Die Königin des Pop: Superstar Madonna wird 60 Jahre alt
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Von Oliver Stöwing
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Berlin. Sie ist die erfolgreichste Sängerin der Welt: Madonna setzte sich mit Sex-Appeal, Disziplin und Verstand durch. Jetzt wird sie 60.
Mit Bescheidenheit hat sich Madonna noch nie aufgehalten. „Ich bin eine berühmte Highschool-Abbrecherin“, stellte sie sich 1984 in der Musikshow „American Bandstand“ vor und verteilte Handküsse ans jubelnde Publikum. Gerade hatte sie im selbst genähten, bauchfreien Fetzenfummel und mit Kruzifixen am Ohr ihren ersten Hit „Holiday“ vorgetragen. Was ihr nächstes Ziel sei, fragte der Moderator sie. Madonnas Antwort: „Ich möchte die Welt regieren.“
Hat geklappt. Madonna ist der größte weibliche Popstar, den es bisher gab. „Die meisten Leute haben Angst zu sagen, was sie wollen“, stellte sie einmal fest. „Darum bekommen sie nicht, was sie wollen.“ Madonna verlangte nach allem – und bekam alles. Am Donnerstag wird sie 60 Jahre alt.
Nicht die beste Sängerin? „Das ist nicht der Punkt“
Bei aller Großspurigkeit war ihr immer klar: Sie würde nicht für ihre Stimme in die Geschichte eingehen. „Ich weiß, ich bin nicht die beste Sängerin und nicht die beste Tänzerin, aber das ist nicht der Punkt“, sagte sie 1990 in der Doku „In Bed With Madonna“. „Ich will die Leute aufrütteln und provozieren.“ Dazu nutzte sie wie kein anderer Popstar zuvor die Macht der Bilder und die Anfang der 80er-Jahre immer wichtiger werdenden Videoclips.
Auf diese Weise überhöhte sie sich zur Königin des Pop-Universums, zum selbstbestimmten Sexsymbol, zur chefmäßigen Frau, die ihre Muskeln spielen lässt und die Geschicke und Geschäfte in der von Männern dominierten Musikindustrie selbst steuert. Damit bot sie ein Leitbild für diejenigen Frauen, denen der Feminismus bis dahin zu spaßfrei und unsexy erschien. Für ihr Video „Express Yourself“ (1989) ließ sie sich gar in Ketten legen – und doch sah es so aus, als könnte sie die Fesseln sprengen, wann immer es ihr beliebte.
Madonna hat mehr als 330 Millionen Tonträger verkauft
Ach ja, der künstlerische Output: Madonna hat 62 Songs und zwölf Nummer-eins-Alben in den deutschen Charts platziert, so viele wie keine andere Sängerin. 335 Millionen Tonträger hat sie verkauft. Songs wie „Like A Virgin“, „Papa Don’t Preach“, „Like A Prayer“, „Vogue“ oder „Frozen“ sind Pop-Klassiker. Bei den meisten ihrer Songs ist sie zumindest Co-Autorin.
Die Sache mit der High School freilich war eine Lüge. Als Madonna Ciccone kam sie zur Welt, die Mutter starb früh. Der Vater, Autoingenieur und Sohn italienischer Einwanderer, erzog seine sechs Kinder konservativ und religiös. Zwar verließ Madonna ihre Schule in Rochester bei Detroit tatsächlich vorzeitig. Aber nur, weil ihre Leistungen so überragend waren und sie ein Stipendium für die Universität von Michigan in der Tasche hatte. Das Tanzstudium aber brach sie zum Entsetzen ihres Vaters ab, um, so die Legende, mit 35 Dollar nach New York zu gehen. Ziel: ein Star werden.
Es folgten unstete, wilde Jahre. Madonna wohnte in ranzigen Apartments, jobbte bei Dunkin’ Donuts, als Garderobengirl und Aktmodell, sang in New-Wave-Bands. Bei ihrem Durchbruch war Madonna schon 25, die Jahre am Existenzminimum gaben ihr Biss und Härte. Wie sie sich ihren Erfolg erklärt? „Mit Disziplin.“ Madonna, das „Material Girl“, brachte kapitalistischen Arbeitsethos in die Musikszene, die sich bis dahin für dekadente Ausschweifungen gefiel.
Madonna wehrt sich gegen Altersdiskriminierung
Madonna bezeichnet sich selbst als Kontroll-Freak. Doch manchmal, wenn sich etwas ihrer Kontrolle entzieht, versteht sie die Welt nicht mehr. Wenn Millionen ihrer Hilfsaktionen fürs afrikanische Malawi versanden. Wenn sie einen Bildband mit protzigeren Sexbildern herausgibt und dann von der Presse als „Pornodonna“ verlacht wird. Wenn es Häme gibt für ihr hölzernes Spiel in Filmflops wie „Body of Evidence“. Wenn ihr Sohn lieber beim Papa leben will.
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Oder wenn Radiosender ihre Lieder nicht mehr spielen, weil sie für die Hörer zu alt sei. „Die Altersdiskriminierung macht mich krank“, sagte sie dazu und trat auch mit Ende 50 weiterhin in Korsagen auf – jetzt erst recht. Gleichzeitig glaubt sie offenbar, eine Frau ihres Alters könne sich nur zeigen, wenn sie fitnessgestählt und chirurgisch glatt gebügelt ist.
Inzwischen lebt Madonna in Lissabon
Zwei leibliche Kinder hat Madonna und vier adoptierte. Nach Ehen mit Schauspieler Sean Penn und Regisseur Guy Ritchie lebt sie seit gut einem Jahr als alleinerziehende Mutter in Lissabon, ihr Sohn David lässt sich dort zum Fußballprofi ausbilden. „Ich liebe es, mich selbst in unkomfortable Situationen zu bringen“, sagt sie etwas vermessen über ihre Umzug – in eine majestätische Luxus-Stadtvilla.
Dort entdeckte sie Fado-Musik als Einfluss für ihr kommendes Album und bestellte, weil es so schön ist, die „Vogue“ zu sich. Für eine Fotostrecke ließ sie sich als portugiesische Senhora inszenieren, die ihre vier Adoptivkinder durch die Altstadt kutschiert. Die Zügel hat sie dabei ganz allein in der Hand.