Berlin. UBA-Präsident Dirk Messner vermisst eine klare Klimastrategie der Regierung für den Verkehr. Warum ein Tempolimit alleine nicht reicht.

Das Umweltbundesamt übt scharfe Kritik an den fehlenden Plänen der Bundesregierung für ein klimafreundliches Verkehrskonzept. „Das Verkehrsministerium hat bisher keinen Plan vorgelegt, wie es das Land auf den Pfad bringen möchte, wie er im Klimaschutzgesetz festgelegt ist“, sagte der Präsident des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, dieser Redaktion im Interview.

„Deutschland hängt im Verkehrssektor weit zurück. Man könnte zuweilen den Eindruck haben, im Verkehrsministerium wird das Verkehrsmodell der vergangenen 130 Jahre verteidigt“, so Messner. Die jetzige Bundesregierung müsse die Versäumnisse der Vergangenheit aufräumen, wie bei der Bahninfrastruktur zum Beispiel.

Einen beschleunigten Bau neuer Autobahnen, wie ihn auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wünscht, wies der UBA-Chef zurück. Man habe in Deutschland bereits eines der dichtesten Straßennetze der Welt. „Die Qualität nimmt zwar ab, weil wir nicht für die Modernisierung gesorgt haben. Dies steht jetzt an. Aber das Straßennetz ist im Großen und Ganzen ausreichend“, sagte Messner.

Besseres Klima: 15 Millionen Elektroautos als Ersatz

Stattdessen wirbt der UBA-Chef für ein Tempolimit: „Nach unseren Untersuchungen könnte ein Tempolimit von 120 km/h auf den Autobahnen und 80 km/h auf Außerortsstraßen bis 2030 aufsummiert die Treibhausgasemissionen um knapp 50 Millionen Tonnen reduzieren.“ Und selbst dieses Tempolimit bringe nur ein Sechstel der Reduzierung, die bis 2030 zum Erreichen des Ziels im Verkehrssektor gebraucht werde.

Dirk Messner ist Präsident des Umweltbundesamts.
Dirk Messner ist Präsident des Umweltbundesamts. © dpa | Bernd von Jutrczenka

Vielmehr seien weitere Maßnahmen notwendig: „Wir brauchen die Elektrifizierung des Verkehrs – also 15 Millionen Elektro-Fahrzeuge bis 2030, die Verbrenner ersetzen müssen“, sagte Messner. „Es braucht eine Verkehrswende. Der öffentliche Verkehr muss so ausgebaut werden, dass mehr Menschen den ÖPNV statt den privaten Pkw nutzen können. Das ist ein Gesamtpaket.“

Klima: UBA-Chef für mehr Tempo bei Wärmepumpen

Der UBA-Chef begrüßt unterdessen das geplante Einbauverbot konventioneller Öl- und Gasheizungen ab 2024 und fordert mehr Tempo beim Hochlauf von Wärmepumpen. „Deutschland hinkt beim Hochlauf der Wärmepumpen im europäischen Vergleich hinterher“, so Messner.

„Wärmepumpen sind kein Allheilmittel. Die Forschung zeigt aber: Wenn wir die Wärmepumpen weiterentwickeln und verbinden mit einer Isolierung von Häusern, der entsprechenden Dämmung und dem Austausch von Fenstern, dann können wir viel erreichen.“ Es brauche im Gebäudesektor dringend den Schwenk in Richtung Treibhausgasneutralität, mahnte Messner.

Klima: Ärmere Hausbesitzer brauchen Fördergelder

Die Förderung für Sanierungen müsse dabei sozial ausgerichtet werden. „Viele Gebäude sind alt und bewohnt von Menschen mit geringen Einkommen. Diese Gebäude sind besonders klimaschädlich, aber die Menschen haben keine Möglichkeit, gegenzusteuern“, sagte Messner. Diese Menschen müsse man unterstützen: „Werden die prekärsten Gebäude fit gemacht, dann hat das einen klimapolitischen Effekt, es würde den Bestand zukunftsfähig machen und es wäre sozialverträglich.“

Spreche man über die Klimaschutzkosten im Gebäude, müsse man die Schäden des Klimawandels dagegenstellen, sagte Messner. „Von den 900 Milliarden Euro Klimaschäden in Deutschland bis 2050 gehen ein Drittel auf die Art und Weise zurück, wie wir bisher Gebäude bauen und nutzen. Wir dürfen diese unsichtbaren Kosten nicht länger ignorieren“, sagte Messner mit Verweis auf die jüngsten Berechnungen im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums.