Berlin. Ab 2024 sollen keine Öl- und Gasheizungen mehr eingebaut werden. Wärmepumpen sollen der neue Standard werden. Doch es warten Probleme.

Der Heizungsmarkt steht vor einer radikalen Veränderung: Ab dem kommenden Jahr soll jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden – so sieht es ein Gesetzesentwurf von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) vor. Es ist de facto ein Verbot für den neuen Einbau konventioneller Öl- und Gasheizungen. Zwar mosert die FDP gegen das Vorhaben der Koalitionspartner. Abseits des öffentlich ausgetragenen politischen Gezänks besteht allerdings grundsätzliche Einigkeit in der Ampel: Öl- und Gasheizungen sind Auslaufmodelle. Wärmepumpen sollen der neue Standard werden.

Das vergangene Jahr hat der Wärmepumpe, die wie ein umgekehrter Kühlschrank funktioniert und aus Umweltwärme mithilfe von Strom Energie produziert, einen regelrechten Boom beschert. 236.000 Geräte wurden 2022 eingebaut, in Neubauten war jede zweite neue Heizung eine Wärmepumpe. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren lag die Zahl der jährlich neu verbauten Wärmepumpen noch bei rund 72.000, die Heizungsform fristete ein Nischendasein. Auch heute werden noch drei Viertel aller Wohnungen hierzulande mit Öl und Gas beheizt. Allein 600.000 Gasheizungen wurden im vergangenen Jahr neu verbaut – trotz Energiekrise.

Studie: Wärmepumpen nur für die Hälfte aller Wohngebäude geeignet

Und dafür gibt es offenbar gute Gründe, wie eine neue Studie des Forschungsinstituts für Wärmeschutz München (FIW München) und des Instituts für Energie- und Umweltforschung (ifeu) im Auftrag des Verbands für Dämmsysteme, Putz und Mörtel (VDPM) zeigt, die unserer Redaktion vorliegt. „Die Bundesregierung strebt an, dass ab 2024 jährlich 500.000 neue Wärmepumpen eingebaut werden. Aber erst die Hälfte aller Gebäude ist in Deutschland bisher auf den Einsatz von Wärmepumpen vorbereitet“, sagt Studienautor und FIW-Institutsleiter Andreas Holm.

Der Bauphysik-Professor verweist darauf, dass 9,25 Millionen Wohngebäude in Deutschland als „niedertemperatur-ready“ gelten. Damit sind sie zwar nicht klimaneutral, bieten aber die Mindestanforderung für einen Umstieg auf erneuerbare Energien. In solchen Gebäuden kann eine Wärmepumpe effizient arbeiten. Nur: Rund 10 Millionen Wohngebäude erfüllen diesen Standard nicht.

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In schlecht gedämmten Häusern wäre Wärmepumpe teurer als die Gasheizung

Zwar kann man auch in diese Gebäude theoretisch eine Wärmepumpe einbauen, die Technik hat sich in den vergangenen Jahren weiterentwickelt. Aber: „Mit der gleichen Netz- und Stromkapazität lassen sich fünfmal mehr Wärmepumpen betreiben, wenn die Gebäude gedämmt und netzintegriert sind“, heißt es in der Studie.

„Voraussetzung für effizient arbeitende Wärmepumpen sind niedrige Vorlauftemperaturen“, sagt Peter Mellwig, zuständig für den Bereich „Energieeffizienz bei Gebäuden“ beim Institut für Energie- und Umweltforschung. „Je schlechter ein Gebäude gedämmt ist, desto schwieriger und unwirtschaftlicher wird der Einbau einer Wärmepumpe.“

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Bei der klassisch verbauten Öl- und Gasheizung sind Vorlauftemperaturen von bis 75 Grad Celsius keine Seltenheit. Die meisten Wärmepumpen hingegen arbeiten vor allem bei Vorlauftemperaturen von bis zu 50 Grad Celsius effektiv.

Das hat Folgen: In einem unsanierten alten Haus der schlechtesten Energieeffizienzklasse H wäre die Effizienz der Wärmepumpe laut der Auswertung 36 Prozent geringer als in der Klasse A++. Oder bemessen am Geldbeutel: In einem modernen 160 Quadratmeter großen Einfamilienhaus der Energieeffizienzklasse A+ mit Wärmepumpe würden sich die Energiekosten nach Berechnungen der Studienautoren auf rund 470 Euro pro Jahr belaufen, bei einer Gasheizung wären es rund 200 Euro mehr. In einem ungedämmten Haus der Klasse H würde sich der Effekt umkehren: Die Gasheizung würde dort Energiekosten in Höhe von rund 4.520 Euro pro Jahr verursachen, die Wärmepumpe hingegen rund 5.900 Euro.

Wärmepumpen-Verband sieht Gebäude gerüstet

Allerdings dürften sich in der Realität kaum derart unsanierte Gebäude mit einer eingebauten Wärmepumpe finden. Insofern kommt Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP), zu einem anderen Ergebnis als die Studienautoren: Oft würden wenige Maßnahmen ausreichen, um den effizienten Betrieb zu ermöglichen. Der Gebäudebestand sei überwiegend für den Einsatz von Wärmepumpen geeignet, sagte Sabel unserer Redaktion.

„Dabei ist es durchaus sinnvoll, dass viele Hauseigentümer den Einbau einer Wärmepumpe zum Anlass nehmen, um auch die Gebäudehülle zu verbessern und damit den Wärmebedarf des Gebäudes abzusenken“, sagt Sabel. In der Dämmindustrie wittert man bereits Sonderkonjunktur. „Wärmepumpen sind für viele Gebäude der richtige Weg – vorausgesetzt, die Gebäude sind darauf vorbereitet“, sagt VDPM-Vorsitzender Christoph Dorn.

Für viele neuere Gebäude, die moderne Gasheizungen eingebaut haben, wird ein Heizungstausch so schnell nicht in Frage kommen. Im Durchschnitt sind die Heizungen hierzulande 17 Jahre alt, eine gute Heizung kann auch gut und gerne 30 Jahre halten, ehe sie gewechselt werden muss. Und der Neubau als Wachstumstreiber für den Wärmepumpeneinbau bricht derzeit ein. Will die Ampel-Koalition ihr Ziel von 500.000 neuen Wärmepumpen pro Jahr ab 2024 erreichen, wird sie nicht drumherumkommen, den Bestand ins Auge zu nehmen.

Dort ist es zuletzt nur mäßig vorangegangen. In den 2010er-Jahren attestierten manche Deutschland einem Dämmwahn, sprachen vom Land der Dichter und Dämmer. Doch der Trend ist rückläufig. 2012 wurden noch über 42 Millionen Quadratmeter gedämmt, im vergangenen Jahr waren nicht einmal mehr 36 Millionen Quadratmeter. Für den Wärmepumpenhochlauf könnte das noch zum Problem werden.