Frankfurt/Main. Die Commerzbank machte ihren Aktionären Hoffnung auf bessere Zeiten - mal wieder. Der neue Konzernchef Knof lässt keine Zweifel an seiner Entschlossenheit. Er kann auf Rückendeckung des Aufsichtsrates bauen.

Nach Personalquerelen und Milliardenverlust 2020 will die neue Commerzbank-Führung das Institut mit Tempo in eine erfolgreichere Zukunft führen.

"Ich verspreche Ihnen: Ich werde nicht lockerlassen, bis wir am Ziel sind", betonte der seit Jahresbeginn amtierende Vorstandschef Manfred Knof bei der Online-Hauptversammlung des Frankfurter MDax-Konzerns am Dienstag.

Bis Ende 2024 wird die Zahl der Vollzeitstellen konzernweit von etwa 39.500 auf 32.000 gekappt, das Filialnetz in Deutschland von 790 auf 450 Standorte fast halbiert. "Wir wollen beim Stellenabbau zügig vorankommen", bekräftigte Knof.

"Bei den Kolleginnen und Kollegen im Aufsichtsrat gibt es eine breite Unterstützung für den neuen Kurs der Bank und die dafür notwendigen Maßnahmen", sagte der neue Aufsichtsratschef Helmut Gottschalk. "Ich bin überzeugt, dass sich diese Führungsriege entschlossen und engagiert einbringen wird, um die Bank wieder zu alter Stärke zurück zu führen. Das möchte ich ebenso".

Ziel des Managements ist, bis Ende 2024 die Kosten auf 5,3 Milliarden Euro zu drücken, was rund 20 Prozent weniger wären als 2020. Nach einem überraschend guten ersten Quartal sieht der Vorstand bessere Chancen, im Gesamtjahr 2021 nicht nur im Tagesgeschäft, sondern auch unter dem Strich schwarze Zahlen zu schreiben.

Gottschalk war Ende März als Nachfolger für den krankheitsbedingt ausgeschiedenen Aufsichtsratschef Hans-Jörg Vetter benannt und im April zunächst gerichtlich bestellt worden. Die Aktionäre machten mit ihrer klaren Zustimmung von fast 99,4 Prozent des anwesenden Kapitals für Gottschalk am Dienstag den Weg frei für eine Bestätigung des 69-Jährigen im Amt des Chefkontrolleurs bis zum Ablauf der Hauptversammlung 2023.

Zudem wählte die Hauptversammlung ebenfalls mit großer Mehrheit vier weitere neue Aufsichtsräte in das Kontrollgremium des Instituts, dessen größter Anteilseigner seit der Finanzkrise 2008/2009 der deutsche Staat ist: die Unternehmensberaterin Daniela Mattheus, die frühere Telekom-Managerin Caroline Seifert, das frühere DZ-Bank-Vorstandsmitglied Frank Westhoff sowie Burkhard Keese, Finanzchef beim britische Versicherungsunternehmen Lloyd’s of London und ehemaliger Finanzvorstand der Allianz Deutschland.

Hoffnungen auf die Vetter-Nachfolge hatte sich auch der ehemalige Vorstandssprecher und Aufsichtsratschef der Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt, Andreas Schmitz, gemacht. Doch Schmitz kam nicht zum Zug und legte sein Mandat als Commerzbank-Aufsichtsrat nach nicht einmal drei Monaten nieder. Wegen der Personalquerelen hatte die Bank die ursprünglich für den 5. Mai geplante Hauptversammlung verschoben.

"Zusammen mit den ständigen Strategiewechseln ist man versucht, von Chaostagen bei der Commerzbank zu sprechen", formulierte Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) in seinen schriftlich eingereichten Fragen. "Anstatt direkt 2019 mit einem grundlegenden Strategiewechsel zu kommen - wie das die Deutsche Bank gemacht hat - wurde sich offenbar viel zu lange auf eine mögliche Fusion mit der Deutschen Bank verlassen und kein "Plan B" erarbeitet." Im Frühjahr 2019 war der Versuch gescheitert, aus den beiden Privatbanken einen "nationalen Champion" zu formen. Der damalige Commerzbank-Chef Martin Zielke warf im vergangenen Jahr hin.

Andreas Thomae von Deka Investment mahnte, der Umbau sei "unbedingt notwendig", um die Commerzbank profitabler zu machen: "Es ist nun wichtig, dass die neue Führungsmannschaft um Manfred Knof die Zeit bekommt, um ihre Ziele umsetzen zu können."

Auch der Wirecard-Bilanzskandal beschäftigte die Aktionäre: Die Hauptversammlung stimmte fast einstimmig dafür, im Geschäftsjahr 2022 den Abschlussprüfer Ernst & Young (EY) durch KPMG zu ersetzen. EY steht wegen seiner Prüfungstätigkeit beim Zahlungsdienstleister Wirecard in der Kritik. Die Commerzbank, die zu den Wirecard-Kreditgebern gehörte, musste wegen der Pleite 187 Millionen Euro abschreiben. Die Bank prüfe "Schadenersatzansprüche gegen verschiedene Beteiligte" im Zusammenhang mit der Wirecard-Insolvenz, sagte Finanzvorständin Bettina Orlopp.

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