Berlin. Die Deutschen sind Weltspitze beim Kaffeekonsum. Das Heißgetränk könnte allerdings bald knapp und richtig teuer werden. Die Gründe.

Deutschland einig Kaffeeland: 169 Liter trinkt jeder Deutsche im Schnitt pro Jahr, Tendenz steigend. Allein 2021 tranken die Deutschen 500 Millionen Tassen mehr als im Jahr zuvor. Händler zählen Kaffee daher neben Butter und Milch zu den sogenannten "Eckprodukten". Den Preis haben viele Konsumenten im Kopf. Jeder Anstieg, aber auch jede Preissenkung wird aufmerksam registriert.

Zuletzt hatten Händler wie Edeka oder Rewe, aber auch die Discounter Aldi und Lidl ihre Kaffeepreise gesenkt. Ein Pfund kostet etwa bei Aldi 3,49 Euro und damit 50 Cent weniger als noch Anfang des Jahres. Den realen Bedingungen auf dem weltweiten Kaffeemarkt entsprechen diese Preise aber keineswegs. Vielmehr toben in deutschen Supermärkten Rabattschlachten um den günstigsten Kaffee. So bleiben wird das langfristig nicht, sind sich Experten sicher.

Klimawandel: Druck auf die Kaffeebauern steigt

Dass die Preise für Espresso, Caffè Crema oder Latte Macchiato auf längere Sicht deutlich steigen werden, gilt als ausgemacht. Dafür gibt es gleich mehrere Gründe. Zum einen gibt es gerade beim Kaffee noch einigen Nachholbedarf, was fairen Handel und Nachhaltigkeit anbelangt. Der Druck der Konsumenten auf die Händler ist in den vergangenen Jahren in dieser Hinsicht deutlich gestiegen. Doch das ist der weniger wichtige Grund. Entscheidender ist, dass der Klimawandel den Kaffeebauern immer stärker zusetzt.

Fünf wissenswerte Fakten über Kaffee

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    Nachfrage bei Roman Grüter, Biowissenschaftler an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften. „Wir beobachten, dass durch den Klimawandel in fast allen Anbauregionen der Welt der Druck auf die Kaffeebauern steigt“, sagt Grüter. Im vergangenen Jahr warnte das europäische Statistikamt Eurostat, Kaffee könne zum Luxusgut werden. Schuld daran waren neben der allgemeinen Inflation vor allem massive Ernteausfälle - bedingt durch Klimaextreme.

    Erträge sinken, Kaffeebauern verzweifeln

    Betroffen sind alle großen Kaffexporteure, von Brasilien, dem mit Abstand wichtigstem Kaffeeproduzenten, über Vietnam, Indonesien bis hin zu Äthiopien und Uganda. Gerade in Uganda hatte man eigentlich große Pläne. Das Land wollte der größte Kaffeeproduzent Afrikas werden. Doch diese Ambitionen fallen 2023 buchstäblich ins Wasser. Auch nach Wochen hört der Regen im Februar im hügeligen Umland des Victoriasees im Osten Ugandas nicht auf. Normalerweise regnet es dort um diese Jahreszeit nicht, doch auf Regen und Sonnenschein ist längst kein Verlass mehr. Die Folge: sinkende Erträge und verzweifelte Kaffeebauern.

    Kaffeebeeren werden geerntet.
    Kaffeebeeren werden geerntet. © Andre Penner/AP/dpa

    Auch in Brasilien setzt der Klimawandel den Produzenten zu. „Wir können einige sehr wichtige klimatische Unfälle nennen, die wir in den vergangenen Jahren hatten“, sagt Márcio Ferreira, Präsident der Kaffee-Exporteure Brasiliens. Eine große Trockenheit im Bundesstaat Espírito Santo, dem größten Produzenten von Robusta-Kaffee in Brasilien, habe bereits von 2014 bis 2016 dazu geführt, dass die Ernte in dem südamerikanischen Land von 13 Millionen auf 8,35 Millionen Säcke gefallen sei.

    Kaffee: Geeignete Anbauflächen gehen dramatisch zurück

    Dass der Klimawandel dem Kaffeeanbau zu schaffen macht, ist wissenschaftlich belegt. Eine Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Wädenswil kam im vergangenen Jahr zu dem Ergebnis, dass die Fläche, die gut für den Anbau der beliebten Bohne geeignet sei, bis 2050 um 54 bis 60 Prozent zurückgehen werde - weil es auf den Feldern etwa zu trocken oder zu heiß werde.

    Früchte des Kaffeestrauchs
    Früchte des Kaffeestrauchs © Bildagentur Huber | picture-alliance / Bildagentur H

    Dabei ist der Kaffee ein sensibles Pflänzchen. Er braucht einen leicht saurem, nährstoffreichem Boden, ein ausgeglichenes Klima ohne extreme Hitze, mit ausreichend Niederschlag und viel Schatten. Selbst die kleinste klimatische Veränderung kann verheerende Folgen haben, weil die Pflanzen dann umso leichter von Pilzen und anderen Schädlingen befallen werden können.

    Mischkulturen und Stockwerksanbau als Lösungen

    Ausweichoptionen und neue Anbauregionen für die Bauern gibt es wenig. „Die Verschiebung der Produktion etwa in höhere Lagen ist fast unmöglich“, sagt Christoph Gornott, Leiter des Fachgebiets Agrarökosystemanalyse an der Universität Kassel sowie am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Selbst wenn dort dann geeignete Temperaturen für den Kaffeeanbau herrschten, könnten die Bodenbedingungen die Qualität des Kaffees mindern. Hinzu komme noch fehlendes Know-how und mangelnde Infrastruktur in den neuen Regionen, so Gornott.

    Was also tun? In einigen Ländern wie etwa Kolumbien setzt man beim Kaffeeanbau auf Mischkulturen. Zwischen den Kaffeepflanzen stehen dort auch Bananenstauden, Maniokpflanzen oder Kakaobäume - dieser Mix spendet Schatten und sorgt auch dafür, dass die Kaffeepflanzen nicht so anfällig für Schädlinge sind. Auch der Stockwerkanbau könnte helfen. Höhere Pflanzen spenden dabei dem Kaffee Schatten, schützen den Boden vor Erosion nach Starkregenfällen und steigern den Kohlenstoff- und Nährstoffgehalt im Boden. Die Herausforderungen sind in jedem Fall gewaltig. Der Kampf um die Zukunft der Kaffeebohne hat begonnen. (mit dpa)