Berlin. Axel-Springer-Chef Mathias Döpfner soll in internen Aussagen Ostdeutsche beleidigt haben. Den Klimawandel soll er angeblich gutheißen.

Der legendäre Verlagsgründer Axel Springer verfolgte Zeit seines Lebens ein Ziel: die deutsche Wiedervereinigung. Was der Zeitungsverleger heute zur Lage im vereinten Deutschland sagen würde, ist Spekulation. Axel Springer verstarb 1985. Nun ist einem Medienbericht zufolge aber bekannt geworden, wie zumindest der aktuelle Vorstandsvorsitzende des Axel-Springer-Verlagsimperiums, Mathias Döpfner, über die Ostdeutschen und andere Themen denkt. Von den Idealen Axel Springers ist Döpfner offenbar weit entfernt.

„Die ossis sind entweder Kommunisten oder faschisten. Dazwischen tun sie es nicht. Eklig“, zitiert die „Zeit“ am Donnerstag angebliche Äußerungen Döpfners. 2019 soll Döpfner demnach sogar über die Widerrufung der Wiedervereinigung nachgedacht haben. „Meine Mutter hat es schon immer gesagt. Die ossis werden nie Demokraten. Vielleicht sollte man aus der ehemaligen ddr eine Agrar und Produktions Zone mit Einheitslohn machen“, gibt die Wochenzeitung angebliche Äußerungen Döpfners wieder.

„Zeit“: Dokumente stammen aus dem „engsten Führungskreis von Springer“

Die „Zeit“ beruft sich in ihrem Bericht auf „interne Dokumente aus dem Springer-Haus“. Tippfehler und die demnach von Döpfner selbst in den Nachrichten genutzte Mischung aus Deutsch und Englisch übernimmt das Magazin. Die Dokumente seien Mails und Chatnachrichten aus dem „engsten Führungskreis von Springer“, heißt es in dem Artikel. Sie seien ergänzt worden durch Gespräche mit „Insidern und Beteiligten“.

In einer Stellungnahme im Intranet des Springer-Verlags zu dem „Zeit“-Artikel wird von „angeblichen Gesprächen oder Zitaten privater Textnachrichten“ gesprochen. „Wie ich denke, zeigen meine über vier Jahrzehnte publizierten Artikel“, erklärt Döpfner dort. Für jedes veröffentlichte Wort lasse er sich in die Verantwortung nehmen. „Aus dem Zusammenhang gerissene Text- und Gesprächsschnipsel können nicht als mein ‚wahres Denken‘ dagegengesetzt werden.“

Mathias Döpfner und Friede Springer.
Mathias Döpfner und Friede Springer. © dpa | Britta Pedersen

Mathias Döpfner: Springer-Chef soll Klimawandel befürworten

Die in dem „Zeit“-Bericht zitierten Äußerungen sind teils drastisch. Die Döpfner zugeschriebenen Aussagen zeugen etwa von einer tiefen Abneigung gegenüber der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Mittels der „Bild“-Zeitung versuchte der Springer-Chef demnach offenbar, Einfluss auf die Politik zu nehmen. So soll Döpfner etwa 2017 der „Bild“-Führung um den damals berufenen Chefredakteur Julian Reichelt eine „Art politisches Manifest“ mitgegeben haben.

Zum Klimawandel schreibt Döpfner darin dem Bericht zufolge: „Umweltpolitik – ich bin sehr für den Klimawandel. Zivilisationsphasen der Wärme waren immer erfolgreicher als solche der Kälte. Wir sollten den Klimawandel nicht bekämpfen, sondern uns darauf einstellen.“ Zur Außenpolitik nimmt der Medienmanager demnach so Stellung: „free west, fuck the intolerant muslims und all das andere Gesochs“.

Der frühere „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt.
Der frühere „Bild“-Chefredakteur Julian Reichelt. © dpa | Jörg Carstensen

„Sargnagel der Demokratie“: Harte Worte über Angela Merkel?

Harte Worte findet Döpfner demnach für Merkel, nachdem sie 2020 die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen mit Stimmen der AfD scharf kritisiert hatte. „Das Land hat jeden Kompass verloren. Und M den Verstand. Sie ist ein sargnagel der Demokratie. Bald hat die afd die absolute Mehrheit.“ Mit „M“ meine Döpfner anscheinend Merkel, interpretiert ihn die „Zeit“.

Nach Beginn der Corona-Pandemie und der pandemiebedingten Einschränkungen fürchtet Döpfner demnach, Politik und Wirtschaftsführer würden „unsere offene Gesellschaft für immer zerstören“. Der Springer-Manager klagt: „Kollektiver Verstandes Verlust. Der Coup der Gefühligkeit. Das absolute scheitern der Eliten. Es ist ein Endpunkt.“ Offenbar sah Döpfner eine Diktatur heraufziehen: „Das ist das Ende der Marktwirtschaft. Und der Anfang von 33.“ Die „Zeit“ mutmaßt, dass Döpfner damit im März 2020 Parallelen zu Adolf Hitlers Machtergreifung 1933 gezogen habe.

Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel. © Getty Images | Pool

Vor der Bundestagswahl 2021 wollte Döpfner offenbar mittels seiner publizistischen Macht die Stimmung im Land beeinflussen. „Unsere letzte Hoffnung ist die FDP. Nur wenn die sehr stark wird – und das kann sein – wird das grün rote Desaster vermieden“, schrieb Döpfner laut „Zeit“ im August 2021. „Können wir für die nicht mehr tun.“ Zwei Tage vor der Wahl soll er „Bild“-Chef Reichelt gedrängt haben: „Please Stärke die FDP. Wenn die sehr stark sind können sie in Ampel so autoritär auftreten dass die platzt.“

Springer bereits in den Schlagzeilen

Umstrittene interne Äußerungen Döpfners waren bereits früher bekannt geworden. Nach Erscheinen der „Zeit“-Recherchen steht dem Verlag und seinem Chef Döpfner nun weitere Unruhe bevor, die besonders die von dem 60-jährigen Döpfner vorangetriebene Expansion des Medienhauses in den USA empfindlich stören könnte. Der Axel-Springer-Verlag war zuletzt wegen mehrerer prominenter Personalwechsel und juristischer Auseinandersetzungen mit dem nach Vorwürfen des Machtmissbrauchs 2021 gefeuerten „Bild“-Chefredakteurs und ehemaligem Döpfner-Vertrauten Julian Reichelt international in die Schlagzeilen geraten.

Innenpolitisch dürften die angeblichen Äußerungen des mächtigen Medienmanagers über Ostdeutsche für Unruhe sorgen. „Die Spaltung unseres Landes darf kein Geschäftsmodell sein“, kritisierte der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider (SPD). „So viel Größenwahn und Verachtung für die Demokratie ist an der Spitze eines Verlages nicht tragbar.“

Im Springer-Intranet erklärte Döpfner: „Ich habe natürlich keinerlei Vorurteile gegen Menschen aus dem Osten Deutschlands.“ Aber er sei besorgt, „dass nicht wenige Wähler in den neuen Bundesländern von ganz links nach ganz rechts geschwenkt sind.“ Er halte zudem den Klimawandel „für real und bedrohlich“. Er nehme sich aber das Recht, sich „über manche Reaktionen auf dieses Thema lustig zu machen“.