Berlin. Die Bauzinsen steigen, der Neubau bricht ein: In einem Brandbrief an Bauministerin Geywitz fordert die Immobilienbranche einen Notplan.

Es sind schlechte Nachrichten für Bauherren und Immobilienkäufer: Die Bauzinsen für zehnjährige Finanzierungen sind wieder über die Vier-Prozent-Marke geklettert. Das zeigen Daten des Kreditvermittlers Interhyp sowie der FMH-Finanzberatung. Baufinanzierungen werden also wieder teurer. Und das in einer Zeit, in der der Neubau ohnehin lahmt. Gerade erst berichtete das Statistische Bundesamt von einem drastischen Einbruch bei den Baugenehmigungen im vergangenen Jahr.

Dass im vergangenen Jahr keine 400.000 neuen Wohnungen, wie von der Bundesregierung beabsichtigt, fertiggestellt worden sind, ist in der Branche allen klar. Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) rechnet mittlerweile damit, das Ziel der Ampel-Koalition frühstens 2024 zu erreichen.

Wohnen: Verbände fordern „Neuanfang“ in Wohnungsbaupolitik

Nun haben 30 Spitzenverbände der Bau- und Immobilienwirtschaft einen Brandbrief an Geywitz geschickt und einen Notplan für den Wohnungsbau gefordert. Das Schreiben liegt unserer Redaktion vor. „Im Wohnungsbau zeichnet sich eine fatale Talfahrt ab“, heißt es in dem von Christian Engelke, Geschäftsführer Wirtschaft beim Bundesverband Baustoffe, Steine und Erden, unterzeichneten Brief. „Wenn jetzt nicht gegengesteuert wird, rutscht der Neubau von Wohnungen drastisch ab.“

Das Bündnis, zu dem unter anderem der Mieterbund, die Bauindustrie, die Gewerkschaft IG BAU sowie der Spitzenverband der Wohnungswirtschaft GdW gehören, fordert in dem Schreiben einen „entschlossenen Neuanfang“ in der Wohnungsbaupolitik. Bereits genehmigte Bauprojekte würden aktuell zunehmend auf Eis gelegt und der Bauüberhang sei kein verlässliches Auftragspolster für die Bauwirtschaft mehr. „Die bereits heute bestehenden gravierenden Engpässe auf vielen regionalen Wohnungsmärkten werden sich so weiter verschärfen, und auf dem Bau drohen Kurzarbeit und Entlassungen“, heißt es.

Verbände wollen Verzehnfachung der Förderung erreichen

In einem Sechs-Punkte-Notplan für den Wohnungsbau fordern die Verbände unter anderem eine Verzehnfachung der Förderung im Wohnungsneubau auf zehn Milliarden Euro pro Jahr. Ziel müsse sein, in diesem Jahrzehnt 100.000 Sozialwohnungen pro Jahr neu zu bauen. Die Ampel-Koalition hatte sich im Koalitionsvertrag zwar auf den Bau von 100.000 Sozialwohnungen jährlich verständigt, zuletzt wurden allerdings nur noch etwas mehr als 20.000 Sozialwohnungen fertiggestellt.

Mittels Bundes-Darlehen und einem staatlichen Förderbonus solle zudem der Erwerb von Wohneigentum gefördert werden. Um Sanierungen sozialgerecht durchführen zu können, brauche es eine höhere Förderung für Familien und weniger einkommensstarke Haushalte. Beschleunigte Planungs-, Genehmigungs- und Bauprozesse würden zudem helfen können, den Bau anzukurbeln. Auch komme es darauf an, im Zuge eines reformierten Fachkräfteeinwanderungsrechts die Baubranche attraktiv für Fachkräfte zu machen.