Berlin. Nach einem Unfall können Menschen mitunter nicht mehr selbstbestimmt leben. Experten raten jedem Erwachsenen zu einer Vorsorgevollmacht.

Wer durch Unfall oder Krankheit handlungsunfähig wird, kann nicht mehr selbstbestimmt leben. Anders als viele denken, können dann aber nicht automatisch Angehörige oder Ehepartner die Angelegenheiten regeln. Stattdessen setzt das Amtsgericht für den Betroffenen einen Betreuer ein. Das kann eine nahestehende Person sein, muss aber nicht. Wer das nicht will, sollte frühzeitig handeln – mit einer Vorsorgevollmacht.

Was ist eine solche Vollmacht?

Mit einer Vorsorgevollmacht erlaubt man einer Person die rechtliche Vertretung der eigenen Person. Der Bevollmächtigte kann Bank­geschäfte tätigen, Verträge abschließen oder in medizinische Behandlungen einwilligen. Die Vollmacht kann nur bestimmte oder auch alle Aufgaben betreffen. „Eine so weitreichende Vollmacht sollte man nur einer Person erteilen, zu der ein uneingeschränktes Vertrauensverhältnis besteht“, sagt Gabriele Müller-Engels vom Deutschen Notarinstitut.

Ab wann sollte man sich um die Vollmacht kümmern?

„Am besten mit dem Eintritt in die Volljährigkeit“, empfehlen die Verbraucherschützer von der Stiftung Warentest. Denn meist trete der Ernstfall nicht durch altersbedingte Demenz ein, sondern durch einen schweren Unfall oder eine ernste Krankheit. „Eine Vorsorgevollmacht ist für jeden Erwachsenen sinnvoll.“

Wie erstellt man eine Vollmacht?

Muster für Vorsorgevollmachten gibt es mittlerweile viele, auch im Internet. „Solche Vorlagen sind oft unvollständig und juristisch unklar formuliert“, erklärt Müller-Engels. Sie empfiehlt daher, auf „seriöse Anbieter“ zurückzugreifen, etwa auf die kostenlosen Formulare des Bundesjustizministeriums. Die beste Lösung sei aber, so die Expertin, Fachleute damit zu beauftragen, eine für den konkreten Fall passende Vorsorgevollmacht zu erstellen. Denn bestimmte Rechtsgeschäfte seien an Bedingungen geknüpft. „Soll etwa das Haus des Vollmachtgebers verkauft werden, muss die Vollmacht notariell beurkundet oder zumindest öffentlich beglaubigt sein“, sagt Müller-Engels. Eine notariell beurkundete Vollmacht habe zudem den Vorteil, dass schon vor der Unterschrift geprüft werde, ob der Vollmachtgeber voll geschäftsfähig ist.

Ein Mann füllt ein Formular zur Vorsorgevollmacht aus. (Symbolbild)
Ein Mann füllt ein Formular zur Vorsorgevollmacht aus. (Symbolbild) © imago/epd | imago stock&people

Welche Besonderheit gilt bei Bankgeschäften?

Banken sind oft besonders streng, was Vollmachten betrifft. Eine Vorsorgevollmacht reicht vielen Instituten nicht aus. Dadurch wolle man Missbrauch verhindern, erklärt der Bundesverband deutscher Banken. „Speziell für Bankgeschäfte empfiehlt es sich daher, mit einer Person des Vertrauens direkt bei der Bank eine Vollmacht zu unterschreiben“, teilt der Verband mit. Ob die Ablehnung einer Vorsorgevollmacht im Ernstfall durchzuhalten ist, ist umstritten. Gerichte haben sich mehrfach damit beschäftigt. Wer Streit umgehen will, sollte auf Nummer sicher gehen.

Wer ist der ideale Bevollmächtigte und kann ich mehrer Personen benennen?

Der Ehepartner muss nicht der ideale Bevollmächtigte sein, erklärt Stiftung Warentest. Gerade im höhren Alter könnten sich Partner mit der Vertretung überfordert fühlen.

Weil auch mehrere Personen benannt werden können, empfehle es sich Ehepartnern, auch die Kinder zu benennen, sagt Anwältin Müller-Engels. „Damit kann auch die Gefahr verringert werden, dass die Vollmacht missbraucht wird.“ Die Stiftung Warentest gibt dabei aber zu bedenken, dass Sohn oder Tochter, die im Ausland lebten, im Ernstfall womöglich nicht schnell genug zur Stelle sein könnten. Manchmal biete es sich daher auch an, enge Freunde zu bevollmächtigen.

Übrigens: Die einzelnen Bereiche – Finanzgeschäfte oder Gesundheitsfragen – lassen sich auch auf mehrere Personen aufteilen und klar voneinander trennen, so Stiftung Warentest. Die Bevollmächtigten können dann per Innenverhältnisregelung gleichberechtigt sein oder in einer bestimmten Rangfolge zueinander stehen.

Ratsam ist es, dass der Vollmachtgeber alle Angelegenheiten mit dem Bevollmächtigten bespricht und ihn beim Erstellen der Vollmacht mit einbezieht.

Was tun, wenn es keine Vertrauenspersonen gibt?

Auf den gerichtlich bestellten Betreuer setzen. Laut Bundesjustizministerium gibt es dabei auch die Möglichkeit, mit der sogenannten Betreuungsverfügung schon im Voraus festzulegen, wer das sein soll. Das Gericht ist an diese Wahl gebunden, wenn sie dem Wohl der zu betreuenden Person nicht zuwiderläuft. Genauso kann bestimmt werden, wer auf keinen Fall als Betreuer infrage kommt. Möglich seien auch inhaltliche Vorgaben, etwa zur gewünschten Pflege.

Wohin mit der Vollmacht?

„Viele errichten eine Vorsorgevollmacht und lassen sie irgendwo in ihren Unterlagen verschwinden, wo sie keiner findet“, sagt Gabriele Müller-Engels. Daher sollte man die Bevollmächtigten unbedingt über den Aufbewahrungsort informieren. Sie können nur mit dem Original handeln.

Um auf Nummer sicher zu gehen, kann man die Vollmacht auch im zentralen Vorsorgeregister in Berlin eintragen lassen, rät die Anwältin. Dort müsse nachgefragt werden, bevor vom Gericht ein Betreuer eingesetzt wird. Die Eintragung ins Register gilt lebenslang und kostet einmalig etwa 20 Euro. Dann erhält man ein kleines Kärtchen mit den notwendigen Daten. Müller-Engels: „Die Karte kann man im Portemonnaie immer bei sich haben, sodass im Notfall der Bevollmächtigte schnell erreicht werden kann.“