Berlin. Die hohe Inflation schmälert die Kaufkraft. Nun kommt es zur Zinswende. Was heißt das für die eigene Geldanlage? Experten geben Tipps.

Für Sparer sind es in diesen Tagen harte Zeiten: Die hohe Inflation hierzulande von zuletzt 7,5 Prozent schmälert die Kaufkraft. Auch an den Börsen rumpelt es. Der Deutsche Aktienindex Dax hat seit Jahresbeginn rund 16 Prozent an Wert verloren. Wie klappt die Geldanlage in Krisenzeiten? Experten geben Rat zu den wichtigsten Anlageklassen.

Giro- und Tagesgeldkonto

Das Giro- und Tagesgeldkonto bringt in der Regel nach wie vor keine Zinsen. Im Gegenteil. 385 Banken erheben laut einer Auswertung des Vergleichsportals Verivox derzeit Negativzinsen. Doch auch ohne Negativzinsen schwindet die Kaufkraft derzeit rasant. „Wer sein Geld sicher auf dem Giro-, Tagesgeld- oder Festgeldkonto anlegt, macht ein reales Minus“, sagt Ralf Scherfling, Finanzexperte der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. „Bei Inflationsraten von unter zwei Prozent war das noch einigermaßen verkraftbar. Bleibt die Inflation mittelfristig aber so hoch, wie sie derzeit ist, büßt man deutlich an realer Kaufkraft ein.“

Immerhin: Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinswende ausgerufen, Minuszinsen sollten in absehbarer Zeit passé sein. Nur: „Selbst Zinsen oberhalb der Nulllinie streuen den Sparern Sand in die Augen“, sagt Ulrich Kater, Chef-Volkswirt der DekaBank. Denn die Inflation falle sehr viel stärker aus als die Zinsen.

Geld ausschließlich auf dem Giro- und Tagesgeldkonto zu parken, ist daher eine schlechte Option, meint auch Sören Hettler, Leiter für Anlagestrategie und Privatkunden der DZ Bank.

Die Ausnahme ist dabei Geld, das man für mögliche Investitionen benötigt. „Eine Liquiditätsreserve ist wichtig: Sei es für die nächste Energierechnung oder wenn das Auto oder die Spülmaschine kaputt geht und ersetzt werden muss“, mahnt Verbraucherschützer Scherfling.

Festgeldkonto und Sparbrief

Wer sein Geld auf dem Festgeldkonto, dem Sparbrief oder beim Wachstumssparen für einen gewissen Zeitraum bindet, kann möglicherweise die anstehende Zinswende verpassen, warnt Scherfling: „Derzeit liegen die Zinsen bei bekannten Geldinstituten für einen auf sechs Jahre angelegten Sparbrief für 10.000 Euro meist noch bei unter einem Prozent. Sollte die Europäische Zentralbank die Inflation entschlossen bekämpfen und die Leitzinsen weiter anheben, könnte es in den kommenden ein, zwei Jahren einen deutlich besseren Zinssatz kommen.“

Der Vorteil beim Festgeldkonto oder dem Sparbrief: Es ist eine sichere Geldanlage, die etwas mehr Zinsen abwirft als das Giro- oder Tagesgeldkonto.

Aktienfonds und ETFs

Die Börsen sind massiv unter Druck geraten. Trotzdem lohnen sich Aktien in diesen Zeiten, meint Dekabank-Chefvolkswirt Kater. „Der klassische Inflationsschutz liegt weiterhin in Sachwerten wie etwa Aktien.“ Kater empfiehlt einen Aktiensparplan.

„In Phasen, in denen es nach unten geht, wird trotzdem gekauft – gegen die eigene Psychologie aber für eine langfristig gute Rendite. Auf diese Weise nehmen nämlich Anleger günstige Kurse mit und müssen der Entwicklung später nicht hinterherzulaufen“, sagt er.

Einig sind sich die Experten darin, das Geld möglichst breit anzulegen. Verbraucherschützer Ralf Scherfling empfiehlt passive Fonds, sogenannte ETFs. Diese haben im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds geringere Gebühren. Allerdings sollte man nicht alles auf einen ETF setzen. Neben einem global anlegenden Fonds wie den MSCI World könne man etwa Geld „in einen Nachhaltigkeits-ETF und in einen Schwellenländer-ETF, den sogenannten Emerging Markets, investieren“, sagt Scherfling.

DZ-Bank-Experte Hettler hält als Beimischung noch Fonds der sogenannten Dividendenaristokraten für sinnvoll. Als Dividendenaristokrat gilt ein Unternehmen, das über Jahre eine stabile Dividende ausschüttet.

Dekabank-Experte rät zu einem Anteil von mindestens 50 Prozent Aktien im Depot, auch Immobilienfonds hält er für eine gute Ergänzung. Beim Einstieg könne es sich lohnen, einen großen Geldbetrag zu splitten. So könne man etwa ein Drittel des Betrages sofort investieren und den Rest auf einen Sparplan für zwölf Monate aufteilen, empfiehlt Kater.

Einzelaktien

Der weltweit anlegende MSCI World hat seit 1975 im Schnitt eine Rendite von durchschnittlich 9 Prozent erzielt – nur sehr wenigen Anlegern gelingt es, eine höhere Rendite zu erwirtschaften, also den Markt zu schlagen, wie es im Börsenjargon heißt. Entsprechend hält Verbraucherschützer Scherfling Einzelaktien auch eher etwas für „professionelle Anleger, die sich mit der Thematik intensiv auseinandersetzen“.

Wer sich dennoch an Einzelaktien heranwagen will, sollte die Zeit und das Interesse mitbringen, sich mit den Unternehmen zu beschäftigten, sagt DZ-Bank-Experte Hettler. Bei der Frage, welche Einzelaktien sich jetzt lohnen könnten, gehen die Meinungen auseinander.

DZ-Bank-Experte Hettler hat bekannte Technologieaktien wie Microsoft, Apple oder Tesla im Blick, die zuletzt nach Kursverlusten wieder zulegen konnten. Dekabank-Experte Kater hält bei diesen Wertpapieren zwar einen Boden für erreicht, ist mit Blick auf Kurssprünge nach oben aber skeptisch. Er sieht Aufwärtspotenziale eher bei europäischen Aktien.

Anleihen

Im Zuge der Zinswende bringt selbst die Bundesanleihe wieder Rendite. Zuletzt notierte die zehnjährige deutsche Staatsanleihe bei knapp unter einem Prozent. Die italienische Staatsanleihe notiert mittlerweile sogar knapp unter drei Prozent. Auch bei Unternehmensanleihen ist die Rendite gestiegen. Ein nennenswerter Anteil von festverzinslichen Wertpapieren gehört in ein gut zusammengestelltes Portfolio, meint Hettler.

Auch Kater spricht sich Anleihen im Depot aus – allerdings nur dann, wenn sie mehr als 2,5 Prozent Rendite erwirtschaften und gleichzeitig ein kalkulierbares Risiko darstellen würden. „Das gilt etwa für Länder in der Eurozone, wenn man davon ausgeht, dass der Euro in den nächsten Jahren erhalten bleibt“, sagt Kater.

Verbraucherschützer Scherfling sieht dagegen Risiken durch die Zinswende: „Wer jetzt eine Anleihe kauft, riskiert einen Kursverlust, sollten die Zinsen steigen“, sagt er.

Gold

Gold ist eine klassische Krisenwährung, wirft aber weder Dividenden noch Zinsen ab und kostet in der Aufbewahrung, etwa in einem versicherten Bankschließfach, Geld. Laut Verbraucherschützer Scherfling sollte Gold daher nur eine Beimischung von fünf bis zehn Prozent im Vermögen ausmachen.

Dekabank-Chefvolkswirt Kater hält Gold zwar zur „Grundausstattung“, empfiehlt aber lediglich einen Portfolioanteil, der nicht mehr als fünf Prozent ausmache.

Kryptowährungen

Der Bitcoin als bekannteste Kryptowährung hat sich seit Jahresbeginn im Kurs halbiert. Noch etwas härter hat es Ethereum, die zweitgrößte Kryptowährung getroffen, die 56 Prozent unter dem Jahresbeginn notiert.

Für Verbraucherschützer Scherfling sind Kryptowährungen „Spekulationen und keine strategische Geldanlage.“ Man sollte nur Geld investieren, das man übrig habe und Bitcoin auch nur bei Instituten oder Plattformen kaufen, die von der Finanzaufsicht Bafin überwacht werden. „Denn im Internet sind leider auch viele Betrüger unterwegs“, warnt Scherfling.

DZ-Bank-Experte Hettler kann Kryptowährungen allerdings durchaus etwas abgewinnen. „In der Vergangenheit hat es der Bitcoin geschafft, aus jeder größeren Kursrallye mit anschließendem Einbruch mit einer positiven Bilanz herauszukommen“, sagt er.

Dieser Text erschien zuerst auf morgenpost.de