Essen. Im neuen „Polizeiruf“ in Frankfurt (Oder) erwartet Jürgen Vogel als Prepper den Weltuntergang. Aus dem Krimi wird ein Endzeitfilm.
„Der Fernseher ist weg, und mein Fahrrad auch.“ Hauptkommissarin Olga Lenski (Maria Simon) wird von ihrer aufgeregten kleinen Tochter unsanft aus dem Schlaf gerissen. Was folgt, ist stummes Entsetzen. Einbrecher sind nachts in die Wohnung eingedrungen und haben nichts als Verwüstung hinterlassen. Olgas Kollege Adam Raczek (Lucas Gregorowicz) und die Spurensicherung rücken an.
Und während sich der Zuschauer noch verwundert fragt, wie Mutter und Kind bei dem zwangsläufig entstandenen Lärm überhaupt haben durchschlafen können, wächst sich das Entsetzen zum absoluten Albtraum aus: Die Täter haben Olga und ihre Tochter sogar während des Schlafs mit dem Handy gefilmt. Einem Nervenzusammenbruch nahe, beschließt die Kommissarin, eine Auszeit zu nehmen. Ihre Mutter wird die Enkelin betreuen, sie selbst will auf einem abgelegenen Bauernhof zur Ruhe kommen.
Die Geschichte bleibt isoliert bis zum Schluss
In diesem Moment erfährt die Geschichte ihren ersten Bruch. Der nächtliche Überfall wird zu einem von vielen Puzzleteilen, die im neuen „Polizeiruf 110“ aneinandergereiht werden, ohne sich zu einer klaren Erzählung mit Aussage zusammenzufügen. Alles bleibt bis zum Schluss versatzstückhaft und isoliert.
In „Demokratie stirbt in Finsternis“ kommt das von Frankfurt (Oder) und Swiecko aus tätige deutsch-polnische Ermittlerteam Lenski/Raczek zum fünften Mal zum Einsatz. Die bisherigen Fälle ragten nicht zuletzt deshalb aus der Flut der TV-Krimis heraus, weil die seelischen Befindlichkeiten, die klug ausgeleuchteten Charaktere, kleinen und großen menschlichen Dramen jederzeit und nachvollziehbar im Vordergrund standen.
Jürgen Vogel bereitet sich auf den Weltuntergang vor
Die Autoren Matthias Glasner (auch Regie) und Mario Salazar bemühen sich, die Grenzen des Genres noch mehr zu weiten, noch untypischer, mutiger oder experimenteller zu sein.
Die Demokratie stirbt im „Polizeiruf“
Doch diesmal schießen sie weit übers Ziel hinaus. Der eigenbrötlerische Lennard Kohlmorgen (Jürgen Vogel), auf dessen Hof Olga Lenski Zuflucht sucht, ist ein sogenannter Prepper, eine Person, die sich auf den erwarteten Weltuntergang vorbereitet. Lennards Frau hat Ehemann und Kinder verlassen und sich einer geheimen Untergrund-Gruppe von linken Anarcho-Preppern angeschlossen, die das Ende der Zivilisation nicht abwarten, sondern die Apokalypse gleich selbst herbeiführen wollen.
Beinahe-Liebesgeschichte zwischen Lenski und Kohlmorgen
Kohlmorgens Frau wird irgendwann tot aufgefunden. Eine rechtsradikale Dorfjugend mischt plötzlich mit, es wird plakativ illustrierte Kritik an der Konsumgesellschaft geübt und zwischen Lenski und Kohlmorgen entwickelt sich eine Beinahe-Liebesgeschichte. Kaum etwas wird begründet, lediglich behauptet, alles bleibt wirr bis zum Schluss. Ein Lichtblick ist allein Jürgen Vogel, der zeigen kann, wozu er wirklich fähig ist, wenn er sich abseits gängiger Komödienunterhaltung bewegt.
Fazit: Ein aus lauter Versatzstücken konstruierter „Polizeiruf“, bei dem der Zuschauer allein durch die Leistung Jürgen Vogels halbwegs entschädigt wird.
Sendetermin: Sonntag, 29. April, 20.15 Uhr, ARD