Berlin. Aus der Bauwirtschaft glaubt kaum noch jemand an das Ziel der Ampel-Koalition von 400.000 neuen Wohnung. Scholz zeigt sich unbeirrt.

Von Harmonie war schon vor dem Auftakt des Wohngipfels im Kanzleramt wenig zu spüren. Im Gegenteil. Der Eigentümerverband Haus und Grund, eines von 35 Mitgliedern des sogenannten Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum, entrollte am Mittwochmorgen ein großes Transparent. Darauf zu sehen: Karikaturen von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und der Spruch: „Warme Wohnung statt heißer Luft.“

Ein halbes Jahr lang sollte das Bündnis bestehend aus Bund, Ländern, Städten und Gemeinden, der Immobilien- und Wohnungswirtschaft, Mieter- und Verbraucherschützern sowie Sozial- und Naturschutzverbänden und Kirchen erarbeiten, wie das Bauen und Wohnen wieder günstiger werden kann.

Wohnen: Scholz hält am Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr fest

Über allem schwebte aber die Frage, wie das Ziel der Bundesregierung von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr, darunter 100.000 Sozialwohnungen erreicht werden kann. An das Gelingen des Vorhabens glaubt Baubranche kaum noch einer. Der Frust einiger Teilnehmer war unverkennbar.

Olaf Scholz hingegen nahm beim Gipfel im Kanzleramt vor allem „viel Aufbruchstimmung wahr“ – und behält sein Wahlkampfversprechen von 400.000 neuen Wohnungen jährlich bei. „Wir halten an dem Ziel fest – das muss ausdrücklich gesagt werden.“ Nichts habe sich am Bedarf der Bürgerinnen und Bürger für bezahlbaren Wohnraum geändert. Es müsse digitaler, einheitlicher, schneller gebaut werden. Die Ergebnisse des Bündnisses seien ein „wichtiger Zwischenschritt“, sagte Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD).

Bundesbauministerin Klara Geywitz übergab Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) den Bericht des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum.
Bundesbauministerin Klara Geywitz übergab Bundeskanzler Olaf Scholz (beide SPD) den Bericht des Bündnisses für bezahlbaren Wohnraum. © dpa | Michael Kappeler

400.000 geplante Wohnungen: Vorwürfe innerhalb des Bündnisses

Scharfe Kritik kommt hingegen aus der Opposition: Es werde der Koalitionsvertrag durchdekliniert, als sei nichts geschehen, sagte der baupolitische Sprecher der Union, Jan-Marco Luczak: „Das hat etwas von Vogel-Strauß-Politik.“ Doch auch innerhalb des Bündnisses gibt es zuweilen Unmut. Das Bündnis blende die gestiegenen Materialpreise, den Fachkräftemangel und die Lieferengpässe aus, klagte Haus und Grund-Präsident Kai H. Warnecke.

Und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) wirft der Immobilienwirtschaft vor, Maßnahmen für den preisgedämpften Wohnungsbau zu blockieren. „Ein preislimitiertes Vorkaufsrecht der Kommunen, eine Stärkung der Baugebote oder Maßnahmen gegen die exorbitant gestiegenen Baulandpreise sind lediglich als weiche Prüfaufträge formuliert“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell unserer Redaktion.

Er forderte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf, ein Kündigungsmoratorium für Mieterinnen und Mieter sowie einen zeitlich befristeten Mietenstopp auf den Weg zu bringen. Auch müssten Koalitionsvorhaben wie das Absenken der Kappungsgrenzen für Mieterhöhungen im Rahmen der Mietpreisbremse nun schnell umgesetzt werden.

Dieser Artikel erschien zuerst auf morgenpost.de.