Wie lange werden Sie das mit Ihren Tätowierungen weitermachen? Bis kein freier Fleck Haut mehr übrig ist?

Vogel: Nein, wir machen nur noch den anderen Arm fertig – dann ist gut. Es geht nur noch ums Finetuning.

Würden Sie auf eine der Tätowierungen verzichten wollen?

Vogel: Nein. Jede hat eine Bedeutung. Alles davon hat einen Sinn.

Jürgen Vogel hat bereits häufiger den Bösewicht gespielt.
Jürgen Vogel hat bereits häufiger den Bösewicht gespielt. © dpa | Britta Pedersen

Was war die letzte?

Vogel: Eine japanische Geistermaske. Eine tolle Figur.

Können wir daraus Rückschlüsse auf Ihr Leben ziehen?

Vogel: Das werde ich nicht verraten. Da sind natürlich viele Sachen drin, die mit mir zu tun haben, was nicht heißt, dass ich das alles erlebt habe. Manche Tätowierungen reflektieren einfach Erkenntnisse, die ich für mich gewonnen habe.

Heutzutage gewinnen viele Leute ihre Erkenntnisse aus dem Internet. Auch in der Serie hängen manche Charaktere an ihren Tablets und Smartphones. Wie ist es bei Ihnen?

Vogel: Ich will mich von nichts abschotten, aber ich habe zum Beispiel kein Instagram, weil mir das zu anstrengend ist. Ich habe eine Fan-Facebook-Seite, aber die nervt mich auch manchmal. Gerade wenn es um was Politisches geht, wird es heikel. Ich habe keinen Bock auf das Gesocks, das sich so unerzogen und respektlos äußert. Jeder hat eine Meinung, und die ist immer negativ. Da tummeln sich viele Arschlöcher, die plötzlich ein Sprachrohr bekommen haben. Deshalb poste ich nur alle paar Monate, wenn ein Film von mir oder etwas anderes Bemerkenswertes herauskommt. Die coolen Leute, die meine Fans sind, möchte ich schon gerne informieren.

Kann man mit Serien wie „Das Wichtigste im Leben“ derart negativ denkenden Menschen positive Werte vermitteln?

Vogel: Das weiß ich nicht. Ich mache das, was ich selbst gut und berührend finde. Ich will niemand belehren, das ist nicht meine Aufgabe.

Aber Erzählen kann doch eine Wirkung haben?

Vogel: Bei mir schon. Filme können das Leben verändern. Daran glaube ich ganz stark, aber ob das eine Serie mit denen macht, über die wir gerade geredet haben, das wage ich zu bezweifeln.

Taxi Driver mit Robert De Niro aus dem Jahr 1976.
Taxi Driver mit Robert De Niro aus dem Jahr 1976. © imago/Cinema Publishers Collection | imago

Was hat Sie geprägt?

Vogel: Der Film „Taxi Driver“. Da hatte ich das Gefühl, dass jemand Dinge ausspricht, die ich selbst empfinde und denke. Ich fand es krass, wie jemand Einsamkeit skizzierte. Das hat ein Gefühl der Verbundenheit geschaffen, das sehr berührend für mich war. Und für mich ist eben auch eine Serie wie „Das Wichtigste im Leben“ sehr bewegend.

Die Serie scheint auszusagen, dass eigentlich die Familie das Wichtigste ist. Würden Sie dem zustimmen?

Vogel: Nicht unbedingt. Viele Menschen, die sich nur für ihre Familie opfern, werden damit nicht glücklich. Es gibt Frauen, die sitzen frustriert da, weil sie keinen Job haben und nur noch über Windeln und Kinder reden müssen. Die vereinsamen total. Wir sind alles zur gleichen Zeit und brauchen mehr als nur eine Sache. Das heißt, wir versuchen uns auf verschiedenen Ebenen zu verwirklichen, und beruflicher Erfolg kann dazu gehören. Es kann auch nur die Familie sein. Aber die Gesellschaft darf das nicht den Leuten aufdrücken.